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Aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung
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Foto: Ahmed Ardity

Übersicht

Schlaf in romantischen Beziehungen

Zwei Personen liegen zugedeckt im Bett

Foto: LaylaBird

Das Bett mit der Partnerin/ dem Partner zu teilen ist im Erwachsenenalter meist üblich.
So kann allein die Anwesenheit einer Bettnachbarin/ eines Bettnachbarn zu einer
Beeinträchtigung der Schlafqualität führen und somit Auswirkungen auf die psychische
Gesundheit haben.


Versuchen Sie selbst mal Ihren Schlaf einzuordnen. Machen Sie sich Gedanken
darüber, ob Ihnen der Schlaf mit Ihrer Partnerin/Ihrem Partner guttut oder sich in
gewissem Maße eher negativ auf die Schlafqualität auswirkt. Welche Faktoren führen zu
Ihrer Einschätzung? Ist es die Anwesenheit der Partnerin/ des Partners, die Ihnen
Sicherheit und Schutz in der Nacht bietet? Oder ist es das Schnarchen der
Bettnachbarin/ des Bettnachbarn die Ihnen unruhige Nächte bereitet?


Ähnliche Fragen haben auch schon Forschende beschäftigt.


Das Ausmaß, in dem sich der/die Einzelne umsorgt und vom Gegenüber verstanden und
bestätigt fühlt, wird in der Psychologie als „wahrgenommene
Reaktionsfähigkeit/Empfänglichkeit der Partnerin/ des Partners“ (engl.: perceived partner
responsiveness (PPR)) bezeichnet. Dies ist ein Kernaspekt romantischer Beziehungen.
Diese wahrgenommene Reaktionsfähigkeit kann ein Maß für die subjektive Schlafqualität
und Schlafeffizienz sein. Geringe oder negative wahrgenommener Reaktionsfähigkeit
kann unter anderem zu Angst und Gefühlen der Niedergeschlagenheit im Alltag führen.
Um genauer herauszufinden, wie Schlaf und das einfühlsame Verhältnis von
Partner:innen zusammenhängen, untersuchten Selcuk E., Stanton S., Slatcher R. und
Ong A. (2017) dies in einer Schlafstudie.


Eine Studie von Emre Selcuk, Sarah C. E. Stanton, Richard B.
Slatcher und Anthony D. Ong (2017)


Um genauere Aussagen über die Schlafqualität in Abhängigkeit zur wahrgenommenen
Reaktionsfähigkeit der Partnerin/ des Partners zu tätigen, wurden 698 verheiratete oder
verpartnert-zusammenlebende Erwachsene, im Alter von 35-86 befragt. Etwa ein Drittel
dieser Stichprobe (N = 219) absolvierte außerdem eine einwöchige Schlafstudie, bei der
aktigraphische Messungen (Aktigraphie: Verfahren zur Untersuchung menschlicher
Aktivitäts- und Ruhezyklen) der Schlafeffizienz durchgeführt wurden.


Um die wahrgenommene Reaktionsfähigkeit einzuschätzen, beantworteten die
Teilnehmer:innen Fragen, inwieweit ihr/e (Ehe-)Partner:in sich um sie kümmere, ihre
Gefühle verstehe und sie zu schätzen wisse. Die Schlafeffizienz wurde durch eine
Multifunktionsuhr gemessen, die die Teilnehmer:innen 7 Tage lang trugen. Diese
zeichnete die genauen Zeitpunkte auf, in denen die Personen wach waren und in denen
sie schliefen. So konnte die Schlafeffizienz gemessen werden, als die Zeit, in der sich
die Personen zum Schlafen ins Bett gelegt hatten im Vergleich zu der Zeit, in der sie
tatsächlich schliefen. Zudem wurden die Teilnehmer:innen zu ihrem psychischen
Wohlbefinden befragt und bearbeiteten hierzu verschiedene Fragebögen zu
Angstzuständen und Depression.


Die wahrgenommene Reaktionsfähigkeit der Partnerin/ des Partners wirkte sich auf
geringere Ängste und Depressionen aus und führte so zu geringeren selbstberichteten
Schlafproblemen. Außerdem führten diese empfundenen geringeren Ängste zu einer
verbesserten Schlafeffizienz. So verbrachten die Teilnehmer:innen weniger „ineffiziente“
Zeit im Bett und schliefen schneller ein, wenn sie im Allgemeinen von ihrem Gegenüber
einfühlsame Gefühle vermittelt bekamen und wertgeschätzt wurden.


Da die Studie eine der ersten zur wahrgenommenen Reaktionsfähigkeit der Partnerin/
des Partners in Verbindung mit Schlaf ist, müssen noch weitere Studien folgen, um die
Ergebnisse generalisierbarer zu machen. Außerdem wurden Paare unter 35 Jahren in
der Studie überhaupt nicht untersucht, so herrscht für diese Altersgruppe keine
Vergleichsstichprobe. Dennoch kann zusammenfassend die Tendenz vermittelt werden,
dass Partner:innen, die die Gefühle des Gegenübers verstehen, sich gegenseitig
wertschätzen und sich umeinander kümmern, eine positivere Schlafqualität und -effizienz
aufweisen.


Verfasst von Alex Waizenegger (Klagenfurt) - veröffentlicht am 03.09.2022


Selcuk, E., Stanton, S. C., Slatcher, R. B., Ong, A. D. (2016). Perceived partner
responsiveness predicts better sleep quality through lower anxiety. Social Psychology and
Personality Science, 8 (1), 83-92. https://doi.org/10.1177/1948550616662128

Was ist eigentlich Dankbarkeit?

Holzklötze, die das Wort "Dankbarkeit" ergeben

Foto: Tim Reckmann (flickr)

Nicht durch Zufall dreht sich das Persönlichkeits-Feedback in der elften Befragungswelle von PASST – Die Partnerschaftsstudie um das Thema Dankbarkeit. Denn wir, die Projektleitung, sind dankbar und möchten dies zum Ausdruck bringen. Insgesamt fast 4000 Personen haben im Laufe der zweieinhalb Jahre über die Beantwortung der Fragebögen dazu beigetragen, dass wir Persönlichkeit und Partnerschaft besser verstehen lernen. Wir bedanken uns für die Zeit, die Ehrlichkeit, und das Vertrauen, das und als Forschenden entgegengebracht wurde. Zudem bedanken wir uns für das bereichernde Feedback, das viele von Ihnen uns zukommen ließen.

Univ.-Prof. Dr. Marcus Mund und Pia Drewke

Was ist eigentlich Dankbarkeit?

Gelegenheiten, Dankbarkeit zu empfinden, gibt es für die meisten Menschen jeden Tag. Für die großen Dinge im Leben, wie soziale Beziehungen, Gesundheit oder einen erfüllenden Beruf, aber auch wegen kleinerer Gefallen, glücklichen Zufällen und einem schönen Erlebnis. Ein Dankbarkeitstagebuch zu führen, ist eine weit verbreitete Technik, die das Bewusstsein für das Haben im Leben stärken soll, wenn allzu oft der Fokus auf negative Dinge gerichtet ist. In der elften Befragungswelle von PASST erhalten Sie ein Feedback zu Ihrer Neigung zu Dankbarkeit und daher widmen wir uns hier der Frage, wie Dankbarkeit in der Psychologie definiert wird und mit welchen anderen Eigenschaften sie zusammenhängt.

Das Gefühl und die Eigenschaft

Zunächst muss klar unterschieden werden, dass es auf der einen Seite ein kurzfristiges Gefühl der Dankbarkeit gibt, zum Beispiel in dem Moment, wo jemand einem mit etwas geholfen hat. Auf der anderen Seite gibt es die Disposition (Neigung) zur Dankbarkeit, die sich zwischen Menschen unterscheidet und ausdrückt, wie oft oder wahrscheinlich jemand mit Dankbarkeit auf Ereignisse reagiert. Ein wenig dankbarer Mensch wäre nach dieser Unterscheidung jemand, der wenig Dankbarkeit empfindet, obwohl es vielleicht von außen betrachtet Anlässe dazu gegeben hätte. Für diese Form der Dankbarkeit als Eigenschaft können Sie bei unserer Befragung Feedback erhalten, und es gibt einige Forschungsergebnisse dazu, wie sie mit anderen Persönlichkeitseigenschaften, Verhalten und Empfindungen zusammenhängt.

Wer ist dankbarer?

Demnach haben dankbarere Menschen ein generell höheres Wohlbefinden und positivere Stimmung. Sie berichten zudem, spiritueller zu sein als weniger dankbare Menschen es tun. Je dankbarer jemand ist, umso empathischer und hilfsbereiter scheint er sich zu zeigen. Im Gegensatz dazu hingen in den Untersuchungen eine geringere Dankbarkeit zusammen mit mehr Neid und materialistischen Überzeugungen.  Auch einige der „großen“ Persönlichkeitseigenschaften, die wir hier schon vorgestellt haben, hängen mit Dankbarkeit zusammen: Extravertiertere, emotional stabilere und verträglichere Menschen neigen mehr zu Dankbarkeit als andere.

Wenn Sie herausfinden möchten, wie Ihre Neigung zu Dankbarkeit im Vergleich zu allen Personen, die bei PASST mitgemacht haben, ausgeprägt ist, laden wir Sie ein an der elften und letzten Befragung von PASST teilzunehmenExterner Link.

 

McCullough, M. E., Emmons, R. A., & Tsang, J. A. (2002). The grateful disposition: a conceptual and empirical topography. Journal of personality and social psychology, 82(1), 112.

Warum sind wir zusammen? Beziehungsmotivation,
Zielfortschritt und Anpassung

Zwei Personen, die mit ausgestreckten Armen an einer Klippe in der Ferne stehen

Foto: sasint

In Partnerschaften bestehen meist zwangsläufig gemeinsame Ziele, nach welchen im
Laufe der Zeit gestrebt wird. So sehnen sich manche nach dem Bau eines eigenen
Wohnhauses, während andere gerade dem Kinderwunsch nachgehen. Neben diesen
Zielen hat ein Individuum innerhalb einer Beziehung ganz persönliche Ziele, bei deren
Umsetzung der/die Partner:in wenig bis gar nicht involviert ist. So arbeitet ein/e jene/r
gerade daran Spanisch zu lernen, während das wertschätzende Gegenüber sich mit der
Umsetzung eines Kunstprojektes beschäftigt. Wie sehr die jeweiligen Ziele verfolgt
werden, hängt von der jeweiligen Motivation ab, die in das Umsetzen des Vorhabens mit
einfließt.


Die Beziehungs-Motivations-Theorie (engl.: Relationship motivation theory) besagt, dass
das Gefühl der Verbundenheit ein aus eigenem Antrieb entstehendes (psych.:
intrinsisches) Bedürfnis für das psychische Wohlbefinden ist. Verbundenheit wird
demnach definiert als die „intrinsisch befriedigende Erfahrung, von einer anderen Person
wertgeschätzt zu werden und sich mit dieser verbunden zu fühlen“ (Ryan & Deci, 2017,
S. 297). Laut der Theorie streben Menschen also nach Verbundenheit innerhalb einer
Beziehung, um so das Wohlbefinden zu stärken. Wie lassen sich dabei andere Ziele, wie
z.B. persönliche, innerhalb einer Beziehung vereinbaren? Bei der Beantwortung dieser
Frage wird oft auf Autonomie innerhalb einer Beziehung wertgelegt. So führt
„Beziehungsautonomie“ laut Studien dazu, eigene authentische Anteile in die Beziehung
zu integrieren. Dies wird oft mit gesünderen und anpassungsfähigeren Beziehungen in
Verbindung gebracht.


Wie hängen die eigenen Ziele mit den Zielen innerhalb einer Partnerschaft zusammen?
Wie wird Autonomie innerhalb einer Beziehung umgesetzt? Was führt letzten Endes zu
Beziehungszufriedenheit und persönlichem Wohlbefinden? Diese Fragen versuchte ein
Forscherteam mittels einer einjährig andauernden Studie zu beantworten.
___
Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2017). Self‐determination theory: Basic psychological needs
in motivation development and wellness. NewYork, NY: Guilford Press.

Eine Studie von Anne C. Holding, Meaghan Barlow, Richard
Koestner und Carsten Wrosch (2018)

In der Studie wurden 153 heterosexuelle Paare über ihre persönliche
Beziehungsmotivation, Beziehungszufriedenheit und ihr aktuelles Wohlbefinden befragt.
Die persönliche bzw. autonome Beziehungsmotivation wurde dabei durch das
Engagement und die Hingabe zur Beziehung und somit zu dem/der Partner:in
ausgedrückt. Außerdem sollten die Teilnehmer:innen ein beziehungsbezogenes Ziel
angeben sowie ein autonomes, selbstorientiertes Ziel. Ein Jahr später wurde der „ZielFortschritt“ sowie die aktuelle Zufriedenheit und das Wohlbefinden in einer erneuten
Umfrage erfasst. Als Beispiele für autonome Ziele, wurden Ziele wie „ein Buch
schreiben“ oder „Gewicht verlieren“ genannt, als beziehungsbezogene Ziele „ein Kind in
naher Zukunft bekommen“ oder „meinem Gegenüber mehr Aufmerksamkeit schenken“.
____________
Übersicht der Begrifflichkeiten:
- autonome Beziehungsmotivation: Gründe für die Beziehung; Engagement und
Hingabe
Beispiel: „Weil ich die vielen lustigen und aufregenden Momente liebe, die ich mit
meinem/meiner Partner:in teile.“
- autonomes/ selbstorientiertes Ziel: Ziele, Pläne, Projekte die eine Person in
einer bestimmten Zeitspanne zu verfolgen versucht
Beispiel: „Gewicht verlieren“; „Spanisch lernen“
- beziehungsbezogenes Ziel: Dinge, die die Personen in Ihrer Beziehung mit
ihrem/ihrer Partner:in erreichen wollen
Beispiel: „meinem Gegenüber mehr Aufmerksamkeit schenken“; „ein Wohnhaus
bauen“
____________
Mit den Entwicklungen der Ziele innerhalb eines Jahres und den damit einhergehenden
persönlichen und beziehungsbezogenen Veränderungen, sollten folgende Bereiche
untersucht werden:


- die Rolle der autonomen Beziehungsmotivation für die Vorhersage von
Fortschritten der Beziehungsziele und persönlichen Ziele.

- die Rolle der autonomen Beziehungsmotivation und der Zielfortschritte bei der
Vorhersage von Veränderungen des persönlichen Wohlbefindens und der
Beziehungszufriedenheit im Laufe der Zeit.

- die vermittelnde Rolle des Fortschritts der Beziehungsziele für den
Zusammenhang zwischen Beziehungsmotivation und Wohlbefinden.
(Im Folgenden wird die untersuchte Person als „Akteur:in“ bezeichnet, und dessen
Gegenüber in der Beziehung als „Partner:in“.)

Die Analysen der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Akteur:in und Partner:in zeigten,
dass die autonome Beziehungsmotivation der Akteur:innen positiv mit dem Fortschritt in
der Beziehung und den selbstorientierten Zielen verbunden war. Vereinfacht erklärt,
wenn die persönlichen Ziele als auch die Beziehungsziele erreicht werden, bleibt auch
die Motivation innerhalb der Beziehung erhalten. Wenn also der/die Akteur:in, sein/ihr
autonomes Ziel, wie bspw. Gewicht zu verlieren, mit viel Engagement verfolgt hat, so
bleibt die Motivation innerhalb der Beziehung erhalten. Durch die Umsetzung eines
beziehungsbezogenen Zieles, wie bspw. dem/der Partner:in mehr Aufmerksamkeit
schenken, kommt es außerdem zu einem Anstieg des subjektiven Wohlbefindens und
der Beziehungszufriedenheit.

Dieses Ergebnismuster unterstreicht die Bedeutung der Verfolgung von
Beziehungszielen für ein gesteigertes Wohlbefinden und eine höhere Zufriedenheit in der
Partnerschaft. Es wird außerdem auf die Motivationsregeln, die einen solchen
Zielfortschritt erleichtern hingewiesen. So führen weniger die autonomen Ziele, sondern
vielmehr die autonome Motivation und Hingabe, zu einem verbesserten
Beziehungsklima. Jedoch trägt die Motivation des Partners/ der Partnerin innerhalb der
Beziehung zu der Umsetzung der eigenen persönlichen Ziele bei. Die Ergebnisse
unterstreichen das wichtige Zusammenspiel zwischen Beziehungsmotivation, Zielstreben
und Wohlbefinden und liefern neue Belege für die Vorteile einer autonomen
Beziehungsmotivation. Laut der Studie von Holding und Kollegen (2018) kann der Fokus
der persönlichen Motivation die Zielregulierung in romantischen Beziehungen und die
damit verbundenen Ergebnisse für das Wohlbefinden beeinflussen.
Diese Forschungsergebnisse verheißen Gutes für Liebespartner:innen, die sich
intrinsisch motiviert fühlen, ihre romantische Beziehung aufrechtzuerhalten. Für
Personen, deren eigene Gründe für eine Beziehung sich unaufrichtig, unauthentisch
oder instrumentell anfühlen, schlagen die Forschungsergebnisse jedoch vor, sich im
Laufe der Zeit bevorzugt mehr in die Beziehung zu involvieren, um potenzielle Hürden zu
umgehen.

Verfasst von Alex Waizenegger (Klagenfurt) - veröffentlicht am 01.07.2022

Holding, AC, Barlow, M, Koestner, R, Wrosch, C. (2018). Why are we together? A dyadic
longitudinal investigation of relationship motivation, goal progress, and
adjustment. Journal of Personality, 88, 464– 477. https://doi.org/10.1111/jopy.12503

Humor

Zwei Menschen, die miteinander lachen

Foto: Hans

Es gibt auf der Welt die unterschiedlichsten Arten von Humor und diese dienen in den meisten Fällen dazu, die positiven Seiten des Lebens zu sehen, andere zum Lachen zu bringen oder auch über Schwierigkeiten hinwegzutäuschen. In Vermittlungsanzeigen für Beziehungen jeglicher Art oder Dating-Portalen wird von den Suchenden Humor oft als wichtiges Kriterium genannt. Nun gibt es eine Vielzahl an angewandten Humor-Stilen, welche sogar rein durch regionale Unterschiede eine breite Streuung aufweisen können1.

Angeblich entwickle jedes Paar, welches schon längere Zeit in einer romantischen Beziehung sei auch mit den Jahren einen eigenen Humor, den nur das jeweilige Paar in allen Feinheiten zu verstehen weiß. Bestimmt hat auch jeder schon mal ein Paar erlebt, welches sich gegenseitig immer wieder aufs Korn nimmt oder sich mit aggressivem Humor begegnet. Man fragt sich vielleicht dann, warum dieses Paar noch eine Beziehung führt, wenn sie so viel Negatives am Gegenüber finden. Ein weiteres wichtiges Thema für die Beziehungsforschung ist der Bindungsstil von Erwachsenen, da dieser im Hinblick auf die Konstellation und Haltbarkeit der Beziehung sehr aufschlussreich sein kann. Die aufkommende Frage, wie die Vorliebe für bestimme Arten von Humor mit dem Bindungsstil im Zusammenhang steht, wurde in der folgenden Studie untersucht.

Wie der Bindungsstil die Vorliebe für einen bestimmten Humor vorhersagen kann.

Das Forschungsteam, Luevano, Pablo, Velazquez, Chance und Ramirez (2021) wollte die Annahmen prüfen, ob positiver Humor (Selbst-erhöhend oder Affiliativ; s. Tabelle) auch vom Gegenüber als attraktiver eingeschätzt wird und ob sich, auf Grund des individuellen Bindungsstils (betrachtet wurden ängstlicher oder vermeidender Bindungsstil), Präferenzen für eine besondere Art des Humors vorhersagen lassen.

 

Positiv

Negativ

Auf Selbst gerichtet

Selbst-erhöhender Humor: Sich selbst gut darstellen; reguliert Emotionen

Selbstzerstörerischer Humor: Auf Kosten der persönlichen Würde andere Personen zum Lachen bringen. 

Auf Andere gerichtet

Affiliativer Humor: Dient der Aufnahme sozialer Kontakte und Geselligkeit

 

Aggressiver Humor: Enthält Beschimpfungen oder Gemeinheiten anderen Personen gegenüber.

 

In der Untersuchung wurden die Fragebogendaten von 788 Personen (50% weiblich) im Alter zwischen 18 und 74 (M = 37.1, SD = 11.78) einer Auswertung unterzogen. Die Ergebnisse zeigten, dass die beiden positiven Arten von Humor (affiliativ und selbsterhöhend) Humor attraktiver als die negativen Humorstile (aggressiv oder selbstzerstörerisch) bewertet werden. Zudem wurde kein nennenswerter Unterschied zwischen den beiden positiven Stilen, hinsichtlich ihrer Attraktivität gefunden. Jedoch wird der aggressive Humor als der Unattraktivste aller Stile bewertet.

Darüber hinaus wurde ein positiver Zusammenhang zwischen einem vermeidenden Bindungsstil und den negativen Humorstilen entdeckt. Konkret fühlen sich Erwachsene mit unsicherem Bindungsstil eher von Personen mit negativem Humor angezogen und bewerten den affiliativen Humor als Unattraktiv für sie. Die Forschenden erklären es damit, dass eine enge Bindung bei unsicherem Bindungsstil nicht gewünscht sei und der affiliative Humor dazu beitrage eine enge Bindung zu fördern.

Es lässt sich also zusammenfassen, dass unter dem Schlagwort „guter Humor“ nicht von jeder Person das gleiche verstanden wird. Grundsätzlich wird ein positiver Humor von den meisten Personen präferiert, jedoch können auch glückliche Beziehungen auf negativem Humor aufgebaut sein und die Beziehung positiv beeinflussen. Jede Beziehung mit dem dazugehörigen Humor hat ihre eigenen Dynamiken, und sollte im Kontext solcher Studien, die zumeist nur Mittelwerts-Unterschiede bzw. insgesamt beobachtete Zusammenhänge zeigen, betrachtet werden.

 

Verfasst von Ina Schaunig (AAU Klagenfurt), veröffentlicht am 03.05.2022

Literatur

Luevano, V. X., Pablo, J. N., Velazquez, M. L., Chance, B. & Ramirez, B. (2021). Attachment as a predictor of attraction to humor styles. Personality and Individual Differences, 173, 110634.

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1Hier nennenswert wäre der Wiener-Schmäh, welcher sich vage durch eine Art Galgenhumor oder auch schwarzen Humor beschreiben lässt.

Was ist eigentlich Humor?

Auf der Suche nach der Geschichte des Humors findet man die älteste bekannte Witzesammlung der Welt (Philogelos – Der Lachfreund), deren Inhalt sich nach der Einschätzung der Autorin nicht großartig von den – zumindest in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts – sehr beliebten Fritzchen-Witzen oder den in regionalen Tageszeitungen abgedruckten Kalauern unterscheidet. Das zeigt schon einmal eins: Schon die Menschen vor tausenden von Jahren haben Energie und Zeit investiert, um sich selbst und einander zum Lachen zu bringen. Aber warum? Und was hat Humor mit Lachen zu tun? Gibt es guten und schlechten Humor?

Psychologische Perspektiven

Das renommierte Cambridge Dictionary beschreibt Humor auf drei Arten: Die Fähigkeit, Dinge lustig zu finden, die Qualität, selbst lustig zu sein und die Art von Menschen, bestimmte Dinge lustig zu finden (und andere nicht). Humor hat also mehrere Bedeutungen. Aus psychologischer Perspektive kann man noch mehr hinzufügen. Humor als geistige Fähigkeit beschreibt die Kompetenz, Witze auf intellektueller Ebene zu verstehen, sie selbst zu bilden und sich an sie zu erinnern. Humor als Verhaltensmuster könnte beschreiben, dass jemand häufig lacht und Versuche unternimmt, andere zum Lachen zu bringen. Humor kann auch eine Einstellung zum Leben und zu sich selbst meinen – Etwas „mit Humor“ nehmen kann ausdrücken, Ängste und Misserfolge als unveränderbar anzunehmen und mit einem konstruktiven Blick in die Zukunft zu blicken. In der Psychologie benennt man solche Strategien als Coping (dt. Bewältigung). Humor ist auch eine Art soziales Schmiermittel: Mithilfe von Humor kann man jemandem signalisieren, dass man ihn mag, oder eine eigentlich angespannte soziale Situation auflockern.

Das „echte“ Lachen

Doch Lachen ist nicht gleich Lachen: Der für seine Emotions- und Mimikforschung bekannt gewordene Psychologe und Anthropologe Paul Ekman unterschied verschiedene Arten des Lachens. Mithilfe des Facial Action Coding Systems beschrieb er menschliche Gesichtsausdrücke so systematisch wie niemand zuvor – nämlich unter Einbezug jedes einzelnen aktivierten Muskels für verschiedene Ausdrücke. So kann man ein duchenne smile, also ein echtes Lachen, das Freude ausdrückt, von einem fake smile, auch social smile unterscheiden, wenn man sich die Augenpartie eines Menschen anschaut. Ein bestimmter Muskel um die Augen kann nur schwer willkürlich, also absichtlich, angesteuert werden und aktiviert sich aber automatisch, wenn wir Freude empfinden. Seine Aktivität äußert sich in kleinen Lachfältchen (zu unterscheiden vom Zusammenkneifen der Augen) am äußeren Augenrand. Interessanterweise wird das fake smile in Amerika auch manchmal als Pan American Smile bezeichnet, benannt nach den immer gleich freundlich freudlos lächelnden Flugbegleiterinnen der amerikanischen Fluggesellschaft.

Nicht-lustiger Humor?

So haben das Lachen und der Humor in unserer Gesellschaft noch mehr Bedeutungen als den puren Ausdruck von Freude und Zusammengehörigkeit. Humor kann verletzen, andere ausgrenzen, Dominanz oder Verlegenheit zeigen. Ein trauriger Clown kann lustig sein und ein lachender Joker angsteinflößend. Verschiedene Formen des Humors zu untersuchen und in Verbindung mit anderen Eigenschaften der Menschen zu bringen, die ihn anwenden, ist seit einigen Jahrzehnten auch im Interesse von Psychologen.

So gibt es verschiedene Ansätze, „Humorstile“ zu unterscheiden und mithilfe von Fragebögen zu erfassen. Einen solchen Ansatz können Sie im Rahmen unserer PASSTExterner Link – Befragung im April kennenlernen.

Welche Humorstile genau dabei unterschieden werden, wie diese charakterisiert sind und vor allem: Welchem Stil Sie selbst am nächsten sind, erfahren Sie nach der Befragung in einem personalisierten Feedback. Also, viel Spaß beim Ausfüllen, und kommen Sie mit viel Humor durch die nächsten Wochen.

Das Team von PASST der Universität Jena

Wichtigkeit von Berührungen in romantischen Beziehungen

Eine zärtliche Berührung des/der Partner*in hat viele positive Effekte. Berührungen
sind ein wichtiger Faktor in romantischen Beziehungen und erhalten diese am Leben.
Auch tragen sie zu einem wesentlichen Teil zu der empfundenen Zufriedenheit mit der
Beziehung bei. Alleine die Vorstellung von Berührungen des/der Partner*in kann dazu
führen sich in schwierigen Situationen stark zu fühlen sowie den Mut zu fassen diese zu
meistern. Zudem führen Berührungen auch zum gegenseitigen emotionalen Ausgleich
bei Partner*innen.


Das Zusammenspiel des individuellen Bindungsstils, intimen
Berührungen und ehelicher Zufriedenheit


Die Forschenden Wagner, Mattson, Davila, Johnson und Cameron (2020) wollten mit
ihrer Studie ergründen ob die Bindungsunsicherheiten bei Erwachsenen negativ mit der
Befriedigung intimer Berührungen assoziiert sind. Deshalb untersuchten sie
verschiedene theoretische Mechanismen, durch die diese Variablen zusammenhängen
könnten. Ob die Zufriedenheit mit den Berührungen auch mit einer höherer
Beziehungszufriedenheit assoziiert war und über den Zusammenhang mit anderer Art
von liebevollem Verhalten hinaus besteht, sollte ebenso Gegenstand der Untersuchung
sein. Auch war die Vermittlerrolle der Berührungszufriedenheit zwischen
Bindungstendenzen und Zufriedenheit mit der Ehe von Interesse.


Um die Forschungsfragen zu prüfen wurde eine Stichprobe mit 184
gleichgeschlechtlichen Ehepaaren, welche im Schnitt 34 Jahre alt (±7) und im
Durchschnitt 6.5 Jahre (±6) verheiratet waren, analysiert. Die Ehepaare füllten
getrennt voneinander drei computergestützte Fragebögen aus. Von Interesse waren
Bindungstendenzen bei Erwachsenen, Bewertungen intimer Berührungen sowie Zufriedenheit/Unzufriedenheit mit der Beziehung.


Das Forschungsteam Wagner et al. (2020) fanden heraus, dass die Zufriedenheit der
Eheleute mit Berührungen stark von dem individuellen Bindungstypus abhängt.
Ehemänner mit ängstlichen Bindungstyp sind weniger zufrieden mit Berührungen.
Jedoch nimmt die Zufriedenheit zu, wenn sich mehr Routine bei den Berührungen
einspielt so, dass es keinen Unterschied mehr zwischen ängstlichen und sicher
gebundenen Ehemännern gab. Zudem zeigte sich, dass Ehefrauen vom vermeidenden
Bindungstyp bei geringer routinemäßiger Zuneigung weniger schnell unzufrieden mit
der Beziehung sind als die anderen Frauen. Im Weiteren beeinflusst ein unsicheres
Bindungs- verhalten scheinbar die Qualität der Ehe, da eine Bindungsangst mit einer
Unzufriedenheit der Ehe zusammenhängt. Die Autor*innen der Studie weisen jedoch explizit darauf hin, dass andere Faktoren, wie Stress oder Streit sich auf die aktuelle
Zufriedenheit mit der Ehe auswirken können und die Zufriedenheit über die Dauer der
Ehe hinweg natürliche Schwankungen aufweisen kann.


Als Fazit kann festgehalten werden, dass Berührungen für jede/n Partner*in wohltuend
und wichtig sind. Zu beachten dabei ist das Gegenüber, wenn es ängstliche oder
vermeidende Bindungstendenzen aufweist, nicht zu den Berührungen zu drängen oder
wenig häufige Berührungen gleich negativ zu interpretieren. Mit der Routine kann die
Akzeptanz der Berührungen zunehmen und dies kann zu einer höheren Zufriedenheit in
der Beziehung beitragen.


Verfasst von Ina Schaunig (AAU Klagenfurt), veröffentlicht am 05.04.2022

Wagner, S. A., Mattson, R. E., Davila, J., Johnson, M. D. & Cameron, N. M. (2020).
Touch me just enough: The intersection of adult attachment, intimate touch, and
marital satisfaction. Journal of Social and Personal Relationships, 37 (6), 1945–1967.

Gehen oder Bleiben?

Koffer und Tasche am Flughafen

Foto: StelaDi

Mehr als ein Drittel der Ehen wurden 2020 in Deutschland1 und auch in Österreich2 geschieden und zunehmend weniger Paare bleiben für den Rest des Lebens zusammen. Der Trennungsprozess kann für beide Seiten der Paarbeziehung sehr belastend sein. Unter anderem aus Angst, die Gefühle des Gegenübers zu verletzen oder als „herzlos“ dazustehen. Aber was tun, wenn man an den Punkt gelangt, wo eine Trennung unausweichlich ist? Möglicherweise weil ein weiteres Zusammenbleiben auf beiden Seiten nur noch zu Streit, Verletzungen und Unmut führt. Wenn die Unzufriedenheit mit der aktuellen Beziehung hoch ist, kann es auch dazu führen, dass eine Alternative zur derzeitigen Beziehungssituation gesucht wird. Trennungsgründe und Wege diese zu vollziehen sind so individuell wie die Partner:innen selbst. Doch was können starke oder weniger starke Motive für eine Trennung sein und in welchen Bereichen finden sich echte Trennungsbarrieren? Dies haben Machia und Ogolsky (2021) in einer Kombinationsstudie aus qualitativen und quantitativen Herangehensweisen beforscht.

Gründe um in einer romantischen Beziehung zu verbleiben oder diese zu beenden

Machia und Ogolsky (2021) haben mit drei Experimenten überprüft, welche Gründe aktuell oder auch zukünftig für oder gegen einen Verbleib in der Beziehung sprechen und warum eine Beziehung als mehr oder weniger verbindend angesehen wird.

Für das erste Experiment wurden 412 Personen, in einer romantischen Beziehung, zufällig zwei Gruppen zugeteilt: verbleiben in der Beziehung (stay) = 211 oder verlassen der Beziehung (leave) = 201. Jede/r Teilnehmende beantwortete Fragen zu erwarteten Einflüssen auf die bestehende Beziehung. Je nach Gruppenzuteilung bekamen die Teilnehmer:innen spezifische Fragebogen. Die stay-Gruppe beantwortete Fragen, welche auf den Verbleib in der Beziehung abzielten während die Personen in der leave-Gruppe Fragen zum Verlassen der Beziehung beantworteten.

Im zweiten Experiment bekamen 117 Personen, in romantischen Beziehungen, die gleichen Fragebögen wie im ersten Experiment. Der Unterschied bestand darin, dass diesmal keine Gruppenzuteilung erfolgte, sondern alle Teilnehmenden beide Fragebögen (stay und leave) beantworteten. Die Tabelle zeigt die jeweils drei stärksten und schwächsten Argumente für, beziehungsweise gegen den Verbleib in der Beziehung, welche sich in den zwei Experimenten finden ließen.

Der dritte Teil der Studie umfasste eine Langzeitbeobachtung, bei welcher monatlich kurze Interviews mit den Proband:innen geführt wurden. Die Stichprobe umfasste 232 Paare (464 Einzelpersonen) und wurde über einen Zeitraum von neun Monaten durchgeführt. Zudem mussten die Teilnehmer:innen anfangs noch einige Fragebögen zu ihrem sozialen Hintergrund und beziehungsbezogenen Merkmalen, wie Bindung und Zufriedenheit, ausfüllen. Die Forschenden führten die erhaltenen 13598 Gründe zu 14 Kategorien zusammen, welche in der unteren Tabelle dargestellt sind.

Studie 1

Bleiben

Verlassen

 

Starke Gründe

1.       Zufriedenheit

2.       Verliebtheit

3.       Freund:innenschaft mit Partner:in

1.     Mangelnde persönliche Bedürfnisbefriedigung

2.     Mangelnde Beziehungsbedürfnisbefriedigung

3.     Fehlende Liebe

 

Schwache Gründe

1.       Singledasein ist unattraktive Alternative

2.       Erhaltene Investitionen

3.       Unterstützung durch Freund:innen/Familie

1.       Fehlende Investitionen

2.       Fehlende Freundschaften

3.       Andere Art der Beziehung zu Partner:in

Studie 2 Bleiben Verlassen

 

Starke Gründe

1.      Verliebtheit

2.      Befriedigung

3.      Engagement

1.       Mangelnde Befriedigung

2.       Mangelnde Beziehungsbedürfnisbefriedigung

3.       Mangelnde persönliche Bedürfnisbefriedigung

 

Schwache Gründe

1.       Singledasein ist unattraktive Alternative

2.       Erhaltene Investitionen

3.       Unterstützung durch Freund:innen/Familie

1.       Fehlende Investitionen

2.       Andere Art der Beziehung zu Partner:in

3.       Wunsch nach anderem/r Partner:in

 

Studie 3

Positive Wendepunkte

Negative Wendepunkte

 

Wendepunkte in der Beziehung

1.       Positives an Partner:in oder der Beziehung

2.       Verhaltensabhängigkeit

3.       Umstände

4.       Positive Offenlegung

5.       Positive Zuschreibung zu Partner:in/Beziehung

1.      Negatives an Partner:in oder der Beziehung

2.      Umstände

3.      Positive Zuschreibungen

4.      Negative Offenlegung

5.      Konflikte

 

 

Wie in der Tabelle ersichtlich gibt es zwischen dem Ersten und dem Zweiten Experiment nicht wirklich große Unterschiede für/gegen die Beziehung. Somit ist Verliebtheit in beiden Fällen ein sehr starkes Argument für die Beziehung und mangelnde Bedürfnisbefriedigung (Beziehung, persönlich, sexuell…) für viele ein sehr starkes Argument sich zu trennen. Die dritte Studie konnte Aufschluss über die Wendepunkte in einer Beziehung geben und hier stehen klar die positiven bzw. negativen Seiten des/r Partner:in oder der Beziehung an der Spitze. Zudem wurde noch herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit einer Trennung nur durch einer attraktiven Alternative zum/r  Partner:in erhöht ist.

Zusammenfassend kann die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit mit der Beziehung ausschlaggebend für eine Vertiefung der Bindung bzw. ein Katalysator für eine Trennung sein. Die erforschten Gründe geben Einblick auf den Entscheidungsprozess der einen Erhalt oder die Trennung einer Beziehung begleitet. Die Studie konnte uns zeigen, welche Gründe häufig für oder gegen eine Beziehung sprechen. Jedoch ist jede Beziehung einzigartig und jeder Mensch hat seine ganz persönlichen Gründe und Entscheidungen zu treffen sowie diese auf die jeweilige Beziehung anzuwenden.

Verfasst von Ina Schaunig (AAU Klagenfurt), veröffentlicht am 16.02.2022

 

Machia, L. V. & Ogolsky, B. G. (2021). The reasons people think about staying and leaving their romantic relationships: A mixed-method analysis. Personality and Social Psychology Bulletin, 47 (8), 1279–1293.

1https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/08/PD21_378_126.htmlExterner Link


2http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/ehescheidungen/022912.htmlExterner Link

„Schmuddelfilm“ oder romantischer Anreiz

Leuchttafel auf der steht "Watch Porn Tonight"

Foto: Sammy-Sander

Durch den Wandel der Digitalisierung und die Möglichkeit mittels Smartphone, Tablet
und anderen Geräten jederzeit Zugriff auf das Internet zu haben, werden die Barrieren
immer geringer, um bei Bedarf pornografische Inhalte zu konsumieren.
Besonders in Beziehungen kann der Konsum pornografischer Inhalte zu Konflikten
führen. Manche Partner:innen profitieren davon und nutzen den Gebrauch von „Pornos“
als Motivation und sexuellen Anreiz. Andere Partner:innen fühlen sich dadurch
vernachlässigt oder sogar vom Gegenüber betrogen. Doch wie beeinflusst aus
wissenschaftlicher Perspektive der Konsum von Pornografie die Zufriedenheit in
Liebesbeziehungen, genauer das sexuelle Verlangen der jeweiligen Sexpartner:innen?
Auch welche Rolle das Geschlecht der jeweiligen Beteiligten einer Beziehung spielt, ist
eine wichtige Frage.


Es bestehen verschiedene Theorien darüber, inwiefern regelmäßiger Konsum
pornografischer Filme eine Paarbeziehung beeinflussen kann. Beispielsweise geht eine
Theorie davon aus, dass die sexuelle Erregung beim Nutzen pornografischer Inhalte
eines Partners/ einer Partnerin, die sexuelle Lust des Partners/ der Partnerin, welche/r
keine Inhalte dergleichen konsumiert, positiv beeinflussen kann. Eine andere Theorie
geht davon aus, dass der Konsum von Pornografie beim Gegenüber Selbstzweifel und
das Gefühl der Objektivierung auslösen kann.


Eine Studie von Marie-Pier Vaillancourt-Morel, Natalie O. Rosen,
Brian J. Willoughby, Nathan D. Leonhardt und Sophie Bergeron
(2020)


Pornografischer Konsum in Beziehungen: Was der Gebrauch
von pornografischen Inhalten über die sexuellen Dynamiken
in einer Beziehung aussagen kann


Um den eher theoretischen Herangehensweisen bisheriger Studien entgegenzuwirken,
verwendeten die Autoren rund um das Team von Marie-Pier Vaillancourt-Morel (2020)
eine eher realitätsnahe Analyse von Tagebucheinträgen der Teilnehmenden. Eine
weitere Neuerung zu anderen Studien, stellte das Betrachten von heterosexuellen und
homosexuellen Paaren dar. So dokumentierten 217 Paare (140 heterosexuelle Paare;
77 homosexuelle Paare) 35 Tage lang ihr sexuelles Erleben und gaben täglich
Informationen über ihren pornografischen Konsum, die Beziehungszufriedenheit, das
sexuelle Verlangen und die sexuelle Aktivität preis.


Durch die tägliche Dokumentation der Teilnehmer:innen zu den verschiedenen
pornografischen- und beziehungsbezogenen Inhalten der jeweiligen Tage versuchten
Vaillancourt-Morel und Kolleg:innen (2020) Zusammenhänge zu analysieren, die sich auf
allgemeine Dynamiken in der Beziehung auswirkten. Neben diesen Zusammenhängen
stach, wie aus anderen Studien schon bekannt, der vermehrte Konsum pornografischer
Inhalte von Männern hervor.


Die Ergebnisse zeigten, dass an Tagen, an denen pornografische Inhalte konsumiert
wurden, dies in keiner Weise mit der Beziehungszufriedenheit der beiden Partner:innen
in Verbindung stand, verglichen mit den Tagen, an denen nichts dergleichen konsumiert
wurde.


Hinsichtlich des sexuellen Verlangens entstehen Unterschiede in der Wirkung von
Pornografie auf die verschiedenen Geschlechter und Paartypen (hetero- vs.
homosexuell). So wirkt sich der Gebrauch von „Sexfilmen“ bei Frauen zu einem höheren
Teil auf das sexuellen Verlangen der Nutzerin aus, sowie zu einer Steigerung des
sexuellen Verlangens des Partners/ der Partnerin. Dies konnte sogar
Geschlechtsunabhängig beobachtet werden. Bei Männer hatte der Gebrauch von
Pornografie keinen Einfluss auf höheres sexuelles Verlangen, im Vergleich zu Tagen, an
denen keine Pornos konsumiert wurden. Allerdings hatte der/die Partner:in eines jeden
Mannes, welcher an einem Tag Pornos konsumierte, geringeres sexuelles Verlangen.
Auch hier spielte das Geschlecht des/der Partner:in keine Rolle.


Die Wahrscheinlichkeit für sexuelle Aktivitäten mit dem/der Partner:in hing bei Frauen
positiv mit dem Konsum von Pornografie zusammen. Dies geschah unabhängig vom
Geschlecht des Gegenübers. Bei homosexuellen Männern stieg die Chance auf sexuelle
Aktivitäten an Tagen, an denen Pornografie konsumiert wurde an. Bei heterosexuellen
Männern war die Wahrscheinlichkeit für sexuelle Aktivitäten jedoch geringer, wenn diese
an dem Tag Pornografie angeschaut haben.


Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Konsum von pornografischen Inhalten
Einfluss auf die sexuellen Dynamiken am Tag des pornografischen Konsums hat, jedoch
nicht auf die tägliche Beziehungszufriedenheit. Außerdem spielt das Geschlecht eine
entscheidende Rolle, sowohl von der Person, die pornografische Inhalte konsumiert als
auch deren Partner:in. Besonders bei Frauen, die solche Inhalte nutzen, wirkt sich dies
meist positiv auf die sexuelle Dynamik aus, während bei Männern, die von
pornografischen Inhalten Gebrauch machen, das Geschlecht des Gegenübers einen
größeren Einfluss hat.


Verfasst von Alex Waizenegger (Klagenfurt) - veröffentlicht am 01.02.2022


Vaillancourt-Morel, M. P., Rosen, N. O., Willoughby, B. J., Leonhardt, N. D., & Bergeron, S. (2020).
Pornography use and romantic relationships: A dyadic daily diary study. Journal of Social and
Personal Relationships, 37(10-11), 2802-2821

Was ist eigentlich Persönlichkeit?

Die Psychologie ist noch eine vergleichsweise junge Wissenschaft. Ende des 19. Jahrhunderts erschienen erste wissenschaftliche Bücher zu psychologischen Themen, die den Weg für die Psychologie als Teil des wissenschaftlichen Kanons ebneten. Die frühe psychologische Forschung beschäftigte sich vor allem mit der Untersuchung von Gedächtnis- und Wahrnehmungsprozessen sowie mit der Entstehung psychischer Störungen. vor allem auf dem Verständnis psychischer Störungen.

Persönlichkeitspsychologie

Erst ab 1920 rückte die Persönlichkeit in den Blickpunkt psychologischer Forschung; allerdings sollte es bis etwa Mitte der 1940er dauern, bis sich die Persönlichkeitspsychologie als eigenständiger Bereich innerhalb der wissenschaftlichen Psychologie etablieren sollte. In den Anfangsjahren war dabei jedoch gar nicht klar, womit sich die Persönlichkeitspsychologie eigentlich beschäftigen sollte: Einige Forscher die Meinung vertraten, man könne sich der Persönlichkeit von Menschen am besten annähern, indem man einzelne Personen in all ihren Facetten ("ganzheitlich") beschreibt. Andere hingegen verstanden Persönlichkeit eher als Unterschiede zwischen Personen und versuchten grundlegende Eigenschaften zu finden, in denen sich Personen voneinander unterscheiden. Klar war nur: Es sollte die "normale" Persönlichkeit untersucht werden, also unabhängig von psychischen Störungen. Dadurch sollte die Persönlichkeitspsychologie von anderen Bereichen der Psychologie abgegrenzt werden.

Unterschiede zwischen Personen

Obwohl die ganzheitliche Beschreibung einzelner Personen viele interessante Einzelfallstudien hervorgebracht hat, setzte sich dieser Ansatz letztlich nicht durch, da er aus wissenschaftlicher Perspektive stets nicht gänzlich zufriedenstellend war – denn selbst wenn es gelänge, eine Person in all ihren Facetten zu beschreiben, bliebe letztlich immer noch unklar, was an dieser Person "besonders" ist und inwiefern bestimmte Merkmale dieser Person mit bestimmten Erfolgen, Misserfolgen, Leistungen oder Lebensereignissen in Verbindung stehen. Bis heute geht es in der Persönlichkeitspsychologie um die Untersuchung von stabilen Unterschieden zwischen Personen. Anders gesagt: Es wird untersucht, in welchen Merkmalen sich eine Person von einer Vergleichsgruppe unterscheidet. Nach diesem wichtigen Richtungsentscheid richtete sich der Fokus in der jungen Disziplin "Persönlichkeitspsychologie" auf die Frage: Was sind die grundlegenden Merkmale der Persönlichkeit, in denen sich Menschen unterscheiden? Zur Beantwortung dieser Frage kristallisierten sich drei verschiedene Ansätze heraus.

Verwendung der Sprache

Ein erster prominenter Ansatz war die Untersuchung von bestimmten Persönlichkeits- oder Charaktertypen---Personen mit ähnlichen Merkmalen wurden einem bestimmten Typ, also einer bestimmten "Art von Mensch" zugeordnet (z.B. "oraler Charakter", "Ikarus-Typ"). In einem zweiten Ansatz versuchten Psychologen – in der Anfangszeit tatsächlich ausschließlich Männer – mehr oder weniger intuitiv Merkmale zu identifizieren, die für das Leben von Menschen wichtig sein könnten. Einerseits war dieses Vorgehen stark von der Alltagspsychologie inspiriert, andererseits führte es nicht dazu, dass sich tatsächlich ein einheitlicher "Katalog" von grundlegenden Merkmalen herausbildete. Welche Merkmale als "wichtig" erachtet wurden, unterschied sich doch sehr stark zwischen verschiedenen Forschern. Um aus dieser Sackgasse zu entkommen, wurde eine überraschend einfache aber sehr wegweisende Hypothese entwickelt: Alle Informationen zur Unterschiedlichkeit von Menschen sind in der menschlichen Sprache enthalten. Anders gesagt, wenn sich Personen voneinander auf eine gewisse Art unterscheiden, ist dafür irgendwann ein Wort "erfunden" worden, meist ein Adjektiv. Würde man alle Adjektive aus einem Lexikon herausschreiben, hätte man also eine endliche und einheitliche Anzahl von Merkmalen, in denen sich Menschen unterscheiden können.

Zusammengehörige Adjektive

Tatsächlich gab es amerikanische Forscher, die sich dieser Arbeit annahmen. Nach Ausschluss einiger extrem wertender Adjektive, veralteter und nicht mehr gebräuchlicher Adjektive sowie Synonymen wurden dabei 4500 Adjektive identifiziert, Spätere Forscher reduzierten diese Liste weiter, in dem zum Beispiel Adjektive ausgeschlossen wurden, die einen direkten Bezug zu Gesundheit haben oder die sich positive und negative Stimmung beziehen. Aus den letztlich verbliebenen Adjektiven – ca. 380 in einer wegweisenden Studie – wurde ein Fragebogen entwickelt. Diesen Fragebogen mussten die Versuchspersonen, ganz ähnlich wie Sie im Projekt PASSTExterner Link, einmal in Bezug auf sich selbst ausfüllen ("Ich bin...") und einmal in Bezug auf eine andere Person ("Er/sie ist ..."). Mit Hilfe von statistischen Verfahren kann das herausgefunden werden, welche Adjektive "zusammen gehören", also in ähnlicher Weise beantwortet werden. Diese zusammengehörigen Adjektive werden dann zu sehr breiten, grundlegenden "Faktoren" zusammengefasst.

Faktoren der Persönlichkeit

Wie viele grundlegende Persönlichkeitsfaktoren gibt es nun also? In westlichen Ländern werden meist auf die eben beschriebene Weise meist 2, 3, 5, 6 oder 7 grundlegende Faktoren gefunden. Wie viele Faktoren es genau sind, hängt zum einen davon ab, wie genau die Liste der Adjektive reduziert wird: Werden Adjektive mit Bezug zur positiven oder negativen Stimmung beibehalten, findet man mehr Faktoren als wenn man diese Adjektive nicht berücksichtigt. Wird die Adjektivliste sehr stark gekürzt, so dass am Ende nur eine relative kleine und homogene Menge von Adjektiven übrig bleibt, werden weniger Faktoren gefunden. Zum anderen hängt die Anzahl der gefunden Faktoren auch von methodischen und statistischen Aspekten ab.

In der modernen persönlichkeitspsychologischen Forschung hat sich ein Modell mit fünf grundlegenden Faktoren – den sogenannten "Big Five" der Persönlichkeit (emotionale Stabilität, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit) – etabliert und findet breite Anwendung. Es gibt jedoch auch sehr viele gute Argumente für ein Modell mit 6 Faktoren – das HEXACO-Modell, das Sie in der letzten Erhebung von PASSTExterner Link kennengelernt haben. Allerdings ist zu betonen, dass sich die Forschung zu Persönlichkeitsfaktoren sehr stark auf westliche Kulturen bezieht. In einigen afrikanischen Ländern wurden deutlich mehr grundlegende Persönlichkeitsfaktoren gefunden (11, 14 oder sogar 16), die sich nur sehr wenig mit dem Big Five oder dem HEXACO-Modell überschneiden.

Eigenschaften als Dimensionen

Die Interpretation der Persönlichkeitsfaktoren, seien es nun 5, 6, 7 oder 16, ist oftmals nicht ganz einfach. Im Alltag sprechen wir oft von bestimmten "Typen" ("Neurotiker") oder etikettieren Menschen als "introvertiert" oder "neurotisch". In der Persönlichkeitspsychologie werden Eigenschaften jedoch als Dimensionen verstanden. Das bedeutet, jemand ist mehr oder weniger neurotisch, introvertiert, ehrlich, offen, verträglich, gewissenhaft usw. und eben nicht "unverträglich" oder "schludrig". Dieses "mehr oder weniger" bezieht sich, wie weiter oben erwähnt, immer auf eine Vergleichsgruppe.

Natürlich reichen 5 Faktoren nicht aus, um eine Person in ihrer Komplexität zu beschreiben, auch nicht 6, 7 oder 16 Faktoren. In diesen Persönlichkeitsmodellen geht es lediglich darum, eine möglichst sparsame und überschaubare Anzahl von grundlegenden Merkmalen betrachten zu können, die bei allen Personen mehr oder weniger stark ausgeprägt sind. Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren in einer unüberschaubar großen Anzahl von Studien gezeigt, dass diese wenigen Merkmale ausreichen, um auch unterschiedliche Lebenswege und Lebenserfahrungen von Menschen beschreiben zu können. Zum Beispiel haben Personen, die gewissenhafter sind als andere, im Durchschnitt mehr Erfolg im Berufsleben und leben im Durchschnitt gesünder. Personen, die extravertierter sind als andere haben im Durchschnitt auch mehr Freunde als andere Personen und sind im Durchschnitt auch zufriedener als andere mit vielen Bereichen ihres Lebens. Personen, die weniger emotional stabil sind als andere, sind hingegen im Durchschnitt weniger zufrieden mit den meisten Bereichen ihres Lebens. Wichtig ist dabei, dass es sich dabei um Durchschnittswerte handelt. Natürlich kann eine Person, die extravertierter ist als andere, auch weniger Freunde haben als andere Personen oder mit ihrem Leben unzufrieden sein. Eine Person, die gewissenhafter ist als andere, kann im Einzelfall auch ein ungesundes Leben führen – die Erkenntnisse, die in Forschungsarbeiten und Studien wie PASSTExterner Link gewonnen werden, beziehen sich niemals auf Einzelfälle und können diese im Zweifelsfall auch gar nicht gut beschreiben. Das Ziel in der Persönlichkeitspsychologie, wie auch in allen anderen Wissenschaften, ist es, Gesetzmäßigkeiten und bedeutsame Muster zu finden.

Solche Muster gibt es natürlich auch in Bezug auf Partnerschaften. In den nächsten Beiträgen werden wir Ihnen einige dieser Muster, die in wissenschaftlichen Studien beobachtet wurden, vorstellen. Wir würden uns freuen, Sie dann hier wieder begrüßen zu können!

Das Team von PASST – der Partnerschaftsstudie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena

„Die Liebe ist von allen Krankheiten noch die gesündeste“ - Euripides
- Über Persönlichkeit, Partnerschaft und Gesundheit

Ausblick in die Natur mit zwei Paar Turnschuhen im Vordergrund

Foto: picjumbo_com

Dass unsere Persönlichkeitsstruktur vielfältige Auswirkungen auf unser Verhalten und Erleben hat, wurde schon häufig wissenschaftlich bestätigt. Wir haben in einem vorherigen Beitrag die fünf großen Facetten der Persönlichkeit erläutert: Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen. Diese Persönlichkeitsfaktoren können als Dimensionen verstanden werden, die jeder Mensch mehr oder weniger stark in sich trägt und mithilfe von Persönlichkeitstests gemessen werden können. In dem PASST-Feedback zur derzeitigen Befragungswelle habt ihr eine individuelle Rückmeldung zu euren Testergebnissen erhalten. Da diese fünf Faktoren das gesamte Spektrum der Persönlichkeit zusammenfassen, sind sie sehr allgemein gefasst. In verschiedenen Studien beschäftigen sich Wissenschaftler:innen immer wieder mit verschiedenen Fragen dazu, wie und worauf genau sich unsere Persönlichkeit auswirkt.

Wie beeinflusst meine Persönlichkeit meine Gesundheit?

Dieser Zusammenhang – also die Auswirkungen der eigenen Persönlichkeit auf die eigene Gesundheit – wird Akteureffekt genannt. So hängen zum Beispiel die eigene Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität positiv mit der eigenen Gesundheit zusammen. Das heißt, je höher die Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität, desto besser die eigene Gesundheit. Moderiert wird dieser Effekt vermutlich dadurch, dass gewissenhafte Personen beispielsweise häufiger Sport treiben und sich gesünder ernähren.

Wie beeinflusst mich jedoch mein:e Partner:in? Hat seine/ihre Persönlichkeit einen Einfluss auf meine Gesundheit?


 Diese Frage stellten sich Wissenschaftler*innen der School of Psychological Sciences & Health der University of Strathclyde, UK und der Faculty of Education, University of Western Australia, Australia.
 Sie ließen 182 heterosexuelle Paare einen Persönlichkeitstest und verschiedene andere Fragebögen ausfüllen. Darunter die „General Preventive Health Behaviours Checklist“, welche misst, wie oft Proband*innen gesundheitsförderliche sportliche Aktivitäten ausführen. Weitere Skalen wurden zur Erfassung der Lebensqualität und Stimmung (Ängstlichkeit, Depressionen, Stress) genutzt.

Die statistischen Analysen zeigen signifikante Ergebnisse bezüglich der Korrelation zwischen der Persönlichkeitseigenschaft „Gewissenhaftigkeit“ bei Männern und Frauen und der Lebensqualität ihrer Partner:innen. Das bedeutet, dass über den Einfluss der eigenen Persönlichkeit auf die eigene Lebensqualität hinaus, auch die Persönlichkeit der Partner*innen eine wichtige Rolle spielt! Diese Auswirkungen der Persönlichkeit der Partner:innen auf die eigene Gesundheit nennt man auch Partnereffekte. Alle anderen gemessenen Faktoren offenbarten in dieser Studie keinen signifikanten Zusammenhang mit der Gesundheit.

Können uns unsere Partner:innen dementsprechend gesünder machen? Dies lässt die vorgestellte Studie zumindest vermuten. Wie immer ist es in der psychologischen Forschung jedoch wichtig, weitere empirische Studien zu dem Thema zu beachten; Ergebnisse sind nie absolut.
 Wir werden euch in folgenden Beiträgen weitere spannende Phänomene der Persönlichkeitspsychologie näherbringen und uns freuen, euch dann hier wieder begrüßen zu dürfen.

Verfasst von Amina Aissaoui (Jena) - veröffentlicht am 05.01.2022
 
Williams, L., Ashford-Smith, S., Cobban, L., Fitzsimmons, R., Sukhatme, V., & Hunter, S. C. (2019). Does your partner's personality affect your health? Actor and partner effects of the Big Five personality traits. Personality and Individual Differences149, 231-234.

Trennungen überwinden - wie unsere Psyche hilft

Ein Mädchen, das einen herzförmigen Ballon loslässt.

Foto: Zorro4

Beziehungen enden und Ehen werden geschieden. Nicht wenige Beziehungen gehen in die Brüche, noch bevor sie den Status der Ehe erreicht haben. So ist es nicht verwunderlich, dass ca.  86% befragter Studenten bereits mindestens einen Breakup vor Abschluss ihres Studiums erlebt haben. Wie unerfreulich, verletzend und kompliziert die Trennung auch gewesen sein mag - das Leben geht weiter und dabei spielt die Wahrnehmung der Beziehung eine wichtige Rolle.

Eine Studie von Aiden P.J. Smyth, Johanna Peetz & Adrienne A. Capaldi (2020)

Appraisal Bias – verzerrte Wahrnehmung

Die Einschätzung (Appraisal) seiner Beziehung ist immer subjektiv und stark geprägt (biased) von individuellen Hoffnungen und Zielen. So ist es z.B. üblich die eigene Beziehung als besser als die anderer wahrzunehmen oder die Wahrscheinlichkeit einer Trennung als niedriger einzuschätzen. Diese subjektive Bewertung stellt die eigene Beziehung in ein gutes Licht und trägt oftmals zu einer höheren Beziehungszufriedenheit bei. Wie ändern sich die Einschätzungen von Partner und der gemeinsamen Zeit nun aber nach einer Trennung? Welche Motivation und Ziele beeinflussen dann die Bewertung?

In der Studie wurden Student*innen zunächst zu ihrer Beziehungszufriedenheit und zur Passung von sich und ihrem*r Partner*in befragt. Nach vier Monaten wurde der aktuelle Beziehungsstatus erfasst und anschließend erneut zu den gleichen Themen befragt. Zusätzlich wurde bei der zweiten Befragung auch erfasst, wie die Beziehung rückblickend und aktuell eingeschätzt wurde.

Es wurde festgestellt, dass Beziehungszufriedenheit und Passung rückblickend als geringer eingeschätzt wurden, als zu dem tatsächlichen Zeitpunkt. Dieser Bewertungstrend zeigte sich sowohl bei Paaren, die immer noch zusammen waren, als auch bei denen, die sich in der Zwischenzeit getrennt hatten. Allerdings war die retrospektiv negativere Bewertung getrennter Paare deutlich stärker, nämlich dreimal so hoch, als die der Paare, die noch zusammen waren.

Willkommen in der Realität?

Wie kommt es also, dass der*die einst als abenteuerlustig und spontan wahrgenommene Partner*in nach dem Ende der Beziehung als unzuverlässig und unorganisiert beschrieben wird?  Wurde nur die rosarote Brille abgenommen und man sieht diese Person auf einmal klarer? Oder redet man sie schlecht, weil sie unerreichbar scheint?

Die Antwort ist nicht ganz eindeutig: Ein bisschen von beidem…  Die Veränderung in der Bewertung kann als eine Art psychisches Immunsystem gesehen werden, das die Person vor emotionalen Konsequenzen einer unerwünschten Situation schützt, sodass die Trennung besser verarbeitet werden kann. Dabei geht es weniger darum, den*die Partner*in oder die Beziehung als negativ zu sehen, als vielmehr „weniger positiv“. Diese weniger positive Sichtweise kann dabei sogar oftmals zutreffender sein, als die überhöhte Einschätzung, zu der man in einer Beziehung neigt. Die Bewertung der Beziehung fällt auch bei zusammen Gebliebenen rückblickend negativer - so liegt die Vermutung nahe, dass die Bewertungsveränderung ein natürlicher Mechanismus ist, der die Person sich in der Gegenwart besser fühlen lässt. Entweder weil man in einer bestehenden Beziehung rückblickend eine Verbesserung wahrnimmt oder eben mit einer Trennung verhältnismäßig gut umgehen kann.

Verfasst von Charlotte Raithel (Jena) - veröffentlicht am 13.12.2021

Smyth, A. P., Peetz, J., & Capaldi, A. A. (2020). Ex-appraisal bias: Negative illusions in appraising relationship quality retrospectively. Journal of Social and Personal Relationships37(5), 1673-1680.

Heute keine Lust auf Sex?

Mann und Frau, die mit Abstand nebeneinander stehen. Beide halten die Arme verschränkt.

Foto: Gerd Altmann

Sexualität ist in vielen romantischen Beziehungen ein wichtiger Bestandteil der Intimität und Ausdruck gegenseitiger Zuneigung sowie Wertschätzung. Aber welches Paar kennt es nicht, wenn das geliebte Gegenüber nur spärlich oder gar abweisend auf sexuelle Annäherungsversuche reagiert? Passiert dies nur in seltenen Ausnahmefällen oder gibt es gut nachvollziehbare Gründe dafür, dann leidet die Beziehung in den seltensten Fällen darunter. Die Zurückweisung sexueller Initiativen kann vielerlei Ursachen haben. Diese können von sexuellem Desinteresse über temporären Stress in anderen Lebensbereichen oder einfach nur momentaner Unlust variieren. In jedem Fall kann Zurückweisung durch die/den Geliebte:n schmerzvoll sein und je nach Art der Zurückweisung auch emotionale Verletzungen im zurückgewiesenen Gegenüber hinterlassen. Dies kann auf Dauer das Wohlbefinden der Partner:in in der Beziehung beeinträchtigen und auch schlimmstenfalls der Grund für Trennungen sein.

Eine Studie von Kim, Muise, Sakaluk, Rosen und Impett (2020) 

When tonight is not the night: Sexuelles Ablehnungsverhalten und Zufriedenheit in romantischen Beziehungen

Wie und wann es zu solchen Zurückweisungen kommt und wie es um die Zufriedenheit des abgewiesenen Partners, der abgewiesenen Partnerin nach solchen Erfahrungen steht haben die Autoren Kim, Muise, Sakaluk, Rosen und Impett (2020) in ihrer vierteiligen Studie ergründet. In den ersten zwei Studien wollten die Forschenden herausfinden auf welche Art Abweisungen passieren. Die Proband:innen wurden nach ihrer Einschätzung zu Situationen sexueller Abweisung befragt und wie sehr sie den vorliegenden Aussagen zustimmten.

Kim et al. (2020) konnten vier Hauptformen der Zurückweisung finden. Als erste Form wurde die sexuelle Abweisung mittels positiver und wertschätzender Erklärungen sowie Demonstration von Liebe, als „beruhigende Zurückweisung“ betitelt. Negatives und dem Gegenüber schädliches Verhalten bei der Ablehnung wurde als „feindselige Zurückweisung“ gehandelt. Den dritten Faktor konnten die Forschenden als „durchsetzungsfähige Zurückweisung“ identifizieren und dieser zeichnet sich durch direkte Kommunikation des Abweisungsgrundes, ohne Rücksicht auf negative Emotionen im Gegenüber aus. Als vierte Art wurde die „ablenkende Zurückweisung“ definiert, welche sich durch Passivität und nonverbales Ausweichen der sexuellen Avancen des Partners, der Partnerin auszeichnet.

Am höchsten war die Zufriedenheit mit der Sexualität und Beziehung, wenn eine merkliche Reaktionsfähigkeit sowie positive Wertschätzung des abweisenden Gegenübers erkennbar war. Auch wurde durch diese beruhigende Form der Zurückweisung ein verbessertes Eingehen auf die Bedürfnisse empfunden. Im starken Kontrast dazu stehen die Ergebnisse für feindseliges Verhalten, wonach hier die empfundene Zufriedenheit mit der Sexualität sowie der Beziehung generell deutlich negativ ausfällt. Die Forschenden sehen zudem auch die zukünftigen Initiierungen von Sex durch feindselige Zurückweisung gefährdet.

Für die „durchsetzungsfähige“ oder „ablenkende“ Form der Zurückweisung wurden jedoch keine eindeutigen Belege für mehr oder weniger Zufriedenheit in der Beziehung gefunden. Dies bedeutet nicht, dass sich diese Arten der Abweisungen nicht trotzdem negativ auf die individuelle Beziehung auswirken können.

Zusammenfassend ist es bei sexueller Unlust für eine Beziehung vorteilhafter dies mit wertschätzendem und liebevollem Verhalten zu zeigen. Dies kann vom Gegenüber gut aufgenommen werden und sehr wahrscheinlich keine negativen Auswirkungen auf die weitere Liebesbeziehung haben. Jetzt wirst Du bestimmt denken: „Ja, klar! Wer möchte schon feindselig abgewiesen werden?!“ In der psychologischen Forschung werden aber auch häufig Erkenntnisse gewonnen, die dem allgemeinen "Bauchgefühl" widersprechen, oder detaillierter aufklären, wie die Dinge zusammenhängen. Daher lohnen auch scheinbar einfache Fragen der näheren Betrachtung

 

Verfasst von Ina Schaunig (Klagenfurt) - veröffentlicht am 24.11.2021

Kim, J. J., Muise, A., Sakaluk, J. K., Rosen, N. O. & Impett, E. A. (2020). When tonight is
not the night: Sexual rejection behaviors and satisfaction in romantic relationships.
Personality and Social Psychology Bulletin, 46 (10), 1476–1490.

Von Trennungen, Geistern und dem Schicksal

Cupcake als Geist dekoriert

Foto: PublicDomainPictures

Aktuell begegnen uns überall gruselige Skelette und Zombies und vielleicht auch der ein oder andere Geist zur Halloween-Saison. Wer ist schon bei Ihnen durchs Leben gegeistert, ganz egal, ob es nun Ende Oktober war oder nicht? Haben Sie schon einmal erlebt, dass jemand unvermittelt sämtlichen Kontakt zu Ihnen abgebrochen hat und nicht mehr auf Ihre Kontaktversuche reagiert hat? Falls ja, dann ist es Ihnen wohl auch schon passiert – sie wurden „geghosted“.
Und was haben nun Geister mit Trennungen zu tun und wie hängt der Glaube ans Schicksal mit diesem Spuk zusammen?

Eine Studie von Gili Freedman, Darcy N. Powell, Bejamnin Le, Kiling D. Williams (2018)

Ghosting – was hat es damit auf sich?

​„Ghosting“ beschreibt eine Art des Beziehungsabbruchs, bei der sämtlicher Kontakt zum/zur Noch-Partner:in abgebrochen wird. Es handelt sich demnach um eine einseitige Form der Trennung, bei der das Ghosting-Opfer anfänglich gar nicht recht versteht, was eigentlich los ist – ihre bessere Hälfte hat sich schlicht in einen Geist verwandelt.

Sicherlich ist das „Ghosting“ kein vollkommen neues Beziehungsphänomen, aber durch das Aufkommen moderner Kommunikationsmittel hat es größere Verbreitung gefunden. Wenn Beziehungen heutzutage mittels WhatsApp, Facebook & Co begonnen werden, wieso sollten sie sich nicht auch auf genau diesem Weg beenden lassen, indem sämtliche Kommunikationskanäle abgeschaltet werden?
Beim Ghosting handelt es sich noch um ein recht neues Forschungsfeld, sodass sich einige spannende Fragen ergeben: Wie häufig lässt sich das Ghosting tatsächlich bei Erwachsenen beobachten? Und welche Personen neigen eher dazu eine Beziehung auf diesem Weg zu beenden?

Ghosting und Schicksal

Gili Friedmann vom Dartmouth College in den USA ist diesen und weiteren Fragen gemeinsam mit Ihren Kolleg:innen im Rahmen von zwei Studien nachgegangen. Auf Grundlage einer Stichprobe von 554 bzw. 747 Personen konnten sie zeigen, dass beinahe ein Viertel der Befragten schon einmal dem Ghosting zum Opfer fielen. Ein knappes Fünftel der Befragten hat hingegen angegeben, dass sie bereits selbst jemanden in der Vergangenheit geghostet haben.

Ganz besonders haben sich die Wissenschaftler:innen dafür interessiert, wie sich Ghosting-Einstellungen und -Erfahrungen durch verschiedene Grundüberzeugungen zu romantischen Beziehungen erklären lassen. Dabei haben sie zwischen sogenannten Schicksalsüberzeugungen und Wachstumsüberzeugungen unterschieden.
Von Schicksalsüberzeugungen spricht man, wenn Menschen davon überzeugt sind, dass die Liebe dem Schicksal unterliegt und es den/die eine:n Seelenverwandte gibt, für die man bestimmt ist. Personen mit Wachstumsüberzeugungen sind dagegen der Auffassung, dass Beziehungen mit der Zeit wachsen und sich durch Herausforderungen entfalten und verbessern können.

Was würden Sie denken? Welche dieser Überzeugungen gehen eher mit der Ghosting-Methode einher: der Glaube ans Schicksal oder ans Wachstum in Liebesbeziehungen?

Die Wissenschaftler:innen fanden heraus, dass Ghosting als Trennungsmethode vor allem bei Personen Anklang fand, die davon überzeugt waren, dass sie für genau einen Menschen vorbestimmt sind. Diese Personen zeigten positivere Einstellungen zum Ghosting, zogen es eher als Trennungsstrategie in Erwägung und haben Ghosting schon häufiger selbst praktiziert.

Der Glaube ans Wachstum in Beziehungen schien dagegen eine untergeordnete Rolle zu spielen. Es zeichnete sich jedoch ab, dass Personen, die eher davon überzeugt waren, dass sich Beziehungen weiterentwickeln können, negativere Einstellungen zum Ghosting hatten und dies eher nicht als Strategie zur Beendigung einer Beziehung in Erwägung ziehen würden.

Wie lässt sich dieser Zusammenhang erklären?

Die Wissenschaftler:innen schlussfolgern, dass Menschen, die in puncto Liebe stärkere Schicksalsüberzeugungen besitzen, womöglich drastischer mit dem Schicksal ihrer Beziehungen umgehen: Wenn sie für sich selbst herausgefunden haben, dass sie als Paar nicht für einander bestimmt sind, wird die Beziehung zügig beendet – getreu dem Motto „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“. Sicherlich stellt das Ghosting als Trennungsstrategie eine ziemlich zuverlässige Methode für einen erheblichen Schrecken dar.
 


Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Jenna Wünsche (Basel) - veröffentlicht am 31.Oktober 2021

Was ist eigentlich Prokrastination?

Kalender mit markiertem Datum

Foto: Basti93

Ich verschiebe niemals auf morgen, was sich auch übermorgen erledigen lässt!

(Oscar Wilde)

An kaum einem Ort kann man das Phänomen der Prokrastination so gut beobachten wie in einer Universitätsbibliothek am Ende des Semesters. Während in den Monaten zuvor einige wenige Personen regelmäßig an den Plätzen sitzen um Stück für Stück ihren Zielen näher zu kommen, drängen sich dort in den Wochen vor der Abgabe oder der Prüfung die Studierenden mit rauchenden Köpfen, vom Koffein bis in die Abendstunden wach und konzentriert gehalten. „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“ sagt ein Sprichwort, dem wohl die frühzeitig und kontinuierlich arbeitenden Studierenden im Laufe des Semesters anhängen. „Unter Druck entstehen Diamanten“ könnten diejenigen antworten, die lieber warten, bis es (fast) schon zu spät ist.

Aber wer hat recht?  Und wie unterscheiden sich die frühen Vögel von den auf-den-letzten-Drücker-Liebhabern?

Das Aufschieben bis kurz vor Schluss und die Persönlichkeit

Prokrastination bedeutet, freiwillig Aufgaben aufzuschieben, trotz des Wissens, dass man es dadurch am Ende schwerer haben wird. Laut der psychologischen Forschung haben Menschen, die mehr prokrastinieren als andere, weniger Selbstwirksamkeitsgefühl. Sie sind weniger gewissenhaft und leichter ablenkbar, haben weniger Selbstkontrolle und Erfolgsmotivation. Es kommt noch hinzu, dass sie im Schnitt schlechtere Leistungen erbringen und auch eine generell schlechtere Stimmung berichten als die fleißigere, rechtzeitig arbeitende Vergleichsgruppe.

Der Hoffnungsschimmer für die Aufschieber: Aktiv prokrastinieren!

Als Gegenentwurf zum Bild der schlecht gelaunten, weniger erfolgreichen Trödler haben Choi und Moran (2009) den Begriff der aktiven Prokrastination geprägt. Aktiv prokrastinieren tun demnach Menschen, die absichtlich Aufgaben sehr spät erledigen, weil sie es bevorzugen, unter Zeitdruck zu arbeiten, trotzdem die gewünschten Ergebnisse zur Deadline erreichen und sich daher bewusst zum Prokrastinieren entscheiden. Sie sind sozusagen die erfolgreichen „Prokrastinierer“, außerdem eher extravertiert und weniger ängstlich als die Vergleichsgruppe.

 

Im Oktober 2021 (8. Befragungswelle von PASSTExterner Link) können Sie herausfinden, wie sehr Sie, im Vergleich zu anderen, zum Prokrastinieren neigen. Ob Sie damit zufrieden und erfolgreich sind, wissen jedoch nur Sie selbst…

 

Veröffentlicht pünktlich zur neuen Welle - ups, da wurde wohl etwas zu lange prokrastiniert - am 04. Oktober 2021

Schatz, bin ich zu dick?

Mann misst seinen Bauchumfang

Foto: jarmoluk

In unserer heutigen Welt, geprägt von Social-Media-Plattformen wie Instagram und Facebook, sind wir ständig von Schönheitsidealen umgeben. Doch nicht nur Medien, sondern auch die Ansichten von Familie und Freunden führen zu einer Internalisierung dieser Ideale. Diese sind meist weit vom Durchschnitt der Realität entfernt. In den USA sind 75% der Menschen im mittleren Erwachsenenalter nach dem Body-Mass-Index übergewichtig oder adipös.  Gleichzeitig suggerieren Abnehm-Apps und Zeitschriften, dass nur das „Ideal“ der schlanken Frau eine glückliche Beziehung führen könne.  Die wahrgenommene oder objektive Diskrepanz zwischen dem eigenen Körper und den westlichen Idealvorstellungen verursacht bei vielen Menschen Sorgen bezüglich ihres Gewichts. Diese Sorgen zeigen sich in der Angst vor dem Zunehmen, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, wiederholten Abnehmversuchen und vielem mehr. Doch nicht nur das eigene Wohlbefinden, sondern auch die Beziehungszufriedenheit kann unter den Gedanken um das Gewicht leiden.

Eine Studie von Hochgraf, A. K., & McHale, S. M. (2020)

Wie sehe ich dich, wie siehst du mich?

Die zugrundeliegende Studie befragte 197 heterosexuelle verheiratete Paare mit Kindern im Jugendalter zu ihrer Beziehungszufriedenheit, der Konflikthäufigkeit in der Ehe und der Wahrnehmung ihres eigenen Gewichts und dem Gewicht ihres*ihrer Partner*in. Sie konnten das Gewicht dabei auf einer 7-Punkt-Skala einschätzen (1 = untergewichtig, 4 = genau richtig, 7 = übergewichtig). Alle Paare wurden nach einem Jahr erneut befragt, um zu schauen, inwiefern sich die gemessenen Variablen verändern.

Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass die Wahrnehmung des Gewichts des*der Partner*in und die eigenen Gewichtssorgen weder die selbstberichtete Konflikthäufigkeit noch die Beziehungszufriedenheit beeinflussen.
Die Autor*innen finden jedoch einen geschlechtsspezifischen Partnereffekt, was bedeutet, dass je höher gewichtig die männlichen Probanden ihre Partnerinnen einschätzten, desto höher schätzten die Frauen die Konflikthäufigkeit und Beziehungsunzufriedenheit ein Jahr später ein.
Ein weiterer gefundener Effekt beschreibt, dass die Individuen, deren Partner*innen wenig Sorgen um ihr Gewicht haben, die wahrgenommene Konflikthäufigkeit höher einschätzten, sobald sie sich selbst Sorgen um ihr Gewicht machen.
Genauso negativ beeinflusste es die Beziehung nach einem Jahr, wenn eine Person die andere Person als übergewichtig einstuft und selbst von ihrer*ihrem Partner*in als dünn eingestuft wurden. Wenn also die Sorgen um das Gewicht, oder das Gewicht beider Partner*innen nicht zusammenpasste, sagte dies dementsprechend Rückgänge in der Ehezufriedenheit vorher.

Die geschlechtsspezifischen Ergebnisse führen die Autor*innen der Studie auf unterschiedliche Sozialisationsprozesse zurück, die dafür sorgen, dass Frauen stärker von dem gesellschaftlichen Bild der Wichtigkeit physischer Attraktivität bestimmt werden. Dennoch zeigte sich, dass auch Männer negativ beeinflusst werden, wenn sie sich selbst als übergewichtig und ihre Partnerin als dünn einstufen. Insgesamt stuften Frauen ihre Ehemänner jedoch häufiger als übergewichtig ein als umgekehrt.

Zuletzt spielt möglicherweise auch das gegenseitige Verständnis eine wichtige Rolle, um zu verstehen, weshalb sich die Beziehungszufriedenheit ändert. Menschen, die sich selbst Sorgen um ihr Gewicht machen und sich in einer Partnerschaft mit einer anderen Person befinden, die diese Gedanken nicht hat, könnten sich schlichtweg nicht verstanden fühlen und deshalb unzufriedener sein. Die Interdependenztheorie führt dieses Phänomen darauf zurück, dass eine Inkompatibilität zwischen persönlichen Merkmalen oder Einstellungen beider Partner*innen dazu führen kann, dass die Beziehung für eine Person nicht länger bereichernd ist.

Insgesamt beeinflussen Schönheitsideale uns und unsere Beziehungen. Die adäquate und konstruktive Kommunikation über das Gewicht ist in unserer Gesellschaft nach wie vor schwierig. Es gibt weiterhin Forschung auf diesem Gebiet, um die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen und geeignete Interventionen zu finden.

 

Verfasst von Amina Aissaoui (Jena) - veröffentlicht am 20. September 2021

Welchen Schwager sich die Schwester aussuchen würde...

Zwei Schwestern sitzen nebeneinander auf einer Bank

Foto: kevinbism

Geschwisterliebe, Geschwisterrivalität… Was für Partner*innen wünschen sich unsere Geschwister für uns? - Psychologen aus Norwegen haben herausgefunden, dass Schwestern sich nicht einig darüber sind, was eine Person attraktiv macht, und dass ihre Antworten davon abhängen, ob sie einen Partner für sich selbst oder für ihre Schwester auswählen.

Eine Studie von Biegler und Kennair (2016)

In vielen Kulturen wählen die Eltern den Ehepartner oder die Ehepartnerin für Ihre Kinder aus. Dabei verwenden sie nicht immer dieselben Kriterien wie ihre Kinder. Geschwister dagegen haben traditionell weniger Einfluss auf die Partnerwahl der anderen, aber Geschwisterrivalität ist genauso vorhanden, wie der Konflikt zwischen den Eltern und ihren Kindern. Aber wie und warum sind Geschwister sich uneinig darüber, was einen perfekten Partner oder eine perfekte Partnerin ausmacht?

Die Forschung

Robert Biegler und Leif Edward Ottesen Kennair rekrutierten rund 300 Schwestern für die Teilnahme an ihrer Studie. Diese Frauen beurteilten 133 Merkmale dahingehend, wie wichtig diese für einen potentiellen Langzeitpartner sind, wobei sie zuerst an einen Partner für sich selbst und dann an einen Partner für ihre Schwester dachten.
 
Die Merkmale waren in zwei Gruppen aufgeteilt: Solche, die von „Verträglichkeit“ sprachen (zB. unterstützend, nett, freundlich, gesellig) und andere, die mehr mit „Sexiness“ zu tun hatten (zB. verführerisch, charmant, abenteuerlustig).
 
Generell hielten Frauen bei einem Partner Verträglichkeit für wichtiger als Sexiness. Die Präferenzen variierten jedoch, abhängig davon, ob die Frauen für sich selbst oder für ihre Schwester urteilten. Frauen wollten zwar für sich selbst und ihre Schwester einen verträglichen Partner, aber möchten lieber einen sexy Ehemann als einen sexy Schwager. Eigene Partner sollen also charmant, leidenschaftlich und verspielt sein; Schwager dagegen sollen vernünftig sein und wissen, wie man Grenzen setzt. 

Frauen möchten einen verträglichen Partner für sich selbst und ihre Schwester, bevorzugen aber einen sexy Partner für sich selbst.

Warum diese Rivalität zwischen Geschwistern?

Warum sind sich die Geschwister trotz einer Tendenz zur Übereinstimmung nicht einig darüber, wie sexy ihre Partner sein sollten?
 
Die Argumentation hinter diesen Ergebnissen lautet folgendermaßen: Wir teilen 50% unserer Gene mit unseren Vollgeschwistern. Weil es beim Spiel des Lebens – evolutionär gesprochen - darum geht, unsere Gene an die nächste Generation weiterzugeben, sollten wir alle daran interessiert sein, was unsere Geschwister mit den Genen machen, die wir teilen. Genauso wie ich meine eigenen Gene weitergeben möchte, möchte ich auch, dass meine Geschwister ihre Gene weitergeben, denn die Hälfte von ihnen ist identisch mit meinen. Da wir aber nur die Hälfte unserer Gene teilen, sollte mich ihr evolutionärer Einfluss nur halb so sehr kümmern, wie mein eigener.
 
Dies ist relevant, wenn es darum geht, die Bedeutung von Sexiness bei einem Partner zu beurteilten, da Sexiness als vererbbar gilt. Wenn wir uns mit einem sexy Partner oder einer sexy Partnerin zusammentun, können wir die Vorteile dieser guten Gene unseren Nachkommen weitergeben. Ein sexy Schwager oder eine sexy Schwägerin bringt uns persönlich dagegen weniger. Stattdessen sollten wir einen verträglichen oder grosszügigen Partner für unsere Geschwister bevorzugen, der dann für die ganze Familie Vorteile bringt.
 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Robert Burriss - veröffentlicht am 01. September 2021

Wer macht Selfies? - die Persönlichkeit der Selfie-Kings/Queens

Paar schießt ein Selfie auf einem Steg

Foto: StockSnap

Der Sommer ist da, die Corona-Lage hat sich verbessert und für viele stehen nun wieder etliche Events, Jahresurlaub etc. an. Das wird von vielen auf Social Media Plattformen geteilt – und was eignet sich dazu besser als ein Selfie? Und wie sieht es im Alltag mit Selfies aus? Psychologen und Psychologinnen aus Deutschland und Polen decken die Persönlichkeitseigenschaften von „Selfie-Süchtigen“ auf.

Eine Studie von Agnieszka Sorokowska, Anna Oleszkiewicz, Tomasz Frackowiak. Katarzyna Pisanski, Anna Chmiel, und Piotr Sorokowski (2015)

Mehr als 200'000 Fotos werden auf Facebook jede Minute hochgeladen. Viele dieser Fotos sind Selfies: Schnappschüsse, auf denen wir uns selbst festhalten. 

Warum machen wir so viele Selfies und warum laden wir diese auf soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram und Snapchat hoch? Um dies herauszufinden, testeten Psychologen und Psychologinnen aus Deutschland und Polen die Persönlichkeit von Personen, die in sozialen Medien aktiv Selfies posten. 

Unsere Selfiefrequenz: geschlechtsspezifisch?


Im ersten Experiment ließ das Forschungsteam 748 Männer und Frauen die Anzahl der Selfies zählen, die sie im letzten Monat in sozialen Netzwerken gepostet hatten. Zudem füllten die Freiwilligen drei Persönlichkeitsfragebögen aus: Die Rosenberg Selbstwert-Skala, die Extraversions-Skala vom NEO-Fünf Faktoren Inventar und den Murray sozialen Exhibitionismus Index. 

Die Teilnehmenden berichteten, dass sie bis zu 350 Bilder gepostet haben, auf denen nur sie selbst auf, zu sehen waren. Hinzu kamen bis zu 100 Selfies mit dem Partner oder der Partnerin (manchmal als „Relfies“ bezeichnet), sowie bis zu 200 Gruppen-Selfies mit Freunden.

Frauen posteten signifikant mehr eigene Selfies und Gruppen-Selfies als Männer: Weibliche Freiwillige luden im Durchschnitt 6.7 eigene Selfies pro Monat hoch, während Männer nur 3.3 hochluden. Auch bei den Gruppen-Selfies zeigte sich ein Geschlechtsunterschied, sodass Frauen im Durchschnitt 6.1 pro Monat posteten und Männer nur 2.6. Die Anzahl von geposteten Relfies unterschied sich dagegen nicht signifikant zwischen Frauen (1.2 pro Monat) und Männern (1.72 pro Monat).

Die Rolle der Persönlichkeit


Weitere Analysen zeigten, dass Männer und Frauen mit hohen Werten in Extraversion und sozialem Exhibitionismus mehr Selfies posteten. Zwischen dem Selbstwertgefühl und dem Posten von Selfies zeigte sich jedoch kein Zusammenhang. Bei Männer und Frauen mit einem großen Ego sowie bei denen mit lähmenden Selbstzweifeln ist also die Wahrscheinlichkeit Selfies zu teilen gleich groß.

Aber woher wissen wir, dass die Teilnehmenden die wahre Anzahl geposteter Selfies verrieten? Möglicherweise tendieren Exhibitionisten dazu, ihre Präsenz in den sozialen Medien zu unterschätzen, während Introvertierte überschätzen, wie häufig sie ihre Profilbilder updaten. In einer zweiten Studie ließ das Forschungsteam daher Freunde der Studierenden deren Facebook-Seiten analysieren (natürlich mit Einverständnis), um so die exakte Anzahl von Selfies zu erhalten. 

Die Resultate dieser zweiten Studie waren identisch mit denen der ersten Studie, außer dass sich nun ein Zusammenhang zwischen der Anzahl Selfies und dem Selbstwertgefühl zeigte, zumindest bei den Männern. Männer mit hohem Selbstwertgefühl posteten tendenziell mehr eigene Selfies, jedoch nicht mehr Relfies oder Gruppen-Selfies.
Warum fand das Forschungsteam in der einen Studie keinen Zusammenhang zwischen Selbstwertgefühl und Selfies und in der anderen Studie schon? Sie sagen, dass „eine Erklärung der [...] Unterschiede darin besteht, dass wir die Aktivitäten in Bezug auf Selfies in Studie 1 in einer breiten Palette von sozialen Medien und in Studie 2 nur auf Facebook gemessen haben.“ Vielleicht ist Facebook für selbstabsorbierte Männer für das Teilen von Selfies besonders attraktiv.“

Das Forschungsteam, das von Agnieszka Sorokowska von der TU Dresden geleitet wurde, stellte ebenfalls fest, dass in früheren Studien der Zusammenhang zwischen dem Selbstwertgefühl und dem Verhalten auf sozialen Medien unklar geblieben ist.
„Einerseits könnten Menschen mit hohem und stabilem Selbstwertgefühl ihre Fotos gerne teilen, da sie weniger anfällig für mögliche Kritik sind. Andererseits könnten Menschen mit niedrigem Selbstwertgefühl eher bereit sein, Online-Eigenwerbung zu betreiben, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern.“

Wir wissen auch nicht sicher, ob ein hohes Selbstwertgefühl Männer dazu bringt, mehr Selfies zu posten, oder ob das Posten von Selfies und das „Likes“-Zählen das Ego eines Mannes stärkt. 
 


Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Robert Burriss/M.Sc. Sabrina Brunner (Basel) - veröffentlicht am 17. Juli 2021

Was ist eigentlich Verspieltheit?

Kinder spielen mit Seifenblasen

Foto: MichaelGaida

Ja, natürlich wäre es möglich aufzustehen und das zerknüllte Blatt Papier in den Papierkorb zu werfen. Aber es macht doch viel mehr Spaß, das zerknüllte Blatt wie einen Basketball in Richtung Papierkorb zu werfen. Es macht auch viel mehr Spaß, so viele Stufen wie möglich auf einmal zu überwinden anstatt ganz einfach eine nach der anderen die Treppe hochzugehen…

Wenn es Ihnen ähnlich geht und Sie oft alltägliche Situationen spielerisch zu lösen versuchen, sind Sie möglicherweise eine verspielte Person. Verspieltheit (playfulness) bei Erwachsenen ist erst vor wenigen Jahren in den Fokus der Wissenschaft geraten und zählt, wie auch zum Beispiel Neugier, Optimismus und Self-Compassion, zum großen Feld der “positiven Psychologie”. Verspieltheit beschreibt dabei die Fähigkeit von Personen, alltägliche Situation so zu umgestalten, dass sie ämusant und unterhaltsam werden. Das bringt Spaß und begünstigt dadurch die Entstehung von positiven Emotionen und kann daher einen guten Teil zum allgemeinen Wohlbefinden beitragen. Auch mit Humor und einigen Persönlichkeitsmerkmalen—hier vor allem Extraversion und Offenheit für Erfahrungen ist Verspieltheit verwandt.

Verspieltheit hier und anderswo

Anders als Self-Mitgefühl, das Ursprüunge im traditionellen östlichen Buddhismus hat, ist Verspieltheit ein sehr “westliches” Phänomen. Im westlichen Kulturkreis wird Spielen oft mit Kreativität, Erholung, Ausprobieren (z.B. von Rollen) und Leichtigkeit verbunden. In östlichen Ländern wie zum Beispiel China hingegen wird Spielen häufig verbunden mit Faulheit und Ungehorsam. Tatsächlich konnte eine Studie zeigen, dass Verspieltheit in China im Durchschnitt geringer ausgeprägt ist als in einer vergleichbaren Stichprobe aus Deutschland. Zudem zeigte sich, dass Verspieltheit in China tendenziell in weniger Situationen als angemessen empfunden wird.

Verspieltheit in der Partnerschaft

Verspieltheit könnte in einer Partnerschaft für Spaß, Abwechslung und gute Laune sorgen und damit die Zufriedenheit mit der Partnerschaft günstig beeinflussen. Allerdings ist die Rolle von Verspieltheit in Partnerschaften noch nicht ausführlich untersucht worden. Allerdings sind in mehreren Studien Personen darüber befragt wurden, was Ihnen in einer Langzeitbeziehung wichtig wäre. Dabei zeigte sich, dass eine Eigenschaft wie Verspieltheit als durchaus sehr wünschenwert betrachtet wurde—etwa ähnlich wünschenswert wie Umgänglichkeit, Intelligenz und Attraktivität.

 

Wie verspielt sind Sie? Finden Sie es heraus in der aktuellen Erhebung von PASSTExterner Link!

Veröffentlicht am 01. Juli 2021

Die Geburt des ersten Kindes – Wie verändert sich die Lebenszufriedenheit von Paaren im Zusammenhang mit diesem einschneidenden Lebensereignis?

Baby liegt zwischen seinen Eltern

Foto: smpratt90

Neun Monate nach dem ersten Lockdown-Ende wurden im März 2021 so viele Kinder geboren, wie zuletzt im Jahr 1998. Eine große Veränderung im Leben eines Paares, die so einiges an Herausforderungen mit sich bringt und Anpassung erfordert - denn die Geburt des ersten Kindes zählt sicherlich zu den einschneidensten Erlebnissen, die Paare in Ihrem Erwachsenenleben gemeinsam durchlaufen.

Eine Untersuchung von Dyrdal und Lucas (2012)

Paradox der Elternschaft

Zahlreiche Studien haben sich bereits damit beschäftigt, welche Auswirkungen die Übernahme der Elternrolle auf die Beziehung und die frischgebackenen Eltern hat. Dabei hat sich beispielsweise gezeigt, dass die Beziehungsqualität und die Zufriedenheit mit sich selbst nach der Geburt des ersten Kindes tendenziell abnimmt, während Sorgen, Stress und Ängstlichkeit eher zunehmen. Gleichzeitig gibt es aber Hinweise darauf, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit im Gegensatz dazu stabil zu bleiben scheint – Wissenschaftler*innen sprechen in diesem Zusammenhang von dem „Paradox der Elternschaft“.
 
Dyrdal und Lucas haben dieses Phänomen einmal genauer unter die Lupe genommen. Dafür haben sie 1.967 Frauen und 1.705 Männer untersucht, die an einer repräsentativen, längsschnittlichen Befragung in Deutschland teilgenommen und im Verlauf Ihrer Teilnahme ein Kind bekommen haben. Das bietet den entscheidenden Vorteil, dass man für diese Personen sowohl Informationen über Ihre Lebenszufriedenheit vor der Elternschaft als auch über ihr Befinden nach der Geburt des ersten Kindes hat und somit in der Lage ist, Veränderungen durch das Ereignis abzubilden. Die Wissenschaftler*innen sind außerdem der Frage nachgegangen, wie ähnlich sich beide Elternteile in ihren Reaktionen auf das Ereignis sind und welche Persönlichkeitseigenschaften dazu beitragen, wie sich die allgemeine Zufriedenheit mit dem Leben im Laufe des Übergangs zur Elternschaft verändert.

Zufriedenheit & Persönlichkeit

Dabei haben sie herausgefunden, dass die Lebenszufriedenheit von Männern und Frauen in den drei Jahre rund um die Geburt des Kindes (im Vergleich zum Niveau der Vorjahre) bedeutsam angestiegen ist. Es hat sich allerdings auch gezeigt, dass dieser Anstieg für Frauen ein wenig höher ausgefallen ist als für Männer.
Leider scheint dieser positive Effekt jedoch nicht allzu lang anzudauern – in den folgenden Jahren ist die Lebenszufriedenheit der frisch gebackenen Eltern wieder auf das Anfangsniveau vor der Geburt abgefallen. Dieses Muster hat sich für Männer und Frauen in gleicher Weise gezeigt.

Für die Rolle der Persönlichkeitseigenschaften haben sich zwei spannende Befunde gezeigt: Zum einen weisen sowohl Männer als auch Frauen niedrigere Zufriedenheitswerte nach der Geburt des ersten Kindes auf, wenn sie emotional instabiler sind. Und zum anderen verzeichnen Männer, die offener für neue Erfahrungen sind, sowohl kurzfristig als auch langfristig stärkere Zufriedenheitsanstiege bei der Geburt des ersten Kindes, als Männer die weniger offen sind.
 
Alles in allem zeigt diese Studie, dass die Geburt des ersten Kindes, zumindest kurzfristig zu einer gesteigerten Lebenszufriedenheit führt, und dass beide Elternpaare diesen Aufschwung in ähnlicher Weise erleben. Im Hinblick auf Persönlichkeitseigenschaften scheint Offenheit für neue Erfahrungen einen positiven Einfluss zu nehmen, während emotionale Instabilität eher mit weniger günstigen Entwicklungen einhergeht.

Gute Nachrichten also für 2021: Der Baby-Boom bringt nicht nur eine neue Generation mit sich, sondern auch eine Erhöhung der Lebenszufriedenheit für die zahlreichen frischgebackenen Eltern.

 

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Jenna Wünsche (Basel) - veröffentlicht am 23. Juni 2021

Coke vs. Pepsi – welche Rolle spielen unsere Vorlieben für bestimmte Marken in unserer Beziehung?

Glas mit Cola

Foto: Lernestorod

Viele konnten die letzten Tage das schöne Wetter genießen… Sommer, Sonne und dann ein erfrischendes Getränk zu Abkühlung – perfekt! Vielleicht ein Glas Coca-Cola mit einer Scheibe Zitrone? Oder doch lieber prickelnde Pepsi?

In dieser Hinsicht haben viele Menschen einen klaren Favoriten und auch in Bezug auf andere Marken gibt es meistens eine Präferenz: ob nun Windows oder Apple, Adidas oder Nike, Audi oder Mercedes. Aber müssen wir uns in diesen Präferenzen einig sein in der Beziehung? 

Eine Studie von Danielle J. Brick, Grainne M. Fitzsimons, Tanya L. Chartrand, & Gavan J. Fitzsimons (2017)

Unser Alltag mit Marken

Menschen unterscheiden sich darin, welche Marken sie bevorzugen. Sei es in Bezug auf Kleidung, Autos, Computer oder auch auf Zahnpasta, Joghurt und Mineralwasser. Dadurch reduzieren Menschen die unendliche Produktauswahl, zeigen sich selbst und anderen, wer sie sind und lassen auch einen Teil der Persönlichkeit durchschimmern. Tendenziell kaufen, bewerten und konsumieren Menschen ihre Lieblingsmarken. Wenn wir jedoch in unserer Auswahl eingeschränkt werden und es uns nicht ermöglicht ist, nach unseren Lieblingsprodukten zu greifen, sind wir unzufriedener.

Was könnte Markenkompatibilität für eine Beziehung bedeuten?

Brick und Kolleg*innen wollten in einer kürzlich veröffentlichten Studie beleuchten, welchen Wert es für eine Partnerschaft hat, wenn beide Partner*innen die gleichen Marken mögen. Dieses Phänomen nannten die Autor*innen: Markenkompatibilität. Dabei gingen Brick und Kolleg*innen davon aus, dass die Markenkompabilität an sich mit mehr Lebenszufriedenheit einhergeht. Aber wenn diese Kompatibilität nicht gegeben ist, ein weiterer Punkt eine Rolle spielt, nämlich die Dominanz der jeweiligen Partner*innen: Die Person, die in der Partnerschaft dominanter ist, könnte nämlich stärker vorgeben, welche Marken gekauft und konsumiert werden und die etwas weniger dominante Person wäre somit in ihrem Konsumverhalten stärker eingeschränkt. Das heißt, wenn die Markenvorlieben von Partner*innen nicht übereinstimmen, zieht vor allem der*die weniger dominante Partner*in den Kürzeren, würde somit auch mehr Konflikte in der Partnerschaft wahrnehmen und eine tiefere Lebenszufriedenheit zeigen. Im Gegensatz dazu sollte die dominantere Person nicht in ihrer Konfliktwahrnehmung und Lebenszufriedenheit beeinträchtigt werden – so zumindest die Annahmen der Autor*innen.
 
Anhand sechs verschiedener Studien konnten die Autor*innen ihre Annahmen bestätigen: Paare, die gleiche Markenvorlieben zeigten waren glücklicher mit ihrem Leben. Wohingegen bei Partner*innen in Paaren, welche nicht die gleiche Markenpräferenzen zeigten, nur dann mehr Konflikte und eine tiefere Lebenszufriedenheit berichteten, wenn die Partner*innen wenig Dominanz zeigten.
 
Wenn Sie nun zu Weihnachten Ihre Geschenke vergleichen, können Sie vielleicht sehen, ob bei Ihnen „Markenkompatibilität“ gegeben ist, wenn ja: Glückwunsch! Wenn nein, hoffen wir, dass Sie sich im nächsten Jahr auch manchmal durchsetzen können und den Sprung von Odol med auf Colgate schaffen.   


 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 06. Juni 2021

Wie hängt die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper mit der Sexualität eines Paares zusammen?

Silhouette eines Paares am Wasser

Foto: sabriya1105

 

Wie wichtig ist es eigentlich für den Sex, dass ich mich selbst attraktiv finde? Die aktuelle Studie zeigt, dass die eigene Körperzufriedenheit nur eine wichtige Zutat für die Sexualität eines Paares darstellt. 

Eine Studie von Ruiyue Zhaoyang and M. Lynne Cooper (2013)

 

Wie zufrieden Menschen mit ihrem Körper sind, das heißt, was sie über ihren Körper denken, darüber fühlen und welche Einstellung sie ihrem Körper gegenüber haben, könnte mit ihrem sexuellen Erleben einhergehen. Da der Körper im Mittelpunkt des Geschehens steht, könnten Personen, die zufriedener mit ihrem Körper sind, auch eine höhere Qualität in ihrer Sexualität erfahren und zufriedener mit ihrer Sexualität sein.
 

Ein neuer Versuch


Solche Zusammenhänge wurden in vergangenen Untersuchungen zwar gefunden, aber meistens mittels querschnittlicher Studien (alles wurde nur einmal gemessen) und oftmals wurden ausschließlich Frauen untersucht. Die Studie von Zhaoyang und Cooper der University of Missouri-Columbia hatte deshalb zum Ziel in einer Tagebuchstudie über 30 Tage hinweg gegengeschlechtliche Paare zu untersuchen, um zu testen, wie die Zufriedenheit mit dem eigenen Körper und mit dem Körper des*der Partner*in mit der Sexualität zusammenhängen.
 
Die Autorinnen untersuchten insgesamt 124 Paare im Alter zwischen 18 und 47 Jahren. Die Paare erhielten individuelle Palm Pilots, ein elektronisches Gerät mit dem sie täglich Fragen zu ihrer eigenen Körperzufriedenheit, ihrer Zufriedenheit mit dem Körper des*der Partner*in und zu ihrer Sexualität beantworteten. Sexualität wurde auf verschiedene Weise gemessen: Die Qualität des sexuellen Ereignisses (Erregung, Intimität und Zufriedenheit während und mit dem Sex), negative Stimmung während dem Sex und wie oft die Paare sexuell aktiv waren.
 

Geschlechtsunterschiede und mehr…


Als erstes fanden die Autorinnen Geschlechtsunterschiede in den einzelnen untersuchten Merkmalen: Frauen hatten eine tiefere Zufriedenheit mit dem Körper ihrer Partner, berichteten eine tiefere sexuelle Qualität und erlebten mehr negative Gefühle während dem Sex. Überraschenderweise unterschieden sich Frauen aber nicht von Männern in ihrer eigenen Körperzufriedenheit.
 
Zu den wichtigen Ergebnissen gehörte, dass die eigene Körperzufriedenheit alleine nicht ausschlaggebend für die Sexualität war, sondern dass sie besonders bedeutsam in Kombination mit der Zufriedenheit in Bezug auf den Körper des*der Partner*in war. Das heißt, der Effekt der eigenen Körperzufriedenheit auf die sexuelle Qualität hing damit zusammen, ob man gleichzeitig auch zufrieden mit dem Körper des*der Partner*in war. Negative Gefühle während des Sex waren am tiefsten, wenn man zufrieden mit dem eigenen Körper und dem Körper des Gegenübers war. Zudem hatten diejenigen Paare am häufigsten Sex, die eine ähnliche Zufriedenheit mit ihrem eigenen Körper und demjenigen des*der Partner*in hatten. In anderen Worten: Wenn Paare sich selbst und den*die Partner*in ähnlich attraktiv fanden, berichteten die Paare häufiger Sex.
 
Die Gleichung zwischen der Zufriedenheit mit dem eignen Körper und der Sexualität ist also nicht so einfach, wie in früheren Studien angedeutet, da die Wichtigkeit des Attraktivitätsempfindens scheinbar über den eigenen Körper hinausgeht. Für häufigen, guten und von positiven Gefühlen geprägten Sex ist es also wichtig, dass beide Parteien einander als attraktiv erleben und nicht nur sich selbst.
 
 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 19. Mai 2021

Die drei schönsten Worte

Liebeserklärung im Sand

Foto: Engin_Akyurt

Der Frühling hat Einzug gehalten und mit ihm erblühen nicht immer nur Blumen, sondern bei dem ein oder anderen vielleicht auch zarte Frühlingsgefühle… Aber wann und wie sagen sich die drei schönsten Worte am besten? Immerhin ist und bleibt das Liebesgeständnis in romantischen Beziehungen ein ganz besonderer Moment.

Eine Studie von Joshua M. Ackerman, Vlada Griskevicius, und Norman P. Li (2011)

„Ich liebe dich“ sind drei Worte, die schon vielerlei Hoffnung, Hingabe, Opfer und leider auch Tragödien verursacht haben. Wir bekunden wichtigen Personen wie unseren Eltern, Geschwistern und Kindern, sowie Freunden unsere Zuneigung. Trotzdem ist es ein wichtiger Meilenstein in einer romantischen Beziehung, wenn die drei magischen Worte „Ich liebe dich“ fallen.

Forscher aus den USA und Singapur haben sich mit der Liebeserklärung in romantischen Beziehungen beschäftigt und sind besonders der Frage nachgegangen wer wann die Liebeserklärung macht und welche Bedeutung Liebeserklärungen beigemessen werden.

Geschlechtsunterschiede

Die Autoren führten mehrere Studien durch und befragten die Teilnehmenden zu ihren Vorstellungen, wie Liebeserklärungen durchschnittlich abliefen (Studie 1) und welche Erfahrungen sie in ihren vergangenen (Studie 2) und aktuellen Beziehungen (Studie 3) gemacht haben. In der ersten Studie zeigen die Ergebnisse, dass Personen denken, dass eher Frauen frühe Liebesbekundungen machen als Männer.  Im Gegensatz dazu berichteten die Teilnehmenden der zweiten und dritten Studie, dass Männer durchschnittlich zuerst die magischen drei Worte aussprachen und auch durchschnittlich früher darüber nachdachten, es ihrer Partnerin zu sagen.

Timing

In einer großangelegten Umfrage von YouGov wurden volljährige deutsche Teilnehmende gefragt, wann das früheste Mal war, dass Sie einem neuen Partner ihre Liebe erklärt haben. Ein Fünftel war schon nach einer Woche bereit, 23% nach einem Monat und 15% waren nach drei Monaten bereit ihre Liebe zu gestehen. Der Großteil der Befragten bekundeten ihre Liebe also schon innerhalb der ersten 90 Tage aus. Aber ab wann freuen sich die Empfänger einer Liebeserklärung am meisten? Und welche Bedeutung haben frühe Liebeserklärungen für das Gegenüber? Ackerman und Kollegen befragten die Teilnehmenden in einer weiteren Untersuchung unter anderem auch danach, welche Bedeutung oder Funktion sie einer besonders frühen Liebeserklärung zuschreiben. Frauen tendierten eher dazu zu denken, dass der Mann eine frühe Liebeserklärung mache, um den sexuellen Kontakt zu steigern. Im Gegensatz dazu verstanden Männer hinter einer frühen Liebeserklärung einer Frau vor allem, dass sie die Beziehung stärken und vertiefen möchte.
 
Wann aber löst die Liebeserklärung das meiste Glück aus? Ackerman und Kollegen unterteilten dabei die Beziehungslänge nicht in Wochen oder Monate, sondern in zwei Zeiträume: Die Zeit bevor das Paar den ersten gemeinsamen Sex erlebte und die Zeit danach. In verschiedenen Befragungen fanden die Autoren, dass es bei Männern keinen substanziellen Unterschied machte, ob die Liebeserklärung in der Zeit vor oder nach dem ersten Sex ausgesprochen wurde. Bei Frauen zeigten sich jedoch Unterschiede. In der Beziehungsphase vor dem ersten Sex waren die Frauen im Vergleich zu Männern weniger glücklich eine Liebesbekundung empfangen zu haben. Dies gemäß den Autoren, weil die Liebeserklärung als weniger glaubwürdig eingestuft wurde – vielleicht möchte der Mann ja nur Sex! Nachdem das Paar schon sexuellen Kontakt gehabt hatte, berichteten Frauen im Vergleich zu Männern ein stärkeres Glücksempfinden, wenn ihnen der Partner zum ersten Mal gesagt hat, dass er sie liebt. Fazit: Das Timing des Liebesgeständnisses prägt auch dessen Bedeutung für das Gegenüber.


 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann - veröffentlicht am 02. Mai 2021

Familie und Arbeit – Bereicherung oder Bedrohung?

WorkLifeBalance - Laptop und Kinderspielzeug

Foto: Anrita1705

Work-Life Balance ist in der heutigen Zeit ein hochaktuelles Thema und wird für viele nun seit über einem Jahr schon auf eine ganz besondere Probe gestellt. Speziell gehört dazu auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, denn Arbeit und Familie sind für viele Menschen zwei der wichtigsten Lebensbereiche. Doch funktioniert der Balanceakt oder leidet unweigerlich einer der beiden Bereiche?

Studien von Jesse Michel, Lindsey Kotrba, Jacqueline Mitchelson, Malissa Clark und Boris Baltes (2011) sowie Laurent Lapierre, Yanhong Li, Ho Kwong Kwan, Jeffrey Greenhouse, Marco DiRenzo und Ping Shao (2016)

 

Ein ganz besonderer Balanceakt

Die Gründung einer eigenen Familie ist für viele Paare irgendwann ein Thema und stellt Paare oft vor herausfordernde Fragen: Wollen wir das eigentlich? Und was bedeutet das für den Beruf? Ist es überhaupt möglich, eine erfolgreiche Karriere mit einer Familie zu kombinieren – oder kommt es dabei zwangsläufig zu Problemen?
 
„Du arbeitest zu viel, nie hast du Zeit für mich und unsere Kinder!“ Oder „Wir brauchen Sie heute hier, wo sind Sie mit Ihren Gedanken?“ Sowohl eine Familie, als auch die Arbeit fordern Zeit und Energie. Ressourcen, die nur beschränkt vorhanden sind, wobei ein Mangel zu Konflikten zwischen den beiden Bereichen führen kann. Diese Zerrissenheit ist wiederum sehr belastend und kann zu erhöhter Anspannung und depressiven Verstimmungen führen.
 
Gleichzeitig schaffen sowohl das Familienleben als auch die Arbeitswelt Lebensqualität und Ressourcen, die auch für den jeweils anderen Bereich nützlich sind. Dies können beispielsweise materielle Ressourcen wie Geld sein, die durch Arbeit erworben werden und auch für die Familie oder Partnerschaft Möglichkeiten eröffnen. Aber erworbene Fähigkeiten, wie beispielsweise Leitungserfahrung, oder eine höhere Lebenszufriedenheit spielen eine Rolle, denn wir alle wissen; zufriedene Menschen sind angenehmer im Umgang - egal ob in der Arbeit, in der Partnerschaft oder in der Familie.

Die Frage ist also:

Beruf und Familie – Konflikt oder Bereicherung?


Die Forschung zeigt: Es kommt darauf an...
 
Die Forschungsgruppe um Jesse Michel aus Florida widmete sich der Frage, welche Faktoren zu vermehrtem Konflikt zwischen Arbeit und Familie führen. Dabei untersuchte sie die Forschungsbefunde von beinahe 150 bisherigen Studien und konnte zeigen, dass insbesondere Stress bei der Arbeit oder in der Familie, sowie eine zu hohe Arbeitsbelastung, mit einem verstärkten Konfliktpotential zwischen den beiden Bereichen zusammenhängen.
 
Doch Arbeit und Familie muss nicht immer als eine doppelte Belastung empfunden werden. Laurent Lapierre, ein Psychologe aus Kanada, und sein Team untersuchten Faktoren, die dazu beitragen, dass die Kombination von Familie und Arbeit als bereichernd wahrgenommen wird. Dazu berücksichtigen sie die Resultate von rund 170 bisherigen Studien. Dabei zeigte sich, dass Personen, die sich von der Familie sowie den Arbeitskollegen oder Kolleginnen unterstützt fühlen, die Kombination auch eher als bereichernd empfinden. Auch eine familienfreundliche Unternehmenspolitik und Arbeitskultur sowie mehr Autonomie bei der Arbeit scheinen dies zu fördern.
 
Und natürlich spielen auch persönliche Eigenschaften eine Rolle. So empfinden beispielsweise emotional stabilere Menschen die Kombination oft als weniger konfliktbehaftet.
 
Zusammenfassend kann man also sagen: Der Balanceakt zwischen Familie und Beruf hat das Potential beides zu sein: Konfliktreich oder bereichernd– möglicherweise auch beides gleichzeitig. Eine eindeutige Antwort gibt es also nicht - am Ende muss jedes Paar und jede Familie im Rahmen der eigenen Situation und Möglichkeiten einen geeigneten Weg finden.


Mit freundlicher Genehmigung adaptiet von Sabrina Brunner (Basel) - veröffentlicht am 18. April 2021

Was ist eigentlich Neugier?

Neugieriges Kind mit Lupe

Foto: Efraimstochter

Im alltäglichen Sprachgebrauch ist, jemanden neugierig zu nennen, nicht immer ein Kompliment. Man soll „seine Nase nicht in fremder Leute Angelegenheiten stecken“, Neugier ist oft verbunden mit Klatsch und Tratsch. Auf der anderen Seite steht Neugier auch für Wissensdrang, Intelligenz, oder junggeblieben sein. Marianne Frauchiger schreibt: „Wer nicht neugierig bleibt, wird nur noch älter“.

Diese wohlwollende Interpretation scheint heute weit verbreitet zu sein: In einer Studie mit über 12000 Befragten US-Amerikanern wurde die Neugier aus 24 Eigenschaften am häufigsten als persönliche Stärke genannt1. Aber wie wird die Neugier als Persönlichkeitseigenschaft in der Psychologie definiert?

Der Kern der Neugier sind die Wahrnehmung, das Annehmen und das aktive Suchen nach Wissen und neuen Erfahrungen. Im Vergleich zur Offenheit für neue Erfahrungen, was auch als Persönlichkeitseigenschaft definiert ist, bezieht sich die Neugier noch direkter auf das Lernen und die damit verbundene Wissenserweiterung oder persönliche Weiterentwicklung. Neugierig sein ist damit verbunden, mehr Aufmerksamkeit für etwas aufzubringen, die neuen Informationen tiefer zu verarbeiten und auch besser zu erinnern. Wer neugierig an etwas herangeht, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, die Aufgabe oder Herausforderung auch bis zum Ende weiter zu führen.

Eine Teilung in zwei Facetten der Neugier hat sich in der Forschung herausgestellt: „Stretching“ bezeichnet die Motivation, Neues zu suchen und „Embracing“ die generelle Tendenz, Neues, Unsicherheit und Unvorhersehbares im alltäglichen Leben anzunehmen.2

Wenn Friedrich Nietzsche schreibt „Die Glücklichen sind neugierig“, so gibt ihm die moderne Forschung Recht. Neugierige Menschen berichten und zeigen auch mehr positive Emotionen und sind zufriedener. Neugierig sein wird außerdem als wichtige Voraussetzung für zufriedenstellende Gespräche und Beziehungen zu anderen Menschen betrachtet.

 

In der sechsten Welle von PASSTExterner Link können Sie auf Basis Ihrer Antworten ein Feedback dazu erhalten, wie neugierig Sie sind... Finden Sie's heraus!

 

Veröffentlicht am 01. April 2021

 

[1] Peterson, C., Ruch, W., Beermann, U., Park, N., & Seligman, M. E. P. (2007). Strengths of character, orientations to happiness, and life satisfaction. Journal of Positive Psychology, 2, 149–156.

[2] Kashdan, T. B., Gallagher, M. W., Silvia, P. J., Winterstein, B. P., Breen, W. E., Terhar, D., & Steger, M. F. (2009). The curiosity and exploration inventory-II: Development, factor structure, and psychometrics. Journal of research in personality, 43(6), 987-998.

Schlaf ist die beste Medizin...

zerwühltes Bett

Foto: JayMantri

 Wir nähern uns der Zeitumstellung, eine Stunde Schlaf geht uns nächstes Wochenende verloren. Bei den wenigsten ein Grund zur Freude, denn wie uns ein altbekanntes Sprichwort lehrt, ist Schlaf die beste Medizin. Und auch die Forschung bestätigt, dass ausreichend Schlaf für die Gesundheit wichtig ist und beispielsweise das Immunsystem stärkt. Doch Schlaf ist nicht nur für unser körperliches Wohlbefinden relevant, sondern auch für unsere Partnerschaft. Die heutige Studie befasst sich damit, wie Schlaf mit unserem Konfliktverhalten zusammenhängt.


Eine Studie von Amie M. Gordon und Serena Chen (2014)


Konflikte sind ein Bestandteil von wohl jeder Partnerschaft und können dazu dienen, bei Meinungsverschiedenheiten eine gemeinsame Lösung zu finden. Allerdings können Konflikte auch schädlich für eine Beziehung sein, insbesondere wenn sie sehr häufig sind und keine Lösung gefunden werden kann. Die beiden Psychologinnen Amie Gordon und Serena Chen von der Universität Kalifornien interessierten sich dafür, ob die Häufigkeit und der Ablauf von Konflikten mit dem Schlaf zusammenhängen könnte.

Mehr Konflikte bei schlechtem Schlaf


​Sie untersuchten 78 Personen im Alter zwischen 18 und 32 Jahren, die angaben, in einer Partnerschaft zu sein. Die Teilnehmenden füllten 2 Wochen lang täglich Fragebögen aus, in denen sie unter anderem zu ihrem Schlaf, den Konflikten in der Partnerschaft und zu ihrer Zufriedenheit mit der Beziehung Auskunft gaben. Dabei zeigte sich, dass Personen, die in diesen zwei Wochen eher schlecht geschlafen hatten, auch von mehr Konflikten in der Partnerschaft berichteten als diejenigen, die eher besser geschlafen hatten. „Schlechte Schläfer“ erleben also in ihrer Partnerschaft mehr Konflikte, als „gute Schläfer“. Aber nicht nur das, auch die individuelle Tagesform scheint mit dem Schlaf zusammenzuhängen: So berichteten die Teilnehmenden von mehr Konflikten nach Nächten, in denen sie schlechter als für sie üblich geschlafen hatten und von weniger Konflikten, wenn sie in der Nacht zuvor besser als üblich geschlafen hatten. Die gute Nachricht ist also, dass auch schlechte Schläfer von einer besseren Nacht profitieren können. 

Dass Schlaf mit der Häufigkeit von Konflikten zusammenhängt ist vermutlich für alle, die durchgemachte Nächte kennen, keine Überraschung. Sind wir unausgeschlafen sind wir schneller gereizt, öfters schlecht gelaunt und überreagieren eher, sodass bereits Kleinigkeiten das Fass zum Überlaufen bringen können. Kein Wunder also, dass es zu mehr Streitereien kommt.

Streiten wir anders, wenn wir müde sind?

In einer nachfolgenden Studie wollten Gordon und Chen nun untersuchen, ob die Konflikte auch anders ablaufen, je nachdem wie der Schlaf in der vorherigen Nacht ausgefallen ist. Dazu untersuchten sie 71 Paare, die über ihren Schlaf in der vergangenen Nacht berichteten und dann vor laufender Kamera ein Konfliktthema ihrer Partnerschaft besprachen. Ziel des Konfliktgespräches war es eine gemeinsame Lösung zu finden. Im Nachhinein bewerteten die Personen individuell, wie sie sich während der Diskussion gefühlt hatten und wie sie die Gefühle ihres*ihrer Partner*in einschätzten. Dabei zeigte sich, dass je schlechter die Personen in der Nacht zuvor geschlafen hatten, desto weniger positive Gefühle (im Vergleich zu negativen Gefühlen) hatten sie während des Konfliktes. Auch die Partner*innen dieser „schlechten Schläfer“ fühlten sich während des Konfliktes tendenziell schlechter. Interessanterweise zeigte sich zudem, dass Personen, die in der vorherigen Nacht schlechter geschlafen hatten, die Gefühle ihres*ihrer Partnerin weniger gut einschätzen konnten. Und auch umgekehrt: Die Partner*innen von Personen, die schlecht geschlafen hatten, konnten deren Gefühle ebenfalls weniger gut benennen.

Konflikte sind also bei schlechtem Schlaf von negativeren Gefühlen und von ungenaueren Einschätzungen der Gefühle des*der Partner*in geprägt. Dies zeigte sich auch in der Lösungsfindung: So fanden Paare, in denen beide Personen ausgeschlafen waren, am ehesten eine Lösung im Konfliktgespräch, während dies bei unausgeschlafenen Paaren am seltensten gelang.

Schlaf scheint also nicht nur für den Körper eine gute Medizin zu sein, sondern auch für die Beziehung. Ein starkes Argument also, um am Wochenende etwas früher ins Bett zu gehen oder doch ein bisschen länger zu schlafen. Immerhin kann man so der Zeitumstellung entgegenwirken und die Beziehungskonflikte von morgen vielleicht heute schon verhindern oder zumindest entschärfen.
 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Sabrina Brunner (Basel) - veröffentlicht am 24. März 2021

Erfolgreiche Partner*innen: Ein Risiko?

Portrait einer Frau

Foto: Free-Photos

Kennen Sie die Situation, dass Ihr*e Partner*in überschwänglich nach Hause kommt und von einem Erfolgserlebnis berichtet? Vergleichen Sie sich in dieser Situation mit Ihrem*r Partner*in? Wenn ja: Was macht dies mit Ihrem eigenen Selbstwertgefühl? Der heutige Blogpost betrachtet den sozialen Vergleich innerhalb von Partnerschaften und fragt – unter anderem – ob sich Männer und Frauen darin unterscheiden.

Eine Studie von Kate A. Ratliff und Shigehiro Oishi (2013)

Erfolg anderer = Bedrohung des Selbstwerts?

Wie sehr tangiert es uns, wenn unser*e Partner*in ein Erfolgserlebnis hatte, z.B. bei einem sportlichen Wettkampf den ersten Platz erreicht hat, die lang ersehnte Gehaltserhöhung bekommen hat oder zum Vereinsvorsitzenden gewählt wurde? Bisherige Forschung geht davon aus, dass der Erfolg einer nahestehenden Person als mögliche Bedrohung wahrgenommen werden kann. Dieses Gefühl der Bedrohung hat wiederum Konsequenzen: Die Person geht auf Distanz zur Person, die Erfolg hatte, spielt seinen*ihren Erfolg herunter oder tröstet sich damit, dass die erfolgreiche Person in Zukunft gewiss weniger erfolgreich sein wird. Der dahinter liegende Gedanke dieser Reaktion ist der folgende: Der Erfolg des*der Partner*in lädt dazu ein, sich mit der anderen Person zu vergleichen, was beeinflusst, wie sich die Person selbst bewertet. Somit kann der Erfolg des*der Partner*in zu einer Minderung des eigenen Selbstwertgefühls führen, nämlich dann, wenn das Gefühl entsteht, der*die andere sei erfolgreicher. Nun könnte jedoch auch hervorgebracht werden, dass der Erfolg des*der Partner*in nicht zwangsläufig ein Misserfolg für die andere Person sein muss. Im Gegenteil: Dass der*die Partner*in zum Vorsitzenden des lokalen Vereins gewählt wurde,ist nur ein Misserfolg, wenn beide um denselben Posten konkurrierten. Dadurch, dass sich Partnerschaften oftmals durch eine enge Verflochtenheit kennzeichnen, könnte gar gemutmasst werden, dass der Erfolg des*der einen auch positiv für den*die andere zu bewerten ist und mit einer Steigerung des Selbstwertgefühls einhergeht.

Trotz bisheriger Forschung bleibt es demnach unklar, welche Rolle Erfolg/Misserfolg für das Selbstwertgefühl der Partner*innen spielt. Die Forscher*innen Ratliff und Oishi sind dieser Fragestellung in fünf Experimenten auf den Grund gegangen. Eine Besonderheit ihrer Studie ist es, dass sie nicht nur explizit den Selbstwert von Personen erfragten (d.h., explizit danach fragten, ob sich die Teilnehmenden für eine wertvolle Person hielten), sondern auch implizit. Implizite Bewertungen finden ausserhalb des eigenen Bewusstseins statt und liefern damit eine Ergänzung zu den expliziten Befragungen. Sie werden oftmals anhand des Impliziten Assoziationstests erfasst, bei welchem die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Kategorien (z.B., die Person selbst und andere) und zwei Bewertungseigenschaften (z.B., gut und schlecht) erfasst wird. Entscheidend ist, wie schnell die Versuchsperson die ihr gezeigten Objekte den Kategorien anhand zweier Computertasten zuordnen kann.

Welche Rolle spielt ein (Miss-)Erfolg?

Um empirisch zu beantworten, ob erfolgreiche Partner*innen ein Risiko für den eigenen Selbstwert darstellen, waren die Forschenden Ratliff und Oishi kreativ, indem sie variierten, wie der Erfolg/Misserfolg des*der Partner*in vermittelt wurde:

In Experiment 1 teilten sie ihren Versuchsteilnehmenden mit, dass ihr*e Partner*in beim Abschneiden eines Tests entweder in den obersten 12% oder in den untersten 12% der Vergleichsgruppe lag. In den weiteren vier Experimenten ließen sie die Versuchspersonen eine Zeit beschreiben, in der ihr*e Partner*in besonders erfolgreich oder weniger erfolgreich war.

In Experiment 5 verfeinerten die ForscherInnen ihr Design weiter, in dem sie den Versuchsteilnehmenden nicht nur Auskunft über den Erfolg des*der Partner*in gaben, sondern auch Auskunft über ihren eigenen Erfolg. Die Vermutung dahinter war, dass der Erfolg des*der Partner*in insbesondere dann einen Einfluss auf den eigenen Selbstwert hat, wenn die Personen selbst wenig erfolgreich waren. In jedem dieser Experimente wurde im Anschluss der explizite und implizite Selbstwert erfasst. 

Über alle fünf Experimente hinweg zeigen die Ergebnisse, dass der implizite Selbstwert von Männern tiefer war, wenn ihre Partnerin erfolgreich war. Interessanterweise machte es keinen Unterschied, ob ihnen gesagt wurde, dass sie selbst erfolgreich oder wenig erfolgreich seien. Dies lässt die Forscher*innen darauf schließen, dass männliche Versuchsteilnehmer den Erfolg ihrer Partnerin automatisch so interpretieren, dass ihre Partnerinnen erfolgreicher als sie selbst seien. Der implizite Selbstwert von Frauen war nicht vom Erfolg/Misserfolg ihres Partners tangiert. Hervorzuheben sei, dass es auch keinen Effekt auf den expliziten Selbstwert der Männer und Frauen gab. 
 

Das Risiko "Erfolgreiche Partnerin" - ein gesellschaftliches Problem?


Was könnten Gründe dafür sein, dass Männer eine Reduktion ihres impliziten Selbstwertgefühls erleben, wenn ihre Partnerinnen erfolgreich waren? Eine Erklärung, welche die Forscher*innen dafür liefern, ist, dass Männer eher dazu neigen, kompetitiv zu sein und einen Erfolg der Partnerin dahingehend interpretieren, dass sie selbst nicht gut seien und damit automatisch einen Misserfolg für sich verbuchen. Dem anschließend vermuteten die Forscher*innen, dass ihre Ergebnisse auf Rollenstereotype in der Gesellschaft zurückzuführen seien. Gesellschaftliche Erwartungen legen an Männer (immer noch) den Maßstab, dass sie stark, kompetent und erfolgreich sein sollten. Verbuchen sie durch den Erfolg ihrer Partnerin nun automatisch einen Misserfolg für sich selber, erleben sie dies als Bedrohung, was wiederum ihr Selbstwertgefühl senkt. Auch wird vermutet, dass Eigenschaften wie Kompetenz und Erfolg Attribute bei Männern sind, auf welche die Frauen bei der Partnerwahl Wert legen. Denken Männer nun, dass sie nicht erfolgreich seien, vermag dies die Angst auslösen, dass ihre Partnerin sie nicht mehr als attraktives Gegenüber erlebt und sie verlassen könnte.

Welche Schlüsse können aus dieser Studie gezogen werden? Zum einen zeigen die Ergebnisse, dass individuell erlebter Erfolg und Misserfolg in die Beziehung hineingebracht wird und dass vor allem Männer implizit auf den Erfolg ihrer Partnerin reagieren und sich weniger wertvoll fühlen. Bei Frauen wurden diese Ergebnisse nicht gefunden. Dies legt nahe, dass Beziehungen nicht frei von gesellschaftlichen Rollenstereotypen sind. Zum anderen sollten die Ergebnisse dieser Studie auch mit Vorsicht genossen werden, wenn sie auf ein einzelnes Paar übertragen werden. Dies vor allem, da die Forscher*innen nur Einzelpersonen untersuchten und einen relativ kurzen Erhebungszeitraum abdeckten, sodass keine Aussagen über (heterosexuelle und homosexuelle) Paardynamiken gemacht werden können. Für künftige Forschung ist es demnach entscheidend, diesen Forschungsstrang weiter auszuweiten und zu untersuchen, wie Erfolg/Misserfolg von beiden Partner*innen empfunden wird und im täglichen Miteinander über die Zeit hinweg erlebt wird. Vielleicht werden ja bald Männer wie Frauen mit Jubelsprüngen zuhause begrüßt, wenn sie von einem Erfolgserlebnis berichten.
 

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von M.Sc. Janina Bühler (Basel) - veröffentlicht am 8. März 2021

Oh, wie so trügerisch – zu Fehlwahrnehmungen des sexuellen Interesses des Gegenübers

Paar bei einem Date

Foto: StockSnap

Das Bild des hartnäckigen Verehrers, der die Signale einfach nicht versteht oder anders herum vielfältige Annäherungsversuche, die beim Angebeteten trotz aller Bemühungen nicht ankommen – kennt wahrscheinlich jeder. Ob aus Filmen und Büchern, bei Freunden oder selbst bei einem (Valentins-)Date erlebt… Genau solche Fehlwahrnehmungen und Missverständnisse haben Anthony Lee und Kollegen mal etwas genauer unter die Lupe genommen.

Eine Studie von Anthony J. Lee et a. (2020)

Es liegt in der Natur der Sache…

Bisherige Studien haben gezeigt, dass es sich bei Fehlwahrnehmungen von sexuellem Interesse eines/einer potenziellen Partners*in häufig um eine Überschätzung durch Männer und eine Unterschätzung durch Frauen handelt. Diese Geschlechterunterschiede werden vor allem aus evolutionstheoretischer Perspektive mit der Fehler-Management-Theorie versucht zu erklären. Dabei geht es Individuen vorrangig um erfolgreiche Reproduktion, bei möglichst geringem Risiko folgenreicher Fehler. Dementsprechend überschätzen Männer eher das sexuelle Interesse einer Partnerin, um keine „Chance zu verpassen“, während Frauen dazu tendieren, das sexuelle Interesse des Gegenübers zu unterschätzen, um mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Partner mit ernsthaftem Interesse zu finden, der beim Großziehen des Nachwuchses unterstützt.

Speed-Dating und mehr

In seiner Studie ging es Lee genau darum, zu erklären, wie der zu beobachtende Geschlechterunterschied zustande kommt. Dazu lernten sich 1226 interessierte Studierende beim Speed-Dating kennen. In Gruppen von jeweils 5 Frauen und 5 Männern hatten die Teilnehmer*innen 3-minütige Dating-Runden bis sie alle gegengeschlechtlichen Teilnehmer*innen kennengelernt hatten. Danach füllten sie verschiedene Fragen zu eigenem sexuellen Interesse, vermutetem sexuellen Interesse der Interaktionspartner*innen und zu Soziosexualität, einem Konstrukt, das sexuelle Einstellungen, Verhalten und Wünsche umfasst, aus.

Aus den Daten der Teilnehmer*innen zeigte sich, dass die Tendenz des sexuellen Interesses des Gegenübers zwar grundsätzlich richtig eingeschätzt werden konnte, sich aber auch hier die bekannten Geschlechterunterschiede zeigten. Männer überschätzten das Interesse ihrer Partnerinnen, Frauen unterschätzten es. Lee et al. zogen zur Erklärung der Unterschiede die Faktoren Soziosexualität, Einschätzung der eigenen Attraktivität und eigenes sexuelles Interesse am Gegenüber hinzu.

Liegt es wirklich am Geschlecht?

Sie konnten zeigen, dass der Geschlechterunterschied fast vollständig durch Soziosexualität und das eigene Interesse am Gegenüber erklärt werden konnte, wobei das eigene Interesse den größten Einfluss hatte. Personen, die an dem/der Partner*in interessiert waren, vermuteten also ebenfalls ein Interesse des/der anderen an der eigenen Person. Diese Einschätzung kann möglicherweise durch die Tendenz, Ähnlichkeiten bei anderen anzunehmen, erklärt werden. Demnach neigen wir dazu, andere Personen nach eigenen Grundsätzen einzuschätzen. Der zweite Einflussfaktor war die Soziosexualität. Teilnehmer*innen, die sich eher auf unverbindliche und kurzlebige Beziehungen einlassen würden, neigten dazu das Interesse der Partner*innen zu überschätzen, während Teilnehmer*innen, die eher auf eine langfristige Beziehung aus waren, das Interesse unterschätzten.

Ein kleiner, aber nicht signifikanter Effekt war außerdem für die Einschätzung der eigenen Attraktivität zu finden. So überschätzten Personen, die sich selbst als attraktiv wahrnahmen, mit höher Wahrscheinlichkeit das Interesse des/der Partners*in. Dies erklärten sich die Forscher*innen durch die generelle Erwartung, dass ein höheres Interesse an attraktiven Personen gezeigt wird sowie durch den Lerneffekt, dass diese Teilnehmer*innen früher sexuelles Interesse von anderen erfahren hatten und dadurch ihre Attraktivität höher einschätzten.

Insgesamt lässt sich also sagen, dass es nicht einfach daran liegt, dass Männer Männer oder Frauen eben Frauen sind, wenn das sexuelle Interesse eines/einer potenziellen Partner*in falsch eingeschätzt wird, sondern vielmehr daran, dass es Unterschiede in der Soziosexualität und dem eigenen Interesse gibt.

 

Verfasst von Charlotte Raithel (Jena) - veröffentlicht am 14. Februar 2021

Zwei Seiten einer Medaille – Wenn Verbundenheit schmerzt und schützt

ineinander verschlungene Seile

Foto: chriswolf

Genau wie im Moment viele PASST-Teilnehmende, haben für die Ergebnisse der heute vorgestellten Studie zahlreiche Paare an einer Tagebuchbefragung teilgenommen.

Dabei ging es um die kleinen, nicht nur schönen Dinge, die man in seinem gemeinsamen Alltag so erlebt: kleine Worte und Taten des/der Partner*in, die vielleicht doch einen Stich versetzen und ob eine hohe Verbundenheit in der Partnerschaft gegen solche Stiche schützt oder ob sie einen eher verletzbar macht.

Eine Studie von Emilie Auger, Danielle Menzies-Toman und John E. Lydon (2017)

Sei es ein unsensibler Kommentar, ein vergessener Geburtstag oder die fehlende Unterstützung beim Streit mit den Schwiegereltern. Es ist kein Geheimnis, dass der Beziehungsalltag nicht nur von rosaroten Momenten, sondern auch durch schwierigere Erfahrungen geprägt sein kann.
 
Personen unterscheiden sich jedoch darin, wie stark sie sich solche negativen Paarmomente zu Herzen nehmen und wie sehr ihr Beziehungsglück durch Erfahrungen ins Wanken gerät. Es stellt sich also die Frage, welche Faktoren die Zufriedenheit in der Partnerschaft gegen die kleineren und größeren Enttäuschungen schützen können.

Was meine Beziehung für mich bedeutet...

Wissenschaftler*innen von der McGill University in Kanada sind dieser Frage nachgegangen und haben untersucht, ob es eine Rolle spielt, wie stark man sich selbst mit der eigenen Partnerschaft identifiziert. Man geht davon aus, dass Personen, die über eine hohe Beziehungs-Identifikation verfügen, ihre Partnerschaft als einen zentralen und wichtigen Teil ihrer Person betrachten und daher großen Wert darauflegen, ihre Beziehung zu schützen und aufrecht zu erhalten. Doch sollten sie deshalb auch weniger empfindlich auf Enttäuschungen durch den/die Partner*in reagieren? Oder reagieren sie sogar sensibler?
 
Um diese Frage zu beantworten haben die Wissenschaftler*innen 63 Paare über zwei Wochen zu ihren alltäglichen positiven und negativen Beziehungserfahrungen befragt und sie außerdem darum gebeten, ihre Identifikation und Zufriedenheit mit ihrer Partnerschaft anzugeben.
Dabei ergab sich ein spannender Befund: Personen, die sich stärker mit ihrer Beziehung identifizierten, reagierten kurzfristig stärker auf negative Erfahrungen mit dem/der Partner*in, als Personen, die ihre Beziehung weniger stark in ihr Selbstbild integrierten. Das heißt, ihre tägliche Beziehungszufriedenheit war in stärkerem Maße davon abhängig, ob es am selben Tag zu Enttäuschungen durch den/die Partner*in gekommen ist.

Und auf Dauer?

Langfristig zeichnete sich jedoch ein anderes Bild ab. Personen mit einer höheren Beziehungsidentifikation zeigten am Ende der zwei Wochen (verglichen mit dem Beginn) eine stabil hohe Zufriedenheit mit ihrer Partnerschaft, unabhängig davon, wie viele negative Erfahrungen sie im Alltag mit dem/der Partner*in gemacht haben. Personen mit einer niedrigen Beziehungsidentifikation waren hingegen am Ende der zwei Wochen deutlich unzufriedener mit ihrer Beziehung, wenn sie viele negative Erfahrungen mit dem/der Partner*in gemacht haben.
 
Was lässt sich daraus schlussfolgern?
Wer sich besonders stark mit der eigenen Beziehung verbunden fühlt, kann auch leichter durch den/die Partner*in verletzt werden. Langfristig scheint eine höhere Beziehungsidentifikation jedoch vorteilhaft zu sein, da sie das wahrgenommene Beziehungsglück gegen Stolpersteine des Alltags abschirmt.


Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von M.Sc. Jenna Wünsche (Basel) - veröffentlicht am 01. Februar 2021

Kennt Optimismus keine Ländergrenzen?

Globus

Foto: MichaelGaida

Optimistische Menschen scheinen gesünder, in ihren romantischen Beziehungen befriedigter und in ihren Jobs erfolgreicher zu sein.

Wir befragen euch in unserer PASST-Studie zur Zeit auch zu dem Thema „Optimismus“. Doch wie fällt dieser eigentlich im Ländervergleich aus? Sind die Menschen beispielsweise in der Schweiz, die sozioökonomisch gut aufgestellt ist, optimistischer, als es die Menschen in Bulgarien vielleicht sind? Oder tragen nachteilige soziale und ökonomische Umstände erst dazu bei, dass die Bevölkerung eines Landes positiver denkt?

Eine Studie von Baranski et al. (2019)

Diese Studie hat sich mit genau diesem Thema auseinandergesetzt. Dabei wurden 61 Länder hinsichtlich ihres Optimismus beziehungsweise der allgemeinen Erwartung positiver Ereignisse befragt. Das durchschnittliche Alter der Befragten lag bei 21,92 Jahren und 77% waren weiblich. Weltweit waren die durchschnittlichen Optimismuswerte dabei über dem Mittelpunkt der Skala.

Eine deutliche Überraschung bringen die folgenden Ergebnisse allerdings mit sich: Der länderindividuelle Optimismus steht in einer negativen Verbindung zu den Aspekten Inlandsprodukt pro Kopf, Bevölkerungsdichte und demokratischen Normen. Umso höher diese Variablen bewertet wurden, desto niedriger fiel der Optimismus also aus. Menschen in Gesellschaften, die eher kollektivistisch geprägt sind, schnitten dementsprechend optimistischer ab. Außerdem ist er tatsächlich positiv korreliert mit Einkommensungleichheit und wahrgenommener Korruption.
Was etwas weniger überrascht: Der länderindividuelle Optimismus steht in einer positiven Verbindung zu geplanter ökonomischer Verbesserung. Außerdem sind die einzelnen Menschen optimistischer, wenn sie selbst grundsätzlich ein höheres Wohlbefinden in ihrem Land wahrnehmen. Wohingegen das natürlich, wie erwartet, etwas niedriger ausfällt, wenn die sozialen und ökonomischen Bedingungen als herausfordernd empfunden werden.

Somit lässt sich also sagen, dass Individuen überall auf der Welt grundsätzlich optimistisch sind, wobei die gesellschaftlichen Bedingungen diesen Optimismus deutlich beeinflussen können, vor allem in ihrer Auswirkung auf das menschliche Wohlbefinden.

Doch wie genau stehen diese Ergebnisse überhaupt miteinander in Verbindung?

In einigen Studien konnte herausgefunden werden, dass Optimismus grundsätzlich in Verbindung zu den individuellen Charaktereigenschaften steht, was auch ganz intuitiv Sinn ergibt. Er ist positiv verbunden mit den Facetten Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Extraversion der „Big Five“ der Persönlichkeitseigenschaften und emotionaler Stabilität, wobei er in der stärksten Beziehung zu beiden letzteren steht. Dabei wurden bisher keine signifikanten intergeschlechtlichen Unterschiede gefunden.
Je optimistischer eine Person ist, umso weniger ängstlich scheint sie außerdem zu sein. Personen mit deutlich ausgeprägteren Werten im Neurotizismus tendieren dazu, sich öfter Sorgen über Dinge zu machen. Auch das ergibt Sinn, wenn man sich eine optimistische Person in einer stressigen Situation vorstellt: Sie wird die Umstände als weniger negativ einschätzen und eher effektive Strategien nutzen, um diese Situation in eine positive Richtung umzudeuten. Personen mit hohen Neurotizismuswerten hingegen setzen eher dysfunktionalere Coping-Strategien ein.

Um das ganze noch einmal auf die Ebene des interkulturellen Vergleichs zu heben: Eine vorangegangene Studie, die 142 Länder miteinander verglich, kam ebenso zu dem Ergebnis, dass die meisten Menschen auf der Welt positive Erwartungen haben und dass diese optimistische Einstellung auf individueller Ebene mit höheren Werten im subjektiven Wohlbefinden und in der subjektiven Gesundheit einhergeht.

Wo die Optimisten leben...

Und wo ist man nun eigentlich am ehesten optimistisch und welche Länder kann man als Pessimisten im weltweiten Vergleich bezeichnen? Auf Platz eins (mit 3.87 im Vergleich zum Optimismus-Durchschnitt von 3.41) steht Estland. Darauf folgen Mexiko und Nigeria. Die niedrigsten Werte erreichte Singapur (3.08), gefolgt von Japan und Hongkong.

Schlussendlich stellt sich noch die Frage, wie es sein kann, dass Menschen in weniger individualistischen Ländern eher optimistisch sein können. Dazu muss man erst einmal bedenken, dass Optimismus eine Eigenschaft ist, die sich auf die Zukunft bezieht. Die Autor*innen des Artikels nennen drei mögliche Erklärungen für die erhöhten Werte.

Erstens könnten Menschen ihre Landsmänner/-frauen als Referenzpunkt nutzen, wie sie ganz allgemein ihre Zukunft bewerten. Des Weiteren könnte Optimismus als Art „psychologische Waffe“ genutzt werden, gerade wenn die Bedingungen im eigenen Land als herausfordernd empfunden werden. Als Drittes muss man sich in Erinnerung rufen, dass eine geringere Lebensqualität mit einem bevorstehenden Wachstum des Bruttoinlandsprodukts einhergehen kann — gemeint ist damit die sinusartige Entwicklung von Krisen zu wirtschaftlichen Höchstwerten — und dass ein eben solches bevorstehendes Wachstum mit Optimismus einhergeht. An dieser Stelle müssen allerdings auch die Grenzen der Studie angesprochen werden, da die Stichprobe äußerst homogen hinsichtlich des Alters und der Bildung ist. Die Generalisierbarkeit auf alle Menschen steht damit also in Frage.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass — wie so oft — sowohl die persönlichen Eigenschaften als auch die Situation, im Genaueren der kulturelle Kontext, eine Rolle für den Optimismus spielen. In Zeiten wie diesen, da unser gesellschaftlicher Kontext durch die Corona-Krise mehr belastet wird denn je, bleibt uns allen wohl nichts anderes übrig, als ganz individuell dafür zu sorgen, dass wir optimistisch bleiben. Wir dürfen nie vergessen: Optimismus ist etwas auf die Zukunft Gerichtetes. Wir können also nur versuchen, positiv in unserer Haltung zu bleiben.

Verfasst von Katharina Bronn (Jena) - veröffentlicht am 16. Januar 2021

Was ist eigentlich Optimismus?

Personen mit Smileygesichtern

Foto: 4in

Wie Self-Compassion  und Humor gehört auch Optimismus zum Bereich der "positiven Psychologie". Dieser Bereich der Psychologie beschäftigt sich mit der Frage, was Menschen glücklich macht und zur langfristigen Erhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden beiträgt. Ganz konkret beschreibt Optimismus die Erwartung von Personen, in der Zukunft positive, gute und  schöne Dinge zu erleben. Pessimismus hingegen beschreibt einen negativen Blick in die Zukunft. In der Forschung konnte gezeigt werden, dass Unterschiede im Optimismus zwischen Personen über die Zeit hinweg sehr stabil sind. Deshalb wird Optimismus auch oft als ein Teil der Persönlichkeit beschrieben. Und wie alle Persönlichkeitsmerkmale hat auch Optimismus vielfältige Auswirkungen. Einige davon besprechen wir in diesem Beitrag.

Optimismus und Wohlbefinden

Ganz grundlegend hat die Forschung zu Optimismus gezeigt, dass optimistische Personen eine positive Grundstimmung an den Tag legen---schließlich schauen sie voll Zuversicht in ihre Zukunft, auch wenn die Umstände gerade schwer sind. Selbst in bedrohlichen Situationen, wie zum Beispiel vor oder nach kritischen Operationen und während schwerer Krankheiten hat Optimismus positive Auswirkungen. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass optimistische Personen vor kritischen Operationen weniger ängstlich und gestresst und nach Operationen zufriedener mit ihrem Leben sind als weniger optimistische Personen.

Es wäre jedoch zu einfach zu sagen, dass Optimisten allgemein einfach zufriedener und fröhlicher sind. Das höhere Wohlbefinden von Optimisten scheint darauf zurückzuführen zu sein, wie optimistische Menschen mit Schwierigkeiten umgehen. Einige Studien haben gezeigt, dass Optimisten eine stärkere Zukunftsorientierung zeigen—sie machen zum Beispiel Pläne und nehmen sich Dinge vor, die sie in Zukunft erledigen oder erleben wollen—, setzen sich intensiver und aktiver mit Problemen auseinander, indem sie zum Beispiel nach relevanten Informationen suchen und akzeptieren schwierige Situationen so, wie sie sind und begegnen ihnen auch mit einer Prise Humor . Pessimisten hingegen neigen dazu, sich von Problemen zurückzuziehen und negative Gedanken oder Sorgen zu unterdrücken und zu verdrängen, wodurch sie letztendlich ungelöst bleiben.

Diese "aktive" Einstellung dem Leben gegenüber zahlt sich buchstäblich auch aus. Einige Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass Optimisten mehr Geld verdienen als Pessimisten (allerdings tendeziell auch aus wohlhabenderen Elternhäusern kommen) und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine schulische oder akademische Ausbildung tatsächlich beenden. Darüber hinaus scheinen Optimisten größere soziale Netzwerke zu haben, also insgesamt mehr Personen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zu haben und erfahren von diesen insgesamt auch mehr Unterstützung als Pessimisten. Dadurch scheinen sich optimistischere Menschen über mehr soziale und finanzielle Ressourcen zu verfügen, auf die sie in schwierigen Situationen zurückgreifen können.

Ein optimistischer Geist in einem gesunden Körper

Optimisten kommen nicht nur besser mit schwierigen Situationen zurecht, besonders in Bezug auf ihre Gesundheit vermeiden sie auch aktiv Risiken. Viele Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass Optimisten im Durchschnitt mehr über weit verbreitete Krankheiten (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen) wissen als Pessimisten, erfolgreicher sind beim Abnehmen und sich körperlich intensiver betätigen. Sogenannte "Biomarker" und physiologische Maße legen zudem nahe, dass Optimismus buchstäblich "unter die Haut" geht. Beispielsweise lassen sich bei Optimisten nach Grippeschutzimpfungen schneller und mehr Antikörper im Blut nachweisen. Interessanterweise ist das Immunsystem bei Optimisten in stressigen Situationen weniger aktiv als bei Pessimisten. Dieser Befund wird meist so interpretiert, dass Optimisten ihre Problem eher aktiv angehen, wodurch das Immunsystem "im Zaum gehalten" wird.

Die dunkle Seite des Optimismus

Trotz all dieser positiven Aspekte ist Optimismus nicht nur vorteilhaft. Einige Studien konnte zum Beispiel nachweisen, dass Optimisten beim Glücksspiel zu sehr überzeugt von guten Ergebnissen sind und dadurch sowohl mehr spielen als auch mehr Geld verlieren. Im Zusammenhang mit Gesundheitsrisiken konnte gezeigt werden, dass Optimisten auch gelegentlich weniger an relevanten Informationen interessiert sind, nämlich dann, wenn sie das Risiko für sich als gering einschätzen nach dem Motto "das wird mich schon nicht treffen". Dieses Phänomen ist als optimistische Wahrnehmungsverzerrung bekannt und könnte tatsächlich auch in der aktuellen Pandemie eine Rolle spielen. Aktuelle Studien zeigen zum Beispiel, dass Optimisten dazu tendieren, die Gefahren durch das Corona-Virus zu unterschätzenExterner Link  und Schutzmaßnahmen nicht ganz so entschlossen umsetzenExterner Link  zu wollen. Manchmal hilft also scheinbar die alte Devise: Das Beste hoffen, mit dem Schlimmsten rechnen.

Bleiben Sie gesund!

Veröffentlicht am 01. Januar 2020

Weihnachten als Zeit des Mitgefühls und der „charity“ – können wir uns da wirklich so sicher sein?

Spendentopf mit Münzen

Foto: Peggy_Marco

Die Zeit um das Weihnachtsfest herum ist wohlbekannt eine Zeit in der viel – vielleicht auch mehr als zu anderen Zeiten des Jahres - an Bedürftige gedacht und nach Wohltätigkeit gestrebt wird. So werden beispielsweise 1/3 der jährlichen Spenden in den USA zur „giving season“ um Thanksgiving und Weihnachten gesammelt. Diese „giving season“ ist scheinbar die günstigste Zeit für Spendenaktionen im Jahr – nicht nur in den USA - denn die meisten Spendenaktionen finden eben auch zu dieser Zeit statt. Was steckt nun hinter der Tatsache, dass zur Weihnachtszeit mehr gespendet wird: Unsere möglicherweise gesteigerte Bereitschaft zum Spenden zur Weihnachtszeit oder die vielen Möglichkeiten zu Spenden? Um dies herauszufinden, haben Stephan Müller und Holger A. Rau die Bereitschaft zu Spenden im Winter untersucht und mit der, um die Sommerzeit verglichen. Interessanterweise ist die Bereitschaft zu spenden im Winter niedriger als im Sommer. Das scheint paradox, wie kann das sein?

Eine Studie von Stephan Müller und Holger A. Rau (2019)

Müller und Rau haben 2 Experimente durchgeführt, um herauszufinden wie es um die Bereitschaft zu Spenden im Verlauf des Jahres steht und welche Faktoren ihre Ergebnisse erklären können.

In Studie 1 wurde untersucht, ob sich die Bereitschaft zu Spenden zur Weihnachtszeit, von der zur Sommerzeit unterscheidet. Teilnehmer*innen bekamen Geld vom jeweiligen Versuchsleiter – genau genommen 100 Taler (10 Taler = 1 Euro) - und konnten einen beliebigen Betrag davon an das Deutsche Rote Kreuz spenden. Es wurde auch die soziale Wertorientierung gemessen, nach welcher die Teilnehmer*innen in Individualisten und Prosozialisten eingeteilt wurden. Experiment 1 wurde einmal im Sommer und einmal im Winter durchgeführt.

In Studie 2 untersuchten die Autoren mögliche treibende Kräfte der geringeren Spenden zur Weihnachtszeit: das relative Stresslevel und Konsumausgaben beziehungsweise relative Ersparnisse durch die vielen Rabattaktionen zur Weihnachtszeit. Hierzu wurde das gleiche Experiment wie in Studie 1 in der Zeit nach dem Black Friday durchgeführt. Zusätzlich wurde nach aktuell empfundenem Stress (relativer Stress) und Konsumverhalten (relative Ersparnisse) im Vergleich zum Rest des Jahres gefragt. Die Teilnehmer*innen mussten ebenfalls angeben, ob sie an der Rabattjagd zum Black Friday teilgenommen haben.

Weihnachten als ein Agglomerat aus Stress und Konsum

Das Ergebnis der ersten Studie kann mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht werden: Die Bereitschaft zu Spenden der Teilnehmer war im Winter um 30% geringer als im Sommer und Prosoziale Menschen spendeten – wie zu erwarten - signifikant mehr als individualistische.

In Studie 2 konnten diese Ergebnisse repliziert werden. Darüber hinaus wurde bezüglich der treibenden Kräfte Folgendes gefunden: Je mehr Stress relativ zum Rest des Jahres empfunden wurde, desto weniger wurde gespendet. Höhere empfundene Stresslevel scheinen mit geringerer Empathie zusammenzuhängen, womit sich die Autoren das Ergebnis der zweiten Studie erklären. 

Auch wurde gefunden, dass je mehr man relativ gesehen zum Rest des Jahres sparen kann, desto geringer der Spendenbetrag.

Besonders interessant ist, dass Prosoziale zwar mehr spenden als Individualisten, aber auch Prosoziale mit geringerem Stresslevel zur Winterzeit weniger als im Sommer spenden. Es spielt also womöglich wirklich eine große Rolle, wie viel man durch die vielen Rabattaktionen in der Weihnachtszeit sparen kann und wie viel man dann bereit ist, von dem Ersparten zu spenden.

Was können wir mit den Ergebnissen nun anfangen?

Es scheint also weniger wahrscheinlich zu sein, dass wir in der Winterzeit spenden. Und wenn wir spenden, dann einen geringeren Betrag. Was kann man daraus nun lernen? Hier richten sich die Autoren vor allem an die Strategien der vielen Fundraising-Aktionen und appellieren beispielsweise an ein besser bedachtes timing. 

Was wir mitnehmen können ist, dass die Weihnachtszeit also irgendwie doch ein Teufelskreis für unser Streben nach Wohltätigkeit zu sein scheint: Höherer Konsum führt zu weniger Geld für spenden und die vielen vorweihnachtlich anstehenden Aufgaben für ein möglichst besinnliches Weihnachtsfest, führen zu einem höheren Stresslevel - In dem Sinne wünschen wir Ihnen eine möglichst harmonische und stressfreie Weihnachtszeit. Bleiben Sie gesund!

Verfasst von Karolin Ebmeyer (Jena) - veröffentlicht am 15. Dezember 2020

Diese Sache mit den Schwiegereltern...

Mutter und Tochter im Gespräch

Foto: Candid_Shots

Wer den Film „Meine Braut, ihr Vater und ich“ gesehen hat, wird bereits ahnen, worum es bei uns in diesem Beitrag geht: Wir widmen uns dem Thema Schwiegereltern und schauen uns an, wie man sich den mehr oder weniger geliebten Einfluss der Schwiegermütter und -väter in Spe zu Nutze machen kann, denn gerade jetzt zur Weihnachtszeit steht wahrscheinlich doch der ein oder andere Besuch an…

Eine Studie von Menelaos Apostolou (2017)

Mother knows best

Jeder weiß: Eltern wollen nur das Beste für Ihre Kinder. Im festen Glauben daran zu wissen, was nun genau das Beste für Ihre Kinder ist, mischen sich Eltern immer mal wieder in die Beziehungsangelegenheiten ihrer Kinder ein. Dabei greifen sie auf ein breites Repertoire an Strategien zurück, um unerwünschte Partner*innen fern zu halten und vermeintlich perfekte Schwiegersöhne und -töchter an die Familie zu binden. Solche elterlichen Manipulationsversuche können von harmloseren Verkupplungsaktionen über eindringlichere Überredungsversuche bis hin zu Bedrohungen der ungeliebten Schwiegerkinder in Spe gehen.
 
Die Meinung der Eltern kann demnach eine entscheidende Rolle für die Partnerwahl und den Erfolg einer romantischen Beziehung spielen. Doch wie können sich zukünftige Schwiegerkinder gegen diese elterlichen Beeinflussungsversuche wehren? Und vielleicht noch interessanter – wie können sie das „schwieger“-elterliche Manipulationsgeschick für ihre eigenen Interessen nutzen?
 
Im Rahmen von drei Untersuchungen ist Menelaos Apostolou von der Universität Nikosia auf Zypern diesen Fragen nachgegangen und hat sich angeschaut wie Schwiegerkinder den manipulativen Schuh umdrehen.

Strategien der Schwiegerkinder

Im Rahmen von Tiefeninterviews und offenen schriftlichen Befragungen wurden 28 griechisch-zypriotische Männer und Frauen dazu befragt, welche Strategien sie in den folgenden zwei Szenarien in Bezug auf ihre Schwiegereltern anwenden würden. Erstens: Die Schwiegereltern wollen Sie rasch an die Familie binden, obwohl die Beziehung noch frisch und die Perspektive unklar ist. Wie halten Sie Ihre Schwiegereltern auf Distanz? Zweitens: Ihr*e Partner*in will sich von Ihnen trennen und Sie versuchen seine*ihre Eltern einzubinden, um eine Trennung abzuwehren. Wie bringen Sie Ihre Schwiegereltern dazu Ihnen zu helfen?
 
In den Interviews und der schriftlichen Befragung wurden insgesamt 51 Strategien genannt, um die Schwiegereltern auf Distanz zu halten oder aber um sich deren Hilfe im Kampf gegen eine bevorstehende Trennung zu sichern.
 
In einer Folgestudie mit 352 Teilnehmenden ließen sich die genannten Taktiken auf acht globalere Strategien runterbrechen. Sechs Strategien, um die Schwiegereltern auf Distanz zu halten: sich den Schwiegereltern gegenüber nicht öffnen, sich schlecht benehmen, ignorieren, die Schwiegereltern meiden, formaler und höflicher Umgang mit den Schwiegereltern, und zum Ausdruck bringen, dass die Beziehung zum Kind keine langfristige Perspektive hat. Und zwei Strategien, die darauf abzielten sich deren Unterstützung im drohenden Trennungsfall zu sichern: Starke Gefühle für das Kind ausdrücken und dazu aufrufen, dass die Eltern mit ihrem Kind reden sollen.
 
Insgesamt weisen die Ergebnisse daraufhin, dass Männer und Frauen ganz ähnliche Strategien verwenden würden, wenn es darum geht ihre Distanz – und Unterstützungsbedürfnisse bei den Schwiegereltern durchzusetzen.

Zwei Ausnahmen ließen sich allerdings beobachten: Es zeigte sich, dass Männer eher als Frauen den Kontakt zu den Schwiegereltern in Spe meiden würden, um den nötigen Abstand zu wahren, und dass sie ebenfalls eher versuchen würden ihre Schwiegereltern dazu zu bringen mit ihren Töchtern zu reden, wenn diese sich trennen wollen.

Und die Wirkung?

Was wirkt denn nun wie bei den Schwiegereltern? In der letzten von drei Untersuchung fand man im Rahmen einer Elternbefragung heraus, dass es am effektivsten ist die eigenen Gefühle für den Sohn bzw. die Tochter zu betonen, wenn es darum geht die Schwiegereltern im Kampf gegen eine Trennung ins Boot zu holen. Schlechtes Benehmen und das Äußern von mangelnden ernsthaften Absichten ist hingegen der sicherste Weg sich die Schwiegereltern vom Hals zu halten. Allerdings kommt diese Strategie auch bei dem*der Partner*in sicherlich nicht allzu gut an…
 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von M.Sc. Jenna Wünsche (Basel) - veröffentlicht am 1. Dezember 2020

Wenn zusammen zu nah ist

auf Distanz stehendes Paar

Foto: StockSnap

Momentan fehlen einigen Menschen sicherlich ihre sozialen Kontakte, ihre Freunde oder Partner, wenn man nicht in einem Haushalt lebt – die Nähe seiner Lieben.

Aber kann diese Nähe, nach der sich gerade viele sehnen, manchmal auch zu viel sein?

Menschen unterscheiden sich darin, wie stark ihr Bedürfnis nach Freiheit und Unabhängigkeit in einer Partnerschaft ist. In diesem Beitrag geht es genau darum: wie regulieren Paare ihr Unabhängigkeitsbedürfnis durch gemeinsames oder getrenntes Wohnen und was bedeutet das für die Beziehungsqualität.

Eine Studie von Birk Hagemeyer, Felix D. Schönbrodt, Franz J. Neyer, Wiebke Neberich und Jens B. Asendorpf (2015)

Zusammengehörig und doch unabhängig?

Nähe und Zusammengehörigkeit sind bedeutsame Zutaten für eine gut funktionierende Beziehung. Trotzdem ist es für viele Menschen auch innerhalb von Partnerschaften nötig sich ein gewisses Maß an Eigenständigkeit zu bewahren. Es stellt sich die Frage, wie Menschen, denen Ihre Unabhängigkeit sehr wichtig ist mit der Nähe einer Partnerschaft umgehen.
 
Birk Hagemeyer und Kollegen von der Universität Jena, München und Berlin haben sich angeschaut, wie Personen, denen die eigene Unabhängigkeit besonders wichtig ist, ihre räumliche Nähe zum*r Partner*in gestalten. Genauer gesagt, haben die Wissenschaftler*innen untersucht, welche Wohnformen Partner*innen wählen, deren Unabhängigkeitsbedürfnis mehr oder weniger stark ausgeprägt ist, d.h. ob sie eher mit ihren Partner*innen zusammen wohnen oder in getrennten Wohnungen leben.
 
Um diese Frage zu beantworten, haben sie 548 gegengeschlechtliche Paare unter anderem darum gebeten, Auskunft zu Ihrer aktuellen Wohnsituation, ihrem Unabhängigkeitsbedürfnis, den Konflikten in Ihrer Partnerschaft und zu ihrer Beziehungsqualität zu geben.

Abwägen der Bedürfnisse und Ziele

In der Untersuchung zeigte sich, dass Personen, die einen größeren Wert auf ihre persönliche Unabhängigkeit legten, häufiger getrennt von ihrem*r Partner*in lebten. Dieser Zusammenhang ließ sich jedoch nur für Paare beobachten, bei denen die Partnerin nicht mehr im gebärfähigen Alter war.
 
Die Wissenschaftler*innen schlussfolgern daraus, dass sich Menschen ein Lebens- und Wohnumfeld schaffen, dass ihrem persönlichen Bedürfnis nach Unabhängigkeit entspricht. Dies scheint jedoch vor allem dann zum Tragen zu kommen, wenn andere Beziehungsziele, wie die Gründung einer Familie und die Erziehung von Kindern, nicht mehr im Vordergrund steht.

Auf die Passung kommt es an

Anhand der gesammelten Fragebogendaten konnte außerdem untersucht werden, wie ein höheres Bedürfnis nach Eigenständigkeit mit der Qualität von Paarbeziehungen zusammenhängt.
Die Ergebnisse sprachen dafür, dass es in Partnerschaften häufiger zu Konflikten kam und dass beide Partner*innen die Qualität ihrer Beziehung als tiefer einschätzten, wenn der Mann von einem hohen Unabhängigkeitsbedürfnis berichtete. Interessanterweise zeichnete sich dieses negative Bild jedoch vordergründig in Partnerschaften von Männern ab, die ein hohes Unabhängigkeitsbedürfnis angaben und gleichzeitig mit ihren Partner*innen zusammenwohnten. Bei getrennt wohnende Paaren konnten hingegen positive Zusammenhänge zwischen einem höheren Unabhängigkeitsstreben und der Beziehungsqualität beobachtet werden.
 
Die Wissenschaftler*innen erklären sich diesen Befund damit, dass es häufiger zu Frustrationen und Unstimmigkeiten kommen kann, wenn Männer, denen ihre Freiheit sehr wichtig ist, viel räumliche Nähe aushalten müssen. Gleichzeitig könnten sich ihre Partner*innen dadurch verletzt fühlen, dass der Mensch mit dem sie zusammenwohnen, einen größeren Abstand benötigt. Unklar bleibt jedoch, weshalb sich diese Zusammenhänge nur bei Männern mit einem hohen Unabhängigkeitsbedürfnis beobachten ließen, nicht aber bei Frauen.
 
Die Befunde legen nahe, dass es, wie so oft, kein gut oder schlecht gibt, wenn es um das Bedürfnis nach Unabhängigkeit und die Qualität von Paarbeziehungen geht. Stattdessen scheint alles eine Frage der Passung zu sein und diese Passung kann sich auch in der Wohnform von Paaren widerspiegeln.
 

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von M.Sc. Jenna Wünsche (Basel) - veröffentlicht am 15. November 2020

Ich fühle mit dir: Die emotionalen Höhen und Tiefen des anderen mitempfinden

gemeinsam lachendes Paar

Foto: Pexels

In der nun beendeten Erhebung gab es Feedback zu dem Konstrukt Self-Compassion, Selbst-Mitgefühl. Woran man beim Thema Mitgefühl aber mindestens genauso oft denkt, sind natürlich seine Mitmenschen. Denn mit denen, und ganz besonders mit seinem*r Partner*in fühlt man doch mit, oder?

Neue Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die Qualität von Beziehungen besser ist, wenn man sich in die negativen und in die positiven Gefühle des*r Partner*in einfühlt.

Eine Studie von Michael Andreychik (2017)

Geteiltes Leid ist halbes Leid

„In guten und in schlechten Zeiten, in Reichtum und in Armut, in Gesundheit und in Krankheit.“ Die Idee, dass man sich in einer Partnerschaft sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten unterstützen sollte, ist so wichtig, dass sie in klassischen Eheversprechen enthalten ist.
 
Die Forschung zeigt, dass Personen, die sich in die negativen Emotionen des*r Partner*in einfühlen, mit ihren Beziehungen zufriedener sind. Wenn man schwierige Zeiten erlebt, ist es beruhigend zu wissen, dass die Person, die einem am nächsten steht, jeden Schritt des Weges mit einem geht. Wie das Sprichwort sagt - „geteiltes Leid ist halbes Leid“.
 
Aber was ist, wenn alles gut läuft? Wenn man sich glücklich und fröhlich fühlt? Wie wirkt es sich auf Beziehungen aus, wenn Partner*innen positive Emotionen genauso wie die negativen Emotionen mitempfinden?

Und geteiltes Glück?

In einer kürzlich durchgeführten Studie hat sich Michael Andreychik, ein Forscher von der Fairfield Universität in Connecticut USA, vorgenommen dies herauszufinden.

Er lud 175 Männer und Frauen ein, um Fragen zu ihren Beziehungen zu beantworten. Die Teilnehmer*innen berichteten, wie stark sie sich mit den Emotionen ihres*r Partner*in verbunden fühlten. Zudem bewerteten sie, wie zufrieden sie mit ihren Beziehungen waren.
 
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass Menschen, die mehr Mitgefühl für die negativen Emotionen des*r Partner*in berichteten, mit ihren Beziehungen zufriedener waren. Dieser Effekt war zwar statistisch bedeutsam, aber er war nicht besonders stark. Dagegen war der Effekt des Mitgefühls gegenüber positiven Emotionen des*r Partner*in fünfmal stärker!
 
Warum ist das so? Andreychik spekuliert, dass das Nachempfinden von positiven Emotionen weniger riskant ist. Wenn der*die Partner*in jedoch verärgert ist oder eine stressige Zeit durchmacht, kann Mitgefühl problematischer sein. Die Sorgen des*r Partner*in mitzuempfinden kann für manche Menschen hilfreich sein, während andere sich dadurch erdrückt, schwach oder noch aufgebrachter fühlen.
 
Obwohl es toll ist, füreinander da zu sein, wenn der jeweils andere traurig, ängstlich oder wütend ist, scheint es noch wichtiger zu sein, positive Emotionen in der Beziehung zu teilen. Wenn Sie sich also über die Erfolge Ihres*r Partner*in freuen, die Belustigung über eine Geschichte teilen oder einander ermutigen, Ziele zu erreichen, verdoppeln Sie nicht nur die Freude in Ihrer Partnerschaft, sondern investieren auch in eine zufriedenere Beziehung.
 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Robert Burriss (Basel) - veröffentlicht am 01. November 2020

Was ist eigentlich Self-Compassion?

Buddhagesicht

Foto: jenszygar

Self-Compassion lässt sich am ehesten mit “Mitgefühl mit sich selbst” übersetzen. Wie Humor hat auch die Idee hinter Selbst-Mitgefühl eine lange Geschichte. Genauer gesagt entstammt diese Idee dem traditionellen Buddhismus. Obwohl “Mitgefühl mit sich selbst” in dieser Tradition tief verwurzelt ist, fand sie erst in den frühen 2000er Jahren Eingang in die psychologische Forschung. Seitdem wurden jedoch bereits über 1500 Studien zu diesem Thema veröffentlicht—man kann also durchaus von einem “Hot Topic” sprechen. Doch was ist eigentlich Selbst-Mitgefühl?

Was Selbst-Mitgefühl (nicht) ist

Die Idee hinter dem Selbst-Mitgefühl ist möglicherweise besser zu verstehen, wenn man betrachtet, was Selbst-Mitgefühl nicht ist. Zum einen bedeutet “Mitgefühl mit sich selbst” nicht Selbstmitleid. Selbstmitleid bedeutet, dass Personen von ihren eigenen Problemen “absorbiert” werden und sich nur noch mit sich selbst beschäftigen, während andere Personen aus dem Blick geraten. Beim Selbstmitleid steht die eigene Person mit ihrem Leiden im Mittelpunkt—was zu einer Isolation von anderen führen kann. Selbst-Mitgefühl ist auch nicht gleichzusetzen mit “Lässigkeit” (“Heute geht es mir nicht so gut; ich schau’ lieber Netflix; aufräumen kann ich ja morgen immer noch”). Im Gegenteil, Personen mit ausgeprägtem Selbst-Mitgefühl akzeptieren, dass manchmal ein gewisses Maß von Überwindung nötig ist. Schließlich ist Selbst-Mitgefühl auch nicht zu verwechseln mit Selbstwert. Selbstwert bezieht sich in erster Linie auf eine Bewertung der eigenen Person (“Bin ich wertvoll?”) und diese Einschätzung orientiert sich oft an erbrachten (bzw. nicht erbrachten) Leistungen. Selbst-Mitgefühl beschreibt eine bedingungslose Wertschätzung der eigenen Person.

Was ist also Selbst-Mitgefühl?

Selbst-Mitgefühl beschreibt eine prinzipiell wohlwollende und freundliche Haltung sich selbst gegenüber, auch—oder gerade—wenn man eigenen Ansprüchen nicht genügt oder Misserfolge erlebt. Personen, die Mitgefühl mit sich selbst haben, akzeptieren, dass Dinge nicht immer perfekt laufen und Enttäuschungen zum Leben dazugehören. Personen mit hohem Selbst-Mitgefühl verurteilen sich dabei jedoch nicht selbst, sondern versuchen, sich selbst gegenüber verständnisvoll zu bleiben und die Schwierigkeit der Situation anzuerkennen, ohne sie jedoch durch eine “Augen-zu-und-durch”-Mentalität zu ignorieren oder kleinzureden.

Aspekte von Selbst-Mitgefühl

Gemäß der buddhistischen Ursprünge hat Selbst-Mitgefühl drei wesentliche Elemente: Wohlwollen sich selbst gegenüber, das Gefühl von Zugehörigkeit zu anderen und Achtsamkeit. Wohlwollen gegenüber sich selbst bedeutet, sich selbst weder zu be- noch zu verurteilen. Akzeptanz der eigenen Schwächen und Freundlichkeit gegenüber sich selbst sind dabei die wesentlichen “Zutaten”. Personen mit hohem Selbst-Mitgefühl fühlen sich auch mit anderen Menschen verbunden, gerade durch die Fehlbarkeit, die uns Menschen nun einmal auszeichnet. Dieses Gefühl der Zugehörigkeit hilft dabei, nicht in Selbstmitleid zu versinken, sondern sich in der eigenen “Unperfektheit” mit anderen verbunden zu fühlen und eigene Unzulänglichkeiten als normale menschliche Eigenschaft besser zu akzeptieren. Der Zusammenhang mit Achtsamkeit ergibt sich ebenfalls aus der Verwurzelung von Selbst-Mitgefühl im Buddhismus. Dabei geht es darum, negative Gefühle weder zu ignorieren noch zu übertreiben (Selbstmitleid). Negative Gedanken, Gefühle und Erfahrungen werden beobachtet und wahrgenommen, jedoch nicht bewertet.

In der aktuellen Erhebung von PASSTExterner Link können Sie mehr darüber erfahren, wie viel Selbst-Mitgefühl Sie haben und wie freundlich Sie sich selbst gegenüberstehen!

Ein Spiegel unserer Selbst? - Wie sehr gleichen sich Paare äußerlich?

Gesichter von Mann und Frau

Foto: Pexels, nastya_gepp

„Ihr passt auch optisch so gut zusammen.“ Eine solche Aussage hat sicher schon so manch ein Paar gehört. Wieder einmal die Frage: ziehen sich bei der Partnerwahl nun eher Gegensätze an oder gesellt sich doch Gleich zu Gleich? Wie im letzten Beitrag beschrieben, zeigt die Forschung, dass wir uns eher zu Personen hingezogen fühlen, die uns in ihren Persönlichkeitseigenschaften sowie in ihren Einstellungen ähnlich sind. Aber wie sieht es nun beim Erscheinungsbild unseres*r Partners*in aus? Legen wir auch beim Äußeren Wert auf Ähnlichkeiten?

Eine Studie von Burriss, Welling, & Puts (2011)

Ähnlich attraktiv

Die grundlegendste Beobachtung, die für die Anziehungskraft zwischen zwei Menschen gemacht werden kann ist diese: Menschen tendieren dazu, sich auf Personen einzulassen, die eine ähnliche körperliche Attraktivität haben wie sie selbst. Dies ist ein Beispiel für ein Phänomen, das in der Wissenschaft als assortative Paarung bezeichnet wird. 
  
 Laborbasierte Attraktivitätsforschung fokussierte sich bis anhin vor allem auf zwei Aspekte der Erscheinung des Gesichts, die als attraktiv wahrgenommen werden: Symmetrie und Geschlechtsspezifität.

Attraktiv = Gesund

Die meisten Menschen haben symmetrische Gesichter, was bedeutet, dass die linke Seite des Gesichts die gleichen Merkmale aufweist, wie die rechte Seite des Gesichts. Es kann jedoch sein, dass das eine Auge ein wenig höher ist als das andere oder die Nase leicht schief. Biologen denken, dass Abweichungen von einer perfekten Symmetrie durch geringe genetische Mutationen oder durch die Einwirkung von Bakterien in der frühen Kindheit verursacht werden. Gesündere Menschen sind besser dazu im Stande, dem Einfluss dieser Mutationen und Bakterien zu widerstehen, womit sich ihre Gesichter symmetrischer entwickeln können. Der Zusammenhang zwischen Gesichtssymmetrie und Gesundheit erklärt auch, warum symmetrische Gesichter als attraktiver eingestuft werden.
  
Die Geschlechtsspezifität bezieht sich auf die Männlichkeit eines männlichen Gesichts bzw. auf die Weiblichkeit eines weiblichen Gesichts. Ein männliches Gesicht hat typischerweise auffällige Augenbrauen, eine breite Nase, dünne Lippen und einen markanten Kiefer. Ein weibliches Gesicht hingegen hat einen runden Vorderkopf, eine schmale Nase, volle Lippen und einen weniger markanten Kiefer. Die Forschung legt nahe, dass nur sehr gesunde Personen stark geschlechtsspezifische Gesichtsmerkmale entwickeln. Der Zusammenhang zur Gesundheit kann hier wiederum als Erklärung dafür gelten, warum wir geschlechtsspezifische Gesichter als attraktiv empfinden.

Die tatsächliche Wahl

Da stellt sich die Frage, ob sich diese Präferenzen für Symmetrie und Geschlechtsspezifität, welche sich im Labor zeigen, auch im wirklichen Verhalten widerspiegeln: Suchen sich Personen ihre Partner gemäß symmetrischen und geschlechtsspezifisch maskulinen bzw. femininen Aspekten des Gesichts aus?
  
Die vorliegende Untersuchung zeigte, dass sich Männer und Frauen, die ein Paar bilden, in ihrer Gesichtssymmetrie ähnlich sind: Männer mit einem symmetrischen Gesicht waren häufiger in einer Beziehung mit Frauen, die ebenfalls ein symmetrisches Gesicht haben. Männer mit einem asymmetrischen Gesicht waren eher in einer Beziehung mit Frauen, die ebenfalls ein asymmetrisches Gesicht haben. In der geschlechtsspezifischen Maskulinität wurde jedoch kein Zusammenhang gefunden. Männer mit typisch männlichen Gesichtsmerkmalen waren nicht häufiger mit Frauen mit typisch weiblichen Gesichtsmerkmalen in einer Beziehung. Obwohl also frühere Forschung gezeigt hat, dass die meisten von uns geschlechtsspezifische Merkmale in einem Gesicht attraktiv finden, scheinen wir unsere Partner nicht basierend darauf auszuwählen, wie männlich oder weiblich das Gesicht auf uns wirkt.

Die Forschung zeigt also, dass wir unserem*r Partner*in zumindest in einem der wichtigsten Aspekte der Attraktivität entsprechen. 
  
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 Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Robert Burriss (Basel) - veröffentlicht am 04. Oktober 2020

(Un)erwünschte Persönlichkeitseigenschaften bei der Partnerwahl

Pinocchio-Figur

Foto: jackmac34

Wie ähnlich sind wir unserem*r Partner*in? Wählen wir sie getreu dem Motto „gleich und gleich gesellt sich gern“ oder doch eher „Gegensätze ziehen sich an“? Und auf welche Merkmale beziehen sich diese Auswahltendenzen?

Die Forschung zeigt, dass Menschen bei der Partnerwahl tendenziell Personen bevorzugen, die ihnen selbst ähnlich sind. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Personen ihre*n Traumfrau*mann mit Persönlichkeitseigenschaften beschreiben, die ihren eigenen ähnlich sind. Doch wie sieht das mit weniger begehrten Persönlichkeitseigenschaften aus? Suchen sich Menschen auch Partner*innen, die dieselben Persönlichkeitsschwächen haben wie sie selbst?

Eine Studie von Chelsea E. Sleep, Justin A. Lavner und Joshau D. Miller (2017)

Ähnlich aggressiv, verschlossen, … ?

Wenn es um die Partnerwahl geht, scheint sich das erste Sprichwort, „gleich und gleich gesellt sich gern“, zu bewahrheiten. Personen bewerten Persönlichkeitseigenschaften, die sie selbst haben, als wünschenswert bei einem*r Partner*in. Ist man selbst eher extrovertiert, bevorzugt man also tendenziell extrovertierte Partner*innen. Ist man sehr gewissenhaft, wünscht man sich dies auch von dem*r zukünftigen Partner*in. Doch gilt dies auch für Eigenschaften, die gesellschaftlich eher als unvorteilhaft betrachtet werden?
  
 Um diese Frage zu beantworten analysierten Sleep, Lavner und Miller von der Universität Georgia, USA, die Daten von 334 Erwachsen. Die Freiwilligen füllten einen internetbasierten Fragebogen aus, in dem sie sowohl ihre eigene Persönlichkeit einschätzten als auch bewerteten, wie wünschenswert verschiedene Persönlichkeitseigenschaften bei einem*r potentiellen Partner*in seien. Der Fragebogen enthielt dabei sowohl Eigenschaften die durchschnittlich eher als angepasst gelten - wie beispielsweise Gelassenheit - und solche, die eher als unangepasst gelten, wie Feindseligkeit oder Verschlossenheit.

Schwächen verstehen und tolerieren

Die Auswertung der Daten zeigte, dass die unvorteilhaften Persönlichkeitseigenschaften durchschnittlich als eher unerwünscht bei einem*r potentiellen Partner*in angesehen wurden. Dabei beurteilten Personen diese Eigenschaften als wünschenswerter, wenn diese bei ihnen selbst ebenfalls stärker ausgeprägt waren. Doch selbst dann wurden diese Eigenschaften nicht als wünschenswert angesehen, sondern lediglich als weniger unerwünscht.
  
In anderen Worten: Unser*e Traummann*frau sollte zwar nicht die gleichen Persönlichkeitsschwächen wie wir selbst haben, aber wenn es zur Partnerwahl kommt, scheinen wir toleranter für die kleinen Fehler zu sein, die wir auch von uns selbst kennen.
  

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von B.Sc., Sabrina Brunner (Basel) - veröffentlicht am 20. September 2020

Berührung gegen Stress

Massage

Foto: osteoclinic

Ferien und Urlaub sind zu Ende, man ist frisch und erholt wieder in den Schul- und Arbeitsalltag gestartet. Aber langsam verblasst die Entspannung und der Stress – wir kennen ihn alle – lässt nicht lange auf sich warten. Zeitdruck bei der Arbeit, eine wichtige Präsentation, ein Vorstellungsgespräch oder anstrengende Kollegen; Gründe für Stress gibt es täglich. Dass langandauernder Stress einen negativen Einfluss auf die Gesundheit haben kann, ist mittlerweile bekannt. Trotzdem kann man dem Stress oft nicht ausweichen. Umso wichtiger ist es daher zu wissen, was in einer belastenden Situation hilft. 
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Eine Studie von Ditzen et al., (2007) und Jakubiak & Freeney (2016)
 

Soziale Unterstützung

Die Forschung zeigt, dass soziale Unterstützung, insbesondere durch den Partner oder die Partnerin, den empfundenen Stress reduzieren kann und einen positiven Einfluss auf die Gesundheit hat. Doch welche Art von sozialer Unterstützung hilft dem Partner oder der Partnerin am meisten?
  
Dieser Frage hat sich die Forschungsgruppe um Beate Ditzen gewidmet. Sie unterzog 67 heterosexuelle Frauen einem “Stress-Test”. Dabei mussten die Frauen sich zuerst in einem 5-minütigen Vortrag für ihren Traumjob vorstellen und danach mündlich Kopfrechnungsaufgaben durchführen. Die Frauen waren unterteilt in drei Gruppen und erhielten vor dem Stress-Test unterschiedliche Unterstützung von ihrem Partner. In der einen Gruppe bekamen sie verbale Unterstützung, in der anderen Gruppe physische Unterstützung durch eine Nackenmassage und in der dritten Gruppe mussten sie alleine warten bis der Test begann.

Wundermittel Körperkontakt?

Die Frauen aus allen drei Gruppen nahmen den Stress-Test gleich belastend wahr. Allerdings zeigten die Frauen in der Gruppe mit der physischen Unterstützung eine geringere Zunahme der Herzrate sowie ein niedrigeres Level des Stresshormons Kortisol als die Frauen in den anderen Gruppen. Die körperliche Reaktion auf den Stress fiel also geringer aus.
  
Eine kurze Massage kann also eine gute Möglichkeit sein, den Stress im Alltag (oder zumindest die körperliche Reaktion darauf) etwas zu reduzieren. Die Forscher*innen vermuten, dass durch die Berührung die körperlichen Prozesse der Stressreaktion beeinflusst werden und auch andere Berührungen wie Umarmungen oder Händchenhalten einen ähnlichen Einfluss haben könnten.

Hilfe zur Selbsthilfe

Was jedoch, wenn der Partner oder die Partnerin nicht in der Nähe ist? Die Forscherinnen Jakubiak und Feeney konnten zeigen, dass bereits die imaginäre Vorstellung von physischer Unterstützung durch den Partner oder die Partnerin den empfundenen Stress reduzieren kann. Sie verwendeten dieselbe Versuchsanordnung wie Ditzen und Kollegen, außer dass die Versuchsteilnehmer*innen alleine kamen und sich die Berührungen nur vorstellten. Beim nachfolgenden Stress-Test beurteilten Personen, die sich physische Unterstützung vorgestellt hatten, den empfundenen Stress niedriger als Personen, die sich verbale Unterstützung oder das Aussehen des*der Partner*in vorgestellt hatten.
  
Befinden Sie sich alleine in einer belastenden Situation, kann es also schon genügen, sich beruhigenden Körperkontakt durch Ihre*n Partner*in einfach vorzustellen.

 
 Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von B.Sc., Sabrina Brunner (Basel) - veröffentlicht am 06. September 2020  

Mr. und Mrs. Perfect – Perfektionismus in Partnerschaften

Statue eines küssenden Paares

Foto: boxzero

Gut, besser, perfekt: Das Streben nach Perfektion kann alle Bereiche des Lebens betreffen, auch die Partnerschaft. Doch ist es ratsam, „Mr./Mrs. Perfect“ sein zu wollen oder sich als Partner*in zu wünschen?

Eine Studie von Joachim Stoeber (2012)

Perfektion in all ihren Formen

Wenn man den Begriff Perfektionismus hört, denkt man schnell an die Arbeit, die Schule oder das Studium. Man denkt an Personen, die im Büro immer ganzen Einsatz geben und alles richtig machen wollen. Doch Perfektionismus kommt auch in Partnerschaften vor. In Studien gaben sogar 23 - 28% der Teilnehmenden an, in ihrer Partnerschaft perfektionistisch zu sein.
Was aber bedeutet das? Wie sieht Perfektionismus in Partnerschaften aus?
  
Man unterscheidet zwischen zwei Arten von Perfektionismus in romantischen Beziehungen. Einerseits kann man perfektionistische Anforderungen an den*die Partner*in haben. Dies kann jeden Aspekt der Person betreffen; beispielsweise das Aussehen, das Verhalten oder die Romantik bei Dates. Aber auch den umgekehrten Fall von Perfektionismus kann es geben; wenn man nämlich selbst das Gefühl hat, dass der*die Partner*in Perfektion von einem erwartet.  

Erwartung mit Folgen

Welchen Einfluss haben solche perfektionistischen Erwartungen auf die Partnerschaft?
 
 
Um diese Frage zu beantworten, hat Joachim Stoeber, ein Psychologe der Universität Kent in Großbritannien, 58 Paare zu ihrem individuellen Perfektionismus und ihrer Beziehungszufriedenheit befragt.  
  
Es zeigte sich, dass die Teilnehmenden mit ihrer Beziehung weniger zufrieden waren, wenn sie selbst perfektionistischere Anforderungen an den Partner hatten. Auch wenn die Teilnehmenden das Gefühl hatten, der*die Partner*in hätte perfektionistische Erwartungen an sie, gaben sie eine niedrigere Beziehungszufriedenheit an.
  
Allerdings wurde kein direkter Zusammenhang zwischen den tatsächlich angegebenen perfektionistischen Erwartungen einer Person und der Beziehungszufriedenheit des*der Partner*in gefunden. Für die Beziehungszufriedenheit scheint also der wahrgenommene Perfektionismus des*der Partner*in wichtiger zu sein als der tatsächliche Perfektionismus. 
Wie kann man diese Zusammenhänge erklären?
 
 
Eine Möglichkeit wäre, dass sich Personen durch die empfundenen Erwartungen des*der Partner*in unter Druck gesetzt fühlen und darum weniger zufrieden mit der Beziehung sind. Gleichzeitig könnten Personen, die selbst perfektionistische Anforderungen an den*die Partner*in haben, ebenfalls unzufriedener sein, weil ihre Anforderungen seltener erfüllt werden (können). Eine andere aktuelle StudieExterner Link zeigt außerdem, dass Personen, die perfektionistische Erwartungen haben oder dies bei ihrem*ihrer Partner*in erleben, tendenziell weniger schnell bereit sind, Kränkungen zu vergeben. Auch dies könnte natürlich die Beziehungszufriedenheit vermindern.

Paradoxon Perfektionismus?

Alles in allem kann man sagen: Perfektion in der Beziehung zu erwarten scheint nicht zu einer perfekteren Beziehung zu führen, sondern dieser eher im Wege zu stehen. Wenn es um die Erwartungen an den*die Partner*in geht, ist gut vielleicht besser als perfekt.


  
 Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von B.Sc., Sabrina Brunner (Basel) - veröffentlicht am 23. August 2020

„Tat es eigentlich weh, als du vom Himmel gefallen bist?“

Fallschirmspringer

Foto: nightowl

Wir begegnen täglich neuen Menschen, lernen sie kennen und lassen uns bei einigen sogar auf ein erstes Date ein. Was haben diese Personen beim Kennenlernen richtig gemacht?

Nun, die meisten haben wahrscheinlich keinen der allzu bekannten und doch so unbeliebten Anmachsprüche benutzt.

Und trotzdem: die Forschung zeigt, dass es vielleicht einen Grund hat, warum Männer billige Anmachsprüche benutzen, welche die meisten Frauen hassen…

Eine Studie von Matthew Cooper und Kollegen (2007)

Der erste Eindruck zählt

Alle Beziehungen beginnen mit einer Konversation und alle Konversationen beginnen mit einem Eröffnungssatz.
  
Aber welche Eröffnungssätze sind die effektivsten und warum benutzen manche Menschen immer noch die gleichen schrecklichen Anmachsprüche?
  
Um dies herauszufinden, erstellten Matthew Cooper und seine Kollegen von der Universität Central Lancashire in Großbritannien eine Liste mit Anmachsprüchen. Eine Gruppe von Freiwilligen sollte sich einen Mann vorstellen, der versucht, eine Konversation mit einer Frau zu beginnen. Jede Konversation begann mit einem der Eröffnungssätze. Die Freiwilligen schätzten nun die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau die Konversation weiterführen oder sie bei diesem Eröffnungssatz sofort beenden würde.
  
Die Freiwilligen füllten zusätzlich einen Persönlichkeitsfragebogen aus und beschrieben, wie sie sich die ideale Partnerin oder den idealen Partner vorstellten.
  
Wie man vielleicht erwarten würde, fanden die Freiwilligen die stereotypen Anmachsprüche furchtbar. Stattdessen bevorzugten sie Kommentare, die auf dem Kontext der Begegnung beruhten oder etwas über den Charakter des Mannes, seine Interessen oder sein Vermögen aussagten. So hatte ein Mann bessere Chancen bei der Frau, wenn er ihr ein Taxi anbot, das er für sich selbst bestellt hatte oder wenn er sie bat, ihm bei der Auswahl einer teuren Uhr zu helfen. Weniger gut kamen abgedroschene Komplimente an, wie zum Beispiel: “Ich glaube, du hast da etwas in deinen Augen – oh, es ist nur ein Glitzern”. Sexuelle Aussagen und schlechte Witze wurden als noch weniger effektiv bewertet. Ein Mann der beispielsweise die Frau darauf anspricht, ob sie eine Zuckerrohrplantage besäße, da er mit ihr “Rum” machen wolle, ist meistens nicht sehr erfolgreich.

Tausendundein Versuch

Aber wenn das wahr ist, warum lernen manche Männer ihre Lektion noch nicht? Matthew Cooper nennt dafür verschiedene Gründe. Erstens denken Männer generell, dass schlechte Anmachsprüche gut seien. Verglichen zu Frauen glauben Männer, dass Anmachsprüche, die sich auf positive Charaktereigenschaften beziehen (z.B. Großzügigkeit oder guten Humor) weniger effektiv wären als sexuelle oder abgedroschene Anmachsprüche.
  
Eine andere Theorie ist, dass Männer zweideutige Anmachsprüche benutzen, um einerseits eine Frau zu beeindrucken und andererseits einen bestimmten Typ von Frau zu finden.
  
Dazu hat Matthew Cooper herausgefunden, dass extrovertierte Frauen – die einen unabhängigen, eingebildeten und kraftvollen Partner bevorzugen – eher auf einen “schlechten” Anmachspruch eingingen.
  
Ein Mann benutzt also vielleicht einen schalen Anmachspruch um schnell zu bestimmen, ob eine Frau sich für einen “Bad Boy” interessiert. Und wenn dies nicht der Fall ist, kann er denselben Anmachspruch bei der nächsten Frau an der Bar versuchen. Und bei der Nächsten, und der Nächsten, und der Nächsten…
  
 

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Robert Burriss (Basel) - veröffentlicht am 10. August 2020

Verknallt in Brad Pitt oder Harry Potter – über virtuelle Liebesbeziehungen im Jugendalter

Buch am Strand

Foto: teadrinker

Der Sommerurlaub rückt näher und endlich haben wir mal wieder Zeit ganz entspannt ein gutes Buch zu lesen oder den Filmmarathon zu machen, der schon so lange geplant war. Wir begeben uns in die Welten anderer Charaktere und lernen die Figuren kennen – genau wie früher bei unseren Lieblingsgeschichten, oder?

Haben Sie sich schon einmal einem dieser fiktiven Charaktere sehr verbunden gefühlt?
Oder waren Sie vielleicht sogar eine Zeit lang verliebt in einen Star oder eine Figur aus einem Film? In diesem Blogpost geht es genau um diese mehr oder weniger realen (sogenannten parasozialen) Beziehungen, die wir zu Stars und Berühmtheiten aufbauen und wie diese unsere Sicht auf Beziehungen im Erwachsenenalter prägen.

Eine Studie von Sarah E. Erickson und Sonya Dal Cin (2018)

Liebe nach Skript?

Besonders in den Jugendjahren kann es gängig sein, dass man sich in eine Person verliebt oder eine enge Beziehung zu jemandem pflegt, der nicht unmittelbar zum eigenen sozialen Umfeld gehört. Ob John Travolta in Grease oder Josh Hartnett im kitschüberströmten Film Pearl Harbor, in jeder Generation gibt es die Stars, die die Herzen der Jugend im Sturm erobert hat. Was bedeuten solche parasozialen Liebesbeziehungen für das spätere Liebesleben? 

Diese Frage haben sich Sarah E. Erickson und Sonya Dal Cin auch gestellt. Sie gingen davon aus, dass Personen, die in Jugendjahren intensivere parasoziale Beziehungen hatten, eher „klassischere“ heterosexuelle Liebesskripten bevorzugten. Das heißt, sie hatten zum Beispiel eher die Vorstellung, dass das Beste, was einer Frau passieren kann, ist, von jemandem geliebt zu werden oder dass Männer eher an physischen Beziehungen interessiert sind und Frauen eher an emotionalen.

Selbstwert und Zufriedenheit

Zudem gingen die Autorinnen davon aus, dass jugendliche parasoziale Beziehungen mit beziehungsabhängigem Selbstwert zusammenhängen würden. Das heißt, wenn ich damals in Josh Hartnett verliebt war, dann sollte mein Selbstwert als Erwachsene mit einer höheren Wahrscheinlichkeit davon abhängig sein, wie gut meine Beziehungen laufen. Ein beziehungsabhängiger Selbstwert ist tendenziell negativ besetzt, da er mit anderen Schwierigkeiten einhergeht. Beispielsweise tendieren Frauen, die ihren Selbstwert von Beziehungen abhängig machen, dazu, bei Beziehungsproblemen eher zum Alkohol zu greifen oder depressive Symptome zu entwickeln.

Zusätzlich zu diesen zwei Hypothesen wollten die Forscherinnen herausfinden, ob erinnerte, parasoziale Beziehungen im frühen Jugendalter damit zusammenhängen, wie leidenschaftlich ausgeprägt die Liebe im jungen Erwachsenenalter und wie hoch die Beziehungs- und sexuelle Zufriedenheit ist.

Schwärmen für die Stars

Die Studie umfasste über 400 Studentinnen aus den USA. Diese wurden dazu befragt ob sie im Alter zwischen 12 und 14 Jahren in einen Star verliebt waren (einen ‘Celebrity Crush’ hatten) oder einen Star sehr mochten. Falls dies der Fall war, wurden diese Studentinnen auch über ihren damaligen Schwarm befragt, also seinen Namen, wann die Verliebtheitsphase begann und ob sie sich jetzt noch mit dieser Person verbunden fühlten. 376 der gesamthaft 406 Studentinnen gaben an, in einen Star verliebt gewesen zu sein oder einen gemocht zu haben. Die anderen wurden aus der Analyse ausgeschlossen. 

Man sieht also, Celebrity Crushes sind ein weit verbreitetes Phänomen bei Frauen in ihren frühen Jugendjahren. 23 Prozent der Teilnehmerinnen gaben an, dass sie sich ihrem Star sogar heute noch verbunden fühlten. Zu den am häufigsten genannten Stars gehörten Aaron Carter, Zac Efron, Jesse McCartney, Joe Jonas und Justin Bieber. Knapp ein Viertel der Probandinnen (22%) waren aber in fiktionale Stars verliebt gewesen, wie beispielsweise Harry Potter, Edward Cullen (Twilight) oder Aragorn (Herr der Ringe).

Was aus Zac Efron und Co. wurde…

Die Autorinnen fanden, dass die Bindung zu einem Star im Jugendalter mit klassischeren Liebesskripten im jungen Erwachsenenalter einherging. Zudem berichteten die Probandinnen, die eine stärkere Bindung an einen Star erlebt hatten, von mehr leidenschaftlicher Liebe und einem stärker von Beziehungen abhängigen Selbstwert. 

Was jedoch nicht mit parasozialen Beziehung zusammenhing, war die aktuelle Beziehungs- und sexuelle Zufriedenheit der Teilnehmerinnen. Die Forscherinnen fanden aber, dass Frauen mit einer stärkeren parasozialen Beziehung im Jugendalter, ihre bisherigen sexuellen Erfahrungen als negativer einschätzten als diejenigen mit einer schwächeren parasozialen Beziehung im Jugendalter. 

Die Forscherinnen schließen, dass eine parasoziale Beziehung im Jugendalter häufig vorkommt und nebst vielen anderen Faktoren, wie beispielsweise Freundschaften, Familie und anderen persönlichen Erlebnissen, nur einen kleinen Teil zur Bewertung des eigenen Liebeslebens beiträgt. Parasoziale Beziehungen, so die Autorinnen, können somit ein Übungsfeld darstellen in dem Jugendliche Beziehungen für sich entdecken, ohne ihr Herz aufs Spiel setzen zu müssen.

Nichtsdestotrotz scheint es so als wären auch die kleineren, vielleicht unwichtig erscheinenden Poster-Anhimmeleien aus dem Jugendalter relevant für Liebesbeziehungen im Erwachsenenalter.

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 27. Juli 2020

Die Mutter ist immer schuld - wie frühkindliche Mutter-Kind Interaktionen Beziehungen im Erwachsenenalter mit formen

Mutter und Kind spielen gemeinsam

Foto: ParentiPacek

Da bei der aktuellen Erhebung ein Feedback zu Bindung gewünscht und auch gegeben wurde, soll das Thema, neben einer ersten Erklärung, was Bindung überhaupt ist, nun auch hier im Blog etwas näher beleuchtet werden.

Aus der Sicht der Psychoanalyse legen vor allem frühkindliche Beziehungen die Grundlage für unsere Beziehungen im weiteren Lebensverlauf. Stimmt das?

Eine Studie von Vivian Zayas, Walter Mischel, Yuichi Shoda und J. Lawrence Aber (2011)

Alles wie früher?

Eine weitverbreitete Annahme geht davon aus, dass frühkindliche Erfahrungen unsere Beziehungen im späteren Leben beeinflussen. Dabei spielt besonders die Beziehung und das ‘Caregiving’ der Mutter zum Kleinkind eine besondere Rolle, da Mütter meist die Hauptbezugsperson im frühkindlichen Alter sind. Es gibt aber leider wenig längsschnittliche Studien, die tatsächlich Kleinkinder bis ins Erwachsenenalter untersucht haben.
 
Vivian Zayas und ihre Kolleg*innen haben deshalb 36 Kleinkinder und ihre Mütter mit 18 Monaten untersucht und ein weiteres Mal mit 22 Jahren. Dabei wollten sie untersuchen wie das Umsorgen der Mutter im Kleinkindalter etwas damit zu tun haben könnte, welche Bindung Personen im Erwachsenenalter zu ihnen nahestehenden Menschen haben.

Gemeinsam Spielen

Um das mütterliche Verhalten mit ihren 18-monatigen Kindern zu messen, wurden diese jeweils zwei Mal gebeten in einem Raum mit Spielsachen 5 und 3 Minuten lang miteinander zu spielen. Dabei wurden die Spielsequenzen gefilmt und diese Videoaufnahmen im Anschluss ausgewertet. Dabei wurden u.a. Aspekte wie Gesichtsausdruck, Kontrolle, Stimmausdruck und Körperkontakt der Mutter auf den drei Dimensionen sensibel, kontrollierend und unempfänglich bewertet.
 
Den damals Kleinkindern wurden in einer Nachfolgeuntersuchung im Alter von 22 Jahren Fragebogen zur Bindung in nahen Beziehungen geschickt. Sie füllten den Fragebogen über ihre nahen Beziehungen im Allgemeinen, ihre Bindung zu ihrem Vater, ihrer Mutter, zu ihrem*ihrer besten Freund*in und zum*zur Partner*in aus.  
 
Hatte das Verhalten der Mütter in der Spielsituation mit 18 Monaten tatsächlich etwas mit späteren Beziehungen zu tun?

Mama’s Einfluss

Die Autor*innen fanden, dass je sensibler die Mutter auf das Kleinkind eingehen konnte während der Spielinteraktion, desto weniger ängstlich und vermeidender war dessen Beziehung zum/zur späteren romantischen PartnerIn. Zudem war die betreffende Person weniger vermeidend dem*der besten Freund*iIn gegenüber gebunden.
 
Das Gegenteil wurde für kontrollierendes Mutterverhalten gefunden: je kontrollierender die Mutter während des Spiels war, desto vermeidender und ängstlicher war die betreffende Person an ihre*n romantische*n Partner*in gebunden und desto vermeidender auch an den*die beste*n Freund*in.
 
Unempfängliches Verhalten jedoch, hing nicht mit späterer Bindung zusammen. Zudem fanden sich auch keine Zusammenhänge zwischen den mütterlichen Verhalten und der späteren Bindung zu den Eltern oder dem generellen Bindungsmuster in nahen Beziehungen.
 
Diese Studie liefert erste längsschnittliche Ergebnisse bezüglich Mutterverhalten im Kleinkindalter und späteren Beziehungen des Kindes. Jedoch muss hier erwähnt werden, dass die untersuchte Stichprobe sehr klein und selektiv war. Deshalb können die Ergebnisse nicht generalisiert werden. Es bedarf deshalb noch weiterer Untersuchungen um wirklich zu bestätigen, ob mütterliches Verhalten im Kleinkindalter tatsächlich erklären kann, warum einige Menschen im Erwachsenenalter unsichere Bindungen zu ihrem*ihrer Partner*in erleben.
 

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 10. Juli 2020

Was ist eigentlich Bindung?

Bindung - Baby umfässt Daumen eines Elternteils

Foto: trestletech

Stellen Sie sich vor, ein Kleinkind und die Person, die ihm am nächsten steht (häufig die Mutter) sind zusammen in einem Raum und das Kind spielt. Plötzlich steht die Mutter auf, geht aus dem Raum und kommt erst einige Minuten später wieder herein. Wie wird sich das Kind verhalten? Schreien oder weiterspielen? Die Mutter dankbar wieder begrüßen und sich trösten lassen, oder sich vor Angst und Wut kaum beruhigen? Und sagen solche Situationen irgendetwas darüber aus, wie das Kind sich später in Beziehungen verhalten wird?

Die erste Beziehung überhaupt 

… ist für ein Kind die Person, die ihm Geborgenheit gibt, es ernährt, wickelt, tröstet und in den Schlaf wiegt. Die Nähe zu dieser Bezugsperson ist für das Kind überlebenswichtig, und nur der sichere Hafen bei dieser Person ermöglicht es dem Kind, die Welt nach und nach zu erkunden. Bindung bezeichnet die emotionale Verbindung zu dieser Person, aber auch wie sicher oder unsicher dieser „Hafen“ vom Kind empfunden wird, und mit welchem Verhalten es auf unsichere Situationen reagiert. Eine Person, die verlässlich (also auch vorhersagbar) und liebevoll ist, sowie auf Gefühlsregungen des Kindes entsprechend reagiert (Weinen – Trösten), bildet eine gute Basis für eine sichere Bindung.

(Un-)Sicher? - Vier Bindungstypen

Mary Ainsworth entwickelte einen praktischen Test, um die Bindung von 12 bis 18 Monate alten Kindern zu Ihren Müttern untersuchen zu können. Dieser ist am Anfang dieses Textes beschrieben worden: Im Grunde geht es darum, wie Kinder auf die unsichere Situation des Verlassen-Werdens reagieren, und ob sie die Mutter danach wieder als Schutzspenderin und Trösterin an sich heranlassen oder nicht. Anhand des Verhaltens des Kindes wird dabei grundsätzlich zwischen sicher und unsicher gebundenen Kindern unterschieden. Unsicher gebundene Kinder können wiederum auf unterschiedliche Arten unsicher gebunden sein. 

Sichere Bindung ist im Fremde-Situation-Test dadurch gekennzeichnet, dass das Kind beim Verlassenwerden traurig und ängstlich reagiert sowie versucht der Mutter zu folgen. Wenn sie zurückkehrt, lässt es sich schnell von ihr trösten. Kinder mit sicherer Bindung brauchen und vermissen ihre Bezugsperson, vertrauen aber darauf, dass sie wiederkehren wird.

Unsicher – ambivalent gebundene Kinder reagieren beim Verlassenwerden geradezu verzweifelt: Sie schlagen gegen die Tür, sind außer sich, traurig und verzweifelt. Wenn die Bezugsperson zurückkehrt, suchen sie zwar intensiv die Nähe, beruhigen sich dadurch jedoch kaum. Ambivalent bezieht sich darauf, dass diese Kinder kein Vertrauen in die Bezugsperson haben: Sie wollen Nähe und machen daher auf sich aufmerksam, sind jedoch gleichzeitig ärgerlich aufgrund der Erfahrung des Verlassenwerdens und trauen ihrer Bezugsperson zu, sie jederzeit wieder allein zu lassen, und vielleicht nicht wiederzukehren.

Unsicher – vermeidende Bindung äußert sich im Fremde-Situation-Test von Ainsworth etwas unauffälliger, ist jedoch genauso wie die ambivalente Bindung durch fehlendes Vertrauen in die Bezugsperson gekennzeichnet. Diese Kinder lassen sich in der Situation des Verlassenwerdens kaum anmerken, dass sie das stört. Sie zeigen ihre Gefühle nicht, und ignorieren die Bezugsperson auch bei der Wiederkehr, während sie völlig fremden Menschen Aufmerksamkeit schenken. Genau wie ambivalent gebundene Kinder haben sie die Erfahrung gemacht, dass sie sich nicht auf die Bezugsperson verlassen können. Sie erwarten nicht, dass ihre Emotionen und Bedürfnisse ernst genommen werden, und eine Zuwendung zur Bezugsperson erhoffte Effekte bringt. Daher begeben sie sich in eine Pseudo-Unabhängigkeit.

Über diese drei Bindungstypen hinaus wurde später noch die desorganisierte Bindung beschrieben. Sie ist gekennzeichnet durch ein hilfloses, nicht strukturiertes Verhalten des Kindes und tritt meist auf, wenn die das Kind versorgende Bezugsperson ihm gleichzeitig Schaden zufügt: So befindet es sich in einer ausweglosen Situation, in der nicht nur Distanz, sondern auch Nähe zur Bezugsperson ihm schaden.

Bindung im Erwachsenenalter

Darüber, wie sehr die soeben beschriebene erste Bindung zur Mutter/Vater/Bindungsperson sich auf alle zukünftigen Beziehungen einer Person auswirkt, lässt sich streiten. Zu behaupten, dass dieses eine Muster sich genau gleich immer wiederholt, wäre zu einfach. Denn in neuen Beziehungen können Erfahrungen hinzugewonnen werden. Viele Studien zeigen jedoch, dass es einen Einfluss gibt: Sicher gebundene Kinder haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, später zufriedenstellende Beziehungen aufrecht erhalten zu können.

Das wiederkehrende Motiv dabei ist die Frage: Nehme ich meine Bezugsperson (im Erwachsenenalter meist der Partner, aber auch enge Freunde oder andere nahestehende Personen) als verlässlich wahr? Wende ich mich an sie, wenn es mir schlecht geht oder ich Rat benötige? Und bin ich auf Basis dieser Sicherheit dazu in der Lage, mutig und selbstsicher durchs Leben zu gehen, mit der Gewissheit, dass andere mich auffangen werden falls es nötig sein wird? 

 

Wenn Sie diesen Fragen für sich persönlich mehr auf den Grund gehen möchten, können Sie ein Feedback zu Ihrem Bindungsstil im Rahmen unserer PASSTExterner Link – Befragung im Juli erhalten.

Was zieh‘ ich heute an?

Frau betrachtet ihr Spiegelbild

Foto: milyvanily

Ob Tinder oder Zufallsbegegnung, frisch verliebt oder langbewährt: Restaurants, Kinos und viele weitere Orte laden uns und unsere Liebsten nach langer Zeit wieder zu ersten Dates ein.

Eine Frage, die nicht ausbleibt, ist natürlich die Kleiderfrage. „Was zieh‘ ich bloß an?“ und das Beschweren „nichts anzuziehen zu haben“ (trotz dem Besitz eines Kleiderständers in der Größe eines Tennisplatzes), sind so universelle Aussagen, dass sie mittlerweile sogar schon zum Filmklischee geworden sind.

Eine Studie von Robin Kramer und Jerrica Mulgrew (2018)

 

Kleider machen Leute

Natürlich sollten wir etwas tragen, das uns attraktiver erscheinen lässt. Aber was? Glücklicherweise haben PsychologInnen genau diese Frage untersucht. Einige (aber nicht alle) Experimente zeigen, dass Frauen als anziehender betrachtet werden, wenn sie Kleidung tragen, die rot ist, anstatt blau, grün oder gelb. Der positive Effekt von Rot zeigt sich bei Männern weniger, vielleicht weil Männer tendenziell weniger nach dem Aussehen beurteilt werden als Frauen, weil Rot bei Männern auch Aggression signalisiert oder weil helle Farben seltener ein Merkmal der formellen Kleidung von Männern sind (ein Mann mit einem scharlachroten Anzug könnte eher als seltsam denn als sexy angesehen werden).
 
Nun, wenn rote Kleidung attraktiver ist, tragen Leute tatsächlich mehr rote Kleidung, wenn sie zum ersten Mal einen potenziellen Partner treffen? 

Attraktiv oder nicht?

Im Jahr 2016 hat ein Team von WissenschaftlerInnen aus Deutschland und den USA einen raffinierten Trick mit einer Gruppe von freiwilligen Frauen durchgeführt. Sie mailten jeder Frau eine Wegbeschreibung zu ihrem Labor und fügten ein Foto des männlichen Forschungsassistenten an, den sie dort treffen würden. Die Hälfte der Frauen erhielten das Foto eines attraktiven Mannes; bei der anderen Hälfte war der Mann weniger attraktiv. Diejenigen Freiwilligen, die dachten, sie würden den gutaussehenden Assistenten treffen, trugen häufiger Rot als diejenigen, die einen unattraktiven Assistenten erwarteten.
 
Robin Kramer und Jerrica Mulgrew von der Universität von Lincoln in Großbritannien und der Trent Universität in Kanada haben jedoch kürzlich darauf hingewiesen, dass dieses Experiment die Frage nicht löst. Das Treffen zwischen einer Studienteilnehmerin und einem Forschungsassistenten ist keine eindeutig romantische Begegnung. Tragen Frauen – und Männer – mehr rote Kleidung, wenn sie einander im realen Leben für ein erstes Date treffen?

Date vs. Interview

Glücklicherweise hatten Kramer und Mulgrew Zugang zu einer Datenbank mit Hunderten von ersten Dates, die alle auf Video aufgenommen worden waren. Und alle anderen in Großbritannien ebenfalls, denn seit 2013 läuft im britischen Fernsehen eine Reality-Show mit dem Namen „Erste Dates“. In dieser Show erleben Personen ein Blind Date in einem Londoner Restaurant voll von Kameras. Es ist quälend und schön, erschreckend und herzerwärmend.
 
Und, wie man sieht, eine reiche Datenquelle.
 
Kramer und Mulgrew ließen ein Team von ForschungsassistentInnen (Attraktivität unbekannt) Aufnahmen von 279 Frauen und 267 Männern ansehen, wobei sie die Menge an Rot, Blau und Schwarz in deren Kleidung notierten.
 
Die Personen fungierten auch als ihre eigene Kontrollgruppe: An einem Tag vor dem Blind Date wurde jede Person, die in der Show auftrat, alleine interviewt. Welche Kleidungsfarbe haben sie für dieses nicht romantische Interview gewählt?

Back in Black

Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Personen bei einem Date im Allgemeinen mehr schwarze als rote oder blaue Kleidung trugen (nicht überraschend, da frühere Forschung vermuten lässt, dass schwarze Kleidung als modischer angesehen wird). Aber Kramer und Mulgrew fanden auch heraus, dass die Personen bei dem Date öfters Schwarz und Rot trugen, als während der Interviews. Blaue Kleidung dagegen wurden bei den Interviews und den Dates gleichermaßen getragen.
 
Unterschiede zwischen den Geschlechtern gab es keine: Rote und schwarze Kleidung wurde bei Dates sowohl von Frauen als auch von Männern häufiger getragen.
 
Die Wirkung der Situation (Date oder kein Date) war für Schwarz grösser als für Rot. Kramer und Mulgrew spekulieren, dass dies daran liegen könnte, dass „sowohl Schwarz als auch Rot die Attraktivität erhöhen könnten, aber nur [Rot] mit sexuellem Interesse/Absicht verbunden ist“. Mit anderen Worten, wenn wir uns für ein Blind Date kleiden, zögern wir vielleicht, sexuelle Absichten zu zeigen. Es könnte also sein, dass Personen bei einem Date mehr Rot tragen, wenn sie bereits wissen, dass ihr*e Partner*in attraktiv ist. Um diese Möglichkeit zu testen, brauchen wir aber mehr Daten.
 
Vielleicht wagen wir in diesem Sinne ja ein kleines Selbstexperiment und lassen uns doch auf ein zweites Date mit unserem*unserer Partner*in (und dem Kleiderschrank) ein…
 
 
Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Robert Burriss (Basel). - veröffentlicht am 16. Juni 2020

“To Tinder or not to Tinder?” - das ist hier die Frage

Straßenschild mit Pfeilen nach links und rechts

Foto: Pexels

Nachdem die Dating-App „Tinder“ trotz (oder gerade wegen) Corona einen neuen Rekord vermeldet hat, möchten wir Ihnen einen kleinen Einblick in die Welt einer mobilen Dating-App verschaffen, die sogar die Neugier der PartnerschaftsforscherInnen geweckt hat.

Eine Woche nachdem die Kontaktbeschränkungen erweitert wurden (29. März), wurden bei Tinder drei Milliarden „Swipes” an einem Tag aufgezeichnet. Von den Betreibern der App wurde explizit darum gebeten, zuhause zu bleiben und nur zu chatten, was auch von vielen Nutzern befolgt wurde. Die Zahl der Unterhaltungen stieg um 33 Prozent und auch die Dauer der Gespräche nahm um 17 Prozent zu. [1]

Eine Studie von Elisabeth Timmermans & Elien De Clauwé (2017)

Links oder rechts?

Mit Hilfe der Dating-App Tinder werden einem Personen in der selbstgewählten Umgebung vorgeschlagen und man entscheidet allein anhand von Profilbildern sowie der Alters- und Geschlechtsangabe, ob es sich bei dem Vorschlag um einen Top oder Flop handelt. Es ist ein redlich einfaches Prinzip: Die „Unerwünschten“ werden nach links und die „Passenden“ nach rechts gewischt. Wenn sich beide Parteien für interessant genug befunden haben, ergibt sich ein „Match“ und sie erhalten weitere Infos zum jeweils anderen. Dann ist es auch erst möglich miteinander zu chatten.
 
Tinder ist sehr beliebt und hat seit seiner Gründung im Jahr 2012 schon schätzungsweise 50 Millionen Nutzer weltweit angezogen (Stand März 2017). Das ist eine beeindruckende Zahl - aber scheinbar gibt es noch immer Singles, die sich gegen Tinder entscheiden.
 
Die Frage, die sich stellt ist, worin unterscheiden sich Personen, die auf Tinder zurückgreifen von denjenigen, die darauf verzichten? Und was treibt Tinder-Nutzer*nnen an, die Dating-App zu verwenden?
 
Im Rahmen einer Online-Umfrage sind die beiden belgischen Wissenschaftlerinnen Elisabeth Timmermans und Elien De Clauwé (2017) diesen Fragen nachgegangen. Insgesamt wurden 502 Singles untersucht, von denen 378 angegeben haben, dass Sie aktuell Tinder verwenden und die übrigen 124, dass Sie Tinder noch nie genutzt haben.

Tinder-Nutzer*innen vs. Nicht-Nutzer*innen

Die Autorinnen der Studie haben sich angeschaut, ob sich Persönlichkeitsunterschiede zwischen Usern und Nicht-Usern beobachten lassen. Sie konnten zeigen, dass Tinder-Nutzer*innen im Durchschnitt extravertierter, offener und weniger gewissenhaft waren als Nicht-Nutzer*innen. Ob die Personen sich selbst als mehr oder weniger emotional stabil oder verträglich beschrieben haben, schien dagegen keine Rolle für die Tinder-Nutzung zu spielen.

Motivation hinter der Tinder-Nutzung

In einer Reihe vorheriger Studien wurden bereits die gängigsten 13 Gründe zur Nutzung von Tinder identifiziert. Zu diesen zählten: Soziale Bestätigung, Zeitvertreib/ Unterhaltung, auf Reisen sein, sexuelle Erfahrungen, über den Ex hinwegkommen, Zugehörigkeit, Partnerschaftssuche, Flirten/Soziale Fertigkeiten, sexuelle Orientierung, Socializing, Gruppenzwang, Ablenkung und Neugier. Diese Motive wurden in einem Fragebogen zusammengefasst, aus dem die Teilnehmenden der aktuellen Studie die für sie zutreffenden Optionen auswählen konnten. Erstaunlicherweise zeigte sich, dass „Zeitvertreib/Unterhaltung“, „Neugier“, „Kontakte knüpfen“ und „Soziale Bestätigung“ zu den wichtigsten Motiven zählten, während „Sex“ und „Über den Ex hinwegkommen“ beispielsweise eine geringere Bedeutung beigemessen wurde.
 
Weiterhin konnten die Autorinnen zeigen, dass sich die Motive für die Tinder-Nutzung auch nach der Persönlichkeit der User unterschieden. So suchten extravertiertere Personen beispielsweise eher nach einem Zeitvertreib und Unterhaltung bei der Tinder-Nutzung und erhofften sich weniger, dass Sie dadurch einen neuen Partner finden. Bei eher gewissenhaften Personen sah das Muster genau umgekehrt aus.
 
Fazit: Persönlichkeitseigenschaften scheinen eine Rolle dabei zu spielen, ob und warum Tinder verwendet wird. Zudem scheint der Nutzung von Tinder ein deutlich vielfältigeres Motivationsspektrum zugrunde zu liegen als man wohl zunächst erwarten könnte...



Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von M.Sc., Jenna Wünsche (Basel) - veröffentlicht am 06. Juni 2020

 

[1] Kießler, J. (2020, April 11.). Online-Dating boomt in Zeiten des Coronavirus, Abgerufen 20.05.2020 von https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/online-dating-coronavirus-102.htmlExterner Link

Der beste Freund einer Beziehung: Was Haustiere für eine Partnerschaft bedeuten

auf Sofa liegender Hund

Foto: falellorente

Im Moment bekommen sie wahrscheinlich mehr von uns zu sehen, als gewohnt: unsere Haustiere, die uns in Zeiten der Kontaktbeschränkung Gesellschaft leisten. Treuer Begleiter und festes Familienmitglied für viele, gar nicht mehr wegzudenken aus dem Leben der Besitzer*innen. Und noch dazu bringen Haustiere ihren BesitzerInnen viele Vorteile: Sie steigern das Wohlbefinden, die Bewegung und Gesundheit. Bereichern aber Fifi, Bello und Luna auch eine Paarbeziehung? 

Eine Studie von Anika Cloutier und Johanna Peetz (2016)

Balsam für die Seele

Haustiere sind wichtige Bestandteile im Leben ihrer Besitzer*innen. Sie gehören zur Familie und bringen zudem vielerlei Vorteile. Man fand beispielsweise, dass Hundebesitzer*innen häufiger soziale Kontakte knüpften und mehr freundliche Konversationen mit Fremden führten. Haustiere können zudem auch therapeutisch wirken und bringen Nutzen für die physische und psychische Gesundheit. So zeigte sich zum Beispiel, dass Haustierbesitzer*innen von weniger Ängstlichkeit und Stress und einem höheren Selbstwertgefühl berichten.

Verbindungsglied Haustier

Hund, Katz und Co. können aber auch auf romantische Partnerschaften Einfluss nehmen, da ein Haustier ein gemeinsames Investment bedeutet. Zudem kann das Besitzer*innen von Haustieren auch Gelegenheiten schaffen, beziehungsaufrechterhaltendes Verhalten zu zeigen, z.B. wenn man gemeinsam mit dem Hund Gassi geht oder zusammen den Tierarzt besucht. Des Weiteren können Haustiere die Empathie und das Einfühlungsvermögen von Kindern und Erwachsenen fördern, was sich sicherlich auch günstig auf die Paarbeziehung auswirken kann.

Vorteile teilen

Zwei Forscherinnen aus Kanada haben deshalb in drei Studien untersucht, wie sich die Haustierhaltung auf die Beziehung auswirken kann. In einer ersten Studie wurden 110 Haustierbesitzer*innen online befragt, welchen Einfluss sie denken, dass ihr gemeinsames Haustier auf ihre Beziehung hat. Aus den offenen Antworten ergab sich, dass die Vorteile die Nachteile überwiegten: Es wurden 194 Vorteile und 18 Nachteile gefunden. Vorteile bezogen sich auf die geteilte Liebe zum Tier, eine verbesserte Partnerwahrnehmung, mehr Nähe zwischen den Partner*innen, geteilte Verantwortlichkeit und dass es sich wie eine Familie oder ein gemeinsames Kind anfühlt. Zu den negativen Effekten gehörten beispielsweise mehr Konflikte und ein gesteigertes Stressempfinden. Das heißt, die Wahrnehmung von HaustierbesitzerInnen hinsichtlich ihrer Partnerschaft sind vornehmlich positiver Natur.
 
In einer zweiten Studie wurden Paare mit und ohne Haustiere vergleichen. 58 Paare mit/ohne Haustier nahmen an der Studie teil. Die Autorinnen fanden, dass Paare mit einem Haustier eine höhere Beziehungsqualität berichteten als Paare ohne Haustier. Zudem berichteten Paaren mit Haustieren von mehr Zugewandtheit gegenüber ihrem*ihrer Partner*in und mehr Beziehungsinvestment.

Empathie – ein ganzes (Haustier-)leben lang

Zu guter Letzt, fanden die Autorinnen in einer dritten Studie, basierend auf 192 amerikanischen Teilnehmenden, dass sich diese Personen mit und ohne Haustier in ihrer Beziehungsqualität und Empathie nicht unterschieden. Die Autorinnen zeigten aber, dass die Anzahl der Jahre, in denen die Teilnehmenden ein Haustier besaßen mit der Empathie der Personen einherging. Je länger man mit einem Haustier lebte, desto einfühlsamer war man tendenziell. Zudem hing die Anzahl der Jahre, die mit einem Haustier verbracht wurden, auch mit verschiedenen Beziehungsvariablen zusammen, wie beispielsweise mit beziehungsaufrechterhaltendem Verhalten, Beziehungscommitment und der Paaridentität – aber nicht mit Partnerschaftsqualität.
 
Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Erfahrungen mit Haustieren die Partnerschaft bereichern können und zwar nicht nur während man gemeinsam ein Haustier hat, sondern schon die persönliche Vergangenheit mit Haustieren kann einen positiven Effekt auf die aktuelle Beziehung zeigen.


Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 18. Mai 2020

Happy Wife, Happy Life: Über Essentscheidungen in romantischen Beziehungen

Paar sitzt gemeinsam beim Essen in einem Straßencafé

Foto: Pexels

Corona und kein Ende! Die immer noch geltenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen machen vielen von uns weiterhin zu schaffen. Mit der aktuellen Schließung von Restaurants, Cafés, Biergärten und anderen kulinarischen Tempeln rückt zudem eine Frage noch stärker als sonst täglich immer wieder in den Fokus: “Was wollen wir heute essen?” Diesem Entscheidungsprozess sind einige Forscherinnen aus den USA nachgegangen und haben dabei herausgefunden, wann wir unser Essverhalten an unsere*n Partner*in anpassen—und wann nicht.

Eine Studie von Jonathan Hasford, Blair Kidwell und Virginie Lopez-Kidwell (2018)

Dinner for Two

Obwohl Paare ungefähr die Hälfte aller ihrer Mahlzeiten gemeinsam einnehmen, gibt es noch wenige Studien darüber, wie eine Partnerschaft unser Essverhalten beeinflusst. Essen ist ein wichtiger Bestandteil beim Kennenlernen eines*einer neuen Partner*in aber auch beim Aufrechterhalten einer Beziehung.
 
Stellen Sie sich vor, Sie sind auf der ersten Verabredung mit einer Person, mit der Sie gerne eine Beziehung eingehen möchten. Suchen Sie sich abhängig davon, was die andere Person wählt, ihr Menü auf der Speisekarte aus? Und wie sieht es aus, wenn Sie mit einer Person weiterhin in einer Beziehung bleiben möchten, passen Sie dort Ihr Essverhalten auch an?
 
Um diese Fragen zu beantworten führten Hasford und Kollegen insgesamt vier verschiedene Untersuchungen durch um zu zeigen, dass Frauen eher in der Beziehungsbildungsphase ihr Essverhalten an den Mann anpassen, wohingegen Männer ihr Essverhalten eher in einer gefestigten Beziehung an die Partnerin anpassen.

Weißt du schon, was du nimmst?

Wie wurde dies untersucht? In einer der vier Studien wurden beispielsweise Paare befragt, die nach einer Mahlzeit das Restaurant verließen. Die Paare berichteten, wer zuerst bestellte und was beide Partner*innen aus der Menükarte aussuchten. Zudem wurde untersucht, ob das Paar zusammen („dating“ also in der Beziehungsbildungsphase) oder verlobt/verheiratet (in der Beziehungsaufrechterhaltungsphase) war. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen in Paaren, die sich in der Beziehungsbildungsphase befanden, sich eher mit ihrer Menüwahl an den Partner anpassten, wenn dieser zuerst bestellte und Männer sich in verlobten oder verheirateten Paaren eher an die Partnerin anpassten, wenn diese zuerst bestellte.

Blaukraut und Brautkleid

Die Ergebnisse illustrieren, wie unser*e Partner*in unsere Entscheidungen wesentlich mitbeeinflussen kann und dies auch in Bezug auf die Essenwahl. Zudem veranschaulicht die Studie, dass Männer eher Einfluss auf das Essverhalten ausüben, wenn sich ein Paar in der Beziehungsbildungsphase befindet, wohingegen Frauen das Esseverhalten ihres Partners eher in der Beziehungsaufrechterhaltung formen.
 
Konkret heißt das: Frauen, verabredet euch mit Männern, die sich gesund ernähren und Männer: bleibt mit Frauen zusammen, die einen gesunden Essensstil haben. So bleiben die Erinnerungen an die gemeinsamen Mahlzeiten nicht an der Waage kleben.
 

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 04. Mai 2020

Dein Glück ist meine Gesundheit!
Wie die Lebenszufriedenheit der besseren Hälfte mit unserer eigenen Gesundheit zusammenhängt

Frau putzt sich die Nase

Foto: Mojpe

Angesichts der Corona-Virus-Pandemie wird momentan überall darüber gesprochen, wie man sich am besten gesund halten kann und was uns eigentlich wirklich glücklich macht. Doch inwieweit hat man Glück und Gesundheit eigentlich in der Hand? Aktuelle Forschung geht davon aus, dass es nicht nur einen Unterschied für die eigene Gesundheit macht, ob man selbst glücklich ist sondern auch, wenn der*die Partner*in glücklich ist.

Eine Studie von William J. Chopik und Ed O’Brien (2017)

Was macht die Gesundheit einer Person aus? Ein spannender Ansatzpunkt in der Forschung besteht darin, zu schauen, wie glücklich Personen sind. Hohe Lebenszufriedenheit sagt nämlich ein besseres Immunsystem, bessere kardiovaskuläre Fitness, weniger Angriffsfläche gegenüber chronischem Stress und ein längeres Leben vorher. Dem liegt zugrunde, dass glückliche Menschen beispielsweise eher Sport treiben, ihr Gewicht beobachten, aktive Hobbies pflegen und anderen gesundheitsförderlichen Aktivitäten nachgehen.
  
Abgesehen von unserer eigenen Zufriedenheit, üben uns nahestehende Personen ebenfalls einen Einfluss auf unser Leben und unsere Gesundheit aus. Sie erinnern uns beispielsweise daran wieder mal zum Arzt zu gehen oder wir passen uns ihnen an, wenn sie sich entscheiden gesünder zu leben (z.B. ein gemeinsamer Monat ohne Zucker oder Alkohol). Dies erscheint plausibel. Kann aber auch das empfundene Glück unserer Partner bzw. unserer Partnerinnen den eigenen Gesundheitszustand vorhersagen?

Du bist glücklich, ich bin gesund

Drei Gründe sprechen dafür, dass insbesondere glückliche Partner*innnen die eigene Gesundheit fördern: Erstens sind glückliche Partner*innen besser darin, uns zu unterstützen. Zweitens können uns glückliche Partner*innen eher dazu bringen, uns in gesunde Aktivitäten und Routinen zu verwickeln, wie beispielsweise regelmäßig zu schlafen oder gesundes Essen einzukaufen. Und zuletzt könnte das Wissen um die Zufriedenheit der Partner*innen dazu beitragen, dass man sich selbst weniger in schädlichen Verhaltensweisen verliert, wie beispielsweise zu viel zu trinken oder zu rauchen.
  
Um dieser Idee nachzugehen, untersuchten William Chopik und Ed O’Brien knapp 2 000 Paare über sechs Jahre hinweg. Die Ergebnisse zeigten, dass ungeachtet des Alters, Geschlechts und Bildungsniveaus glücklichere Personen später körperlich gesünder waren, weniger körperliche Einschränkungen hatten und seltener chronische Erkrankungen berichteten. Zudem waren glückliche Personen später auch körperlich aktiver. Zudem zeigte sich, dass die Zufriedenheit des Partners auch mit höherer Gesundheit (sei es weniger Erkrankungen oder mehr körperlicher Aktivität) zusammenhing. Eine Ausnahme gab es jedoch: ein glücklicher Partner war, statistisch gesehen, kein Schutz vor (allerdings auch kein Risikofaktor für) chronischen Erkrankungen.

Ein gesunder Körper lebt in einem gesunden Paar

Mens sana in corpore sano, also ein gesunder Geist in einem gesunden Körper kann somit erweitert werden: Ein glücklicher Geist und ein*e glückliche*r Partner*in gehören zu einem gesunden Körper! Vielleicht ist es also doch auch ganz gut, dass wir im Augenblick so viel Zeit mit unseren Liebsten verbringen können, schließlich halten sie uns gesund. 

Mit freundlicher Genehmigung adaptiert von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 21. April 2020

Lachen wir uns glücklich! 
Wie täglicher Humorgebrauch mit der Beziehungszufriedenheit und -stabilität zusammenhängt

Lachende Frau neben einem Clown mit Ballontier

Foto: StockSnap

In unserem Feature zu „Was ist eigentlich Humor?“ haben wir unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema angeschnitten. Nun soll es darum gehen, was für ein entscheidender Bestandteil von sozialen Beziehungen Humor ist. Er spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht Partnerschaften zu bilden und aufrechtzuerhalten. Humor hält Partnerschaften aufrecht, indem es das Gefühl von Nähe und Intimität stärkt, die Beziehungszufriedenheit steigert und zur Konfliktlösung beiträgt.

Eine Studie von Sara Caird und Rod A. Martin (2014)

In der Humorforschung werden vier verschiedene Humorstile unterschieden. Zwei sind dabei positiv und hilfreich und zwei eher negativ und weniger hilfreich für Beziehungen.

Der soziale Humorstil hat zum Ziel Beziehungen zu stärken und zeichnet sich durch lustige Geschichten, witzige Kommentare oder amüsierende Verhaltensweisen aus. Im Gegensatz dazu steht der aggressive Humor, welcher sich darauf fokussiert sich über andere lustig zu machen, spöttisch zu sein oder abfällige Bemerkungen zu machen.

Des Weiteren findet sich der selbstaufwertende Humorstil, bei dem es darum geht, mit Humor auf unangenehme Situationen zu reagieren und besser in der Lage zu sein mit ihnen umzugehen. Personen mit einem selbstaufwertenden Humorstil pflegen einen humorvollen Umgang mit dem Leben. Schließlich gibt es noch den selbstabwertenden Humorstil. Personen, die sich mit Humor selbst abwerten, erheischen sich damit Anerkennung oder Aufmerksamkeit von anderen, in dem sie Dinge sagen oder tun, die sie selbst herabsetzen.

Humor in Beziehungen

Die Autoren untersuchten 136 kanadische Studierenden im Alter zwischen 17 und 25 Jahren, die zur Zeit in einer heterosexuellen Beziehung waren mit einer mittleren Beziehungsdauer von knapp 19 Monaten.

Die Teilnehmenden haben zwei Mal wöchentlich für durchschnittlich 26 Tage Fragebögen beantwortet, in denen sie von ihrem Humorgebrauch und ihrer Beziehungszufriedenheit berichteten. Nach fünf Monaten wurden die Teilnehmenden erneut kontaktiert um nachzufragen, ob sie sich zwischenzeitlich getrennt hatten.

Über die verschiedenen Tage hinweg betrachtet, fanden die Autoren, dass der durchschnittliche Gebrauch von sozialem Humor mit gesteigerter Beziehungszufriedenheit zusammenhing, wohingegen der Gebrauch von aggressivem und selbstabwertendem Humor mit mehr Unzufriedenheit und verringerter Beziehungszufriedenheit einherging. Der selbstabwertende Humorstil war vor allem dann auf täglicher Basis hinderlich für die Beziehungszufriedenheit, wenn er über die verschiedenen Wochen hinweg viel benutzt wurde. Zusätzlich zeigte sich, dass Personen, die mehr sozialen Humor berichteten, eher in der Partnerschaft blieben als Personen mit weniger sozialem Humor.

(Sozialer) Humor macht alle glücklich

Die Studie deutet darauf hin, dass besonders der soziale Humorstil eine wichtige Rolle in zufriedenen und stabilen Partnerschaften spielt. Somit sind durchschnittlich insbesondere diejenigen Personen zufriedener in ihrer Beziehung und bleiben auch länger mit ihrem Partner zusammen, die Humor dafür verwenden andere auf wohlwollende Art zum Lachen zu bringen.

Welcher Humortyp sind Sie? In der aktuellen Befragung in PASSTExterner Link können Sie das herausfinden!

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 1. April 2020

Das Handy; Kommunikationsmittel oder –hindernis?

Smartphone neben Notizbuch

Foto: Pexels

In der Straßenbahn, an der Uni, bei der Arbeit, und sogar im Restaurant beim romantischen Dinner zu zweit: Das Handy ist mittlerweile beinahe allgegenwärtig. Kaum jemand geht mehr ohne sein Handy aus dem Haus und dank der ständig zunehmenden technischen Möglichkeiten dient es mittlerweile nicht nur als Telefon, sondern gleichzeitig auch als Computer, Kalender, Notizheft, Rezeptbuch und Spielkonsole. Doch welche Auswirkungen hat die Präsenz des Handys auf zwischenmenschliche Beziehung?

Studien von Andrew K. Przybylski & Netta Weinstein (2012) sowie von James A. Roberts & Meredith E. David (2015)

Um herauszufinden welchen Einfluss die Gegenwart eines Handys auf das Kennenlernen von zwei Personen hat, hat ein Forscherteam aus Deutschland 70 Freiwillige ins Labor eingeladen. Immer zwei zufällig einander zugeteilte Personen hatten 10 Minuten Zeit sich kennenzulernen. Dazu wurden sie in ein Zimmer geführt und bekamen die Aufgabe, miteinander über ein interessantes Ereignis des letzten Monats zu sprechen. Neben ihnen auf einem Tisch lag entweder ein fremdes Handy oder ein fremdes Notizbuch. Nach den 10 Minuten sollten die Personen beurteilen, wie gut die Beziehung zwischen ihnen und dem*der Gesprächspartner*in war und wie nahe sie sich einander fühlten. Dabei zeigte sich, dass die Beziehungsqualität und die gegenseitige Nähe in der Gesprächssituation ohne Handy höher bewertet wurden. In einem zweiten Versuch zeigte sich, dass dieser Effekt hauptsächlich bei persönlich relevanten Themen, nicht aber bei oberflächlichen Gesprächen, auftrat. Die bloße Gegenwart eines Handys hatte also einen negativen Einfluss auf das Gespräch von zwei Personen – und dies ohne dass es je geklingelt hätte.

Liebe vs. Handy

Zeigt sich dieser Einfluss auch in Partnerschaften? James Roberts und Meredith David, zwei Psycholog*innen aus den USA, befragten zu diesem Thema circa 150 Freiwillige. Diese sollten beurteilen, in welchem Ausmaß ihr*e Partner*in in ihrer Gegenwart das Handy benutzt oder davon abgelenkt ist. Je ausgeprägter Personen dieses Verhalten bei ihrem*ihrer Partner*in erlebten, desto weniger zufrieden waren sie tendenziell mit ihrer Beziehung. Eine Erklärung für diesen Zusammenhang könnten die häufigeren Konflikte zum Thema Handynutzen sein, welche die Personen berichteten. Weitere Erklärungen könnten darin bestehen, dass das Benutzen des Handys dem*der Partner*in signalisiert, dass die gemeinsame Zeit weniger wichtig ist oder dass es einfach insgesamt zu weniger gemeinsamer Zeit kommt.

Handy? Aus!

Woran es auch liegt, es scheint als könnten zwischenmenschliche Beziehungen – und Partnerschaften im Besonderen – durchaus davon profitieren, wenn das Handy einmal zuhause (oder zumindest in der Tasche) gelassen wird. Und wenn Sie gerade nicht mit Ihrem*Ihrer Partner*in zusammen sind: Dann nutzen Sie das Handy ruhig, um etwas Nettes zu schreiben!

Mit freundlicher Genehmigung von B.Sc. Sabrina Brunner (Basel) - veröffentlicht am 13. März 2020

I just text to say I love you

I just text to say I love you

Foto: Dariusz Sankowski

Haben Sie Ihrer besseren Hälfte heute schon eine Nachricht geschickt? Und wann haben Sie die letzte Nachricht von Ihrem*Ihrer Partner*in erhalten? Im heutigen Beitrag geht es darum, wie wichtig es ist, dass wir in der Partnerschaft ein ähnliches Pensum beim simsen und whatsappen pflegen.

Eine Studie von Jonathan Ohadi, Brandon Brown, Leora Trub & Lisa Rosenthal (2018)

SMS, What’s App und Co. prägen unsere Kommunikation mit anderen Menschen. Insbesondere bei den jungen Erwachsenen haben Textnachrichten schon lange die guten alten Telefonate abgelöst. So besaßen im Jahr 2016 ganze 76 Prozent der Deutschen Schätzungen zufolge ein Smartphone—das bedeutet einen Anstieg von 30 bis 40 Prozent seit 2012. Es ist also nicht überraschend, dass sich diese Entwicklung auch in unserem Kommunikationsverhalten widerspiegelt: Eine Untersuchung von Studierenden in den USA konnte beispielsweise zeigen, dass durchschnittlich 90 Minuten pro Tag damit verbracht wurden Textnachrichten zu verfassen. Im Kontext romantischer Beziehungen scheinen auf diesem Weg die unterschiedlichsten Nachrichten übermittelt zu werden: So fand man in einer anderen Untersuchung heraus, dass 42 Prozent der befragten jungen Erwachsenen bereits per Textnachricht sexuelle Absichten kommuniziert haben, während weitere 31 Prozent schon einmal eine Beziehung auf diesem Weg beendet haben.

Welchen Stellenwert hat nun aber das Austauschen von Textnachrichten für die Zufriedenheit in der Paarbeziehung? Die Befundlage hierzu ist nicht ganz eindeutig: Manche Untersuchungen zeigen, dass die Zufriedenheit in der Beziehung unabhängig davon ist, wie häufig Textnachrichten an den*die Partner*in versendet werden, während andere Studien herausfanden, dass ein häufigeres Verschicken von Textnachrichten in ungünstiger Weise mit dem Beziehungswohl zusammenhängt.

Simst du mir, sims ich dir

In einer aktuellen Untersuchung von US-amerikanischen Wissenschaftler*innen ist man der Frage nachgegangen, ob es vielleicht am wichtigsten für die Beziehungszufriedenheit ist, dass sich beide Partner*innen darin ähnlich sind, wie häufig sie sich beieinander melden. Zu diesem Zweck haben sie 205 junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 29 Jahren dazu befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Beziehung sind und wie häufig sie sich bei ihrem*ihrer Partner*in meldeten, um a) ihre Zuneigung auszudrücken, b) ein Thema anzusprechen, dass sonst schwer anzusprechen ist, c) um einfach nur Hallo zu sagen oder d) um ihren Ärger bzw. ihre Frustration dem*der Partner*in gegenüber loszuwerden. Es wurde außerdem danach gefragt, wie häufig sich die jeweiligen Partner*innen aus diesen Gründen bei ihnen meldeten. Die Wissenschaftler*innen erfassten zudem die Bindungssicherheit und die Beziehungsdauer der Teilnehmenden, um sicher zu gehen, dass die Befunde nicht nur darauf zurückzuführen sind.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Personen, die sich ähnlich häufig beieinander meldeten— ganz egal aus welchem Grund—zufriedener mit ihrer Beziehung waren. Wenn dagegen die einzelnen Gründe zum Versenden einer Textnachricht verglichen wurden, schien es allein wichtig zu sein, dass sich beide Partner*innen ähnlich häufig beieinander meldeten, um einfach nur "Hallo" zu sagen.

Was können wir daraus lernen? Am Ende des Tages muss es nicht unbedingt die Menge der versendeten Nachrichten sein, die glücklichere von unglücklicheren Paaren unterscheidet. Es sieht stattdessen danach aus, als wäre es wichtig, dass beide Partner*innen ein ähnliches Pensum darin pflegen, wie häufig sie sich beieinander melden—und sei es nur für ein schlichtes "Hallo".

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Jenna Wünsche (Basel) und Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 2. März 2020

Zu zweit ist die Welt schöner

Paar genießßt gemeinsam einen Sonnenuntergang

Foto: blickpixel

Wer kennt diesen Moment nicht: Man steht gemeinsam, schweigend, vor einem Gemälde, vor einer Fotografie oder in einer Landschaft und lässt dies auf sich wirken. Denken Sie, Ihr Eindruck von dem, was Sie gerade betrachten, wäre anders, wenn Sie alleine wären? Oder ist der Eindruck Ihrer Umwelt immer gleich – unabhängig davon, wer bei Ihnen ist? Dieser spannenden Frage gingen ForscherInnen zweier amerikanischer Universitäten auf den Grund.

Eine Studie von Erica J. Boothby, Leigh K. Smith, Margaret S. Clark, und John A. Bargh (2017)

Menschen sind soziale Wesen und wollen ihre Umwelt entsprechend mit anderen, vor allem ihnen nahestehenden, Personen teilen. Bisherige Forschung konnte zeigen, dass soziale Aktivitäten als angenehmer wahrgenommen werden, wenn sie gemeinsam erlebt werden. Zum Beispiel sind Paare glücklicher, wenn sie neue und herausfordernde Aktivitäten gemeinsam erleben und Personen sind zufriedener, wenn sie gute Neuigkeiten mit einer nahen Person teilen können. All diese Situationen bedingen jedoch, dass Personen miteinander in Austausch stehen, das heisst, miteinander reden, Gefühle ausdrücken oder sich in der ein oder andere Weise zueinander verhalten.

Wie sieht es aber mit Situationen aus, in denen Personen nicht miteinander sprechen, etwa in Situationen, in denen wir dem leisen Rauschen des Flusses in der Natur lauschen, gemeinsam einen Sonnenuntergang betrachten oder das Gewitter am Himmel bestaunen; wenn wir ein Gemälde auf uns wirken lassen oder uns das letzte Stück Apfelkuchen im Mund zergehen lassen. Geniessen wir auch diese Momente mehr, wenn wir sie mit einer anderen Person erleben?

Ohne Worte

Ein Forscherteam um Erica Boothby von der Yale University ging dieser Frage nach und untersuchte, wie das bloße gemeinsame Erleben—d.h. ein Erleben ohne direkten Austausch—die Wahrnehmung der Situation beeinflusst. Das Forscherteam vermutete, dass Personen Situationen auch im stillen Erleben mehr genießen und als realer erleben, wenn sie diese mit einer vertrauten Person teilen, verglichen mit einer Situation, in der sie alleine sind oder eine ihnen unbekannte Person anwesend ist.

In ihrer Studie ließen die Forscher*innen 18 Männer und 52 Frauen im jungen Erwachsenenalter eine Reihe von Fotos ansehen, die bereits vorher von den Forscher*innen als durchschnittlich schön eingestuft wurden. Die insgesamt 48 Fotos wurden von den Versuchspersonen dahingehend bewertet, wie sehr sie die dargestellte Szene mochten und für wie real sie diese hielten. Während einige Personen bei der Betrachtung dieser Fotos alleine waren, betrachteten andere Personen die Fotos in Anwesenheit einer anderen Person.

Du + Ich = Alles schön?

Das Forscherteam fand zuerst heraus, dass es keinen Unterschied für die Bewertung der Fotos machte, ob diese alleine oder in stiller Gemeinsamkeit betrachtet wurden. Allerdings zeigte sich bei genauerer Betrachtung, dass die Art der Beziehung zum*zur stillen Betrachter*in eine Rolle spielte: Personen, die dieser anderen Person nah standen, fanden die Fotos schöner und stuften diese als realer ein als Personen, die dieser Person nicht nah standen.

Dieses Ergebnis wurde auch in ihrer zweiten Studie bestätigt, da gezeigt wurde, dass der Grad der Beziehung beeinflusste, wie sehr das Foto gemocht wurde. Auch hier zeigte sich: Je enger die Beziehung der beiden Betrachter war, desto stärker gefiel ihnen das Foto.

Die Schönheit des Zusammenseins

Die Forscher*innen sehen einige Gründe dafür, warum die alleinige Anwesenheit einer engen Person und die gemeinsam gerichtete Aufmerksamkeit die Wahrnehmung und Bewertung einer Szene beeinflusst. Zum einen vermuten die Forscher*innen, dass die Anwesenheit einer anderen Person dazu führt, dass wir empathischer sind; das heißt, es wird nicht nur die eigene Perspektive, sondern auch die Perspektive der anderen Person miteinbezogen, was die Wirkung der Situation vergrößert.

Ein anderer Grund könnte darin liegen, dass die Anwesenheit einer vertrauten Person dazu führt, dass wir uns sicherer und geborgener fühlen. Jedwede Aufmerksamkeit kann demnach ganz auf das Interesse des Geschehens gerichtet werden. Ein weiterer Grund könnte darin liegen, dass wir durch das gemeinsame Erleben auch eine gemeinsame Realität schaffen. Dinge, die wir gemeinsam betrachten, werden realer in unserer Wahrnehmung und damit gefestigter.

Welche Schlüsse können aus dieser Studie gezogen werden? Zum einen kann geschlussfolgert werden, dass gemeinsam erlebte Szenen als schöner betrachten werden. Dadurch, dass das Erlebte aber nicht nur als schöner, sondern auch als realer erlebt wird, können geteilte Erinnerungen in eine gemeinsame Geschichte fließen; eine Geschichte, die nur diese beiden Personen miteinander teilen. Manchmal bedarf es folglich keiner großen Worte oder Gesten, denn dann kann auch das still geteilte Erleben den Genuß des Moments steigern und wahrhaftiger machen. Dies sind die Momente, in denen Bilder mehr als 1000 Worte sagen.

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Janina Bühler (Bern) und Dr. Rebekka Weidmann (Basel) - veröffentlicht am 14. Februar 2020

Es war Liebe auf den ersten Blick

Liebe auf den ersten Blick

Foto: Stock Snap

"Es war Liebe auf den ersten Blick", so beschreiben einige Personen den Beginn ihrer Beziehung. Aber gibt es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick überhaupt und wenn ja, was ist es? ForscherInnen der Universität Groningen wollten Antworten auf diese Frage finden und untersuchten, was hinter den vielsagenden Worten steckt.

Eine Studie von Florian Zsok, Matthias Haucke, Cornelia Y. de Wit und Dick P.H. Barelds

Seit etwa 3’000 Jahren zelebrieren Kunst und Literatur Liebe auf den ersten Blick als etwas Besonderes. Zeitgenössische Medien und Filme unterstreichen dieses Bild forthin, sodass Liebe auf den ersten Blick über Kulturen hinweg bekannt ist. Haben Sie schon einmal Liebe auf den ersten Blick erlebt? Dies wäre nicht unwahrscheinlich, denn in westlichen Kulturen gibt jede dritte Person an, diesen Moment schon einmal erlebt zu haben. Aber obwohl Liebe auf den ersten Blick in den Herzen und Köpfen vieler Menschen ein weit verbreitetes Phänomen ist, hat sich die psychologische Forschung diesem Phänomen bislang wenig gewidmet.

"Das ist alles nur Illusion", so würden kritische Zungen bekunden. In der Tat scheinen Erinnerungen und Gedanken an diesen besonderen Moment der Initialzündung nicht ganz motivationslos daherzukommen. Denn Personen neigen dazu, sich die Vergangenheit basierend auf der Gegenwart einzuprägen. Dies bedeutet, dass Liebe auf den ersten Blick insbesondere dann erinnert wird, wenn sich daraus eine Beziehung entwickelt hat. Dem Moment der ersten Begegnung wird damit eine besondere Bedeutung zuteil. Er lässt die daraus entstandene Beziehung in einem besonderen Licht erstrahlen und trägt das Paar durch die weiteren Phasen der Beziehung. Zum Einfluss der Gedanken gesellt sich die Kraft des Körpers. Denn Personen, die von Liebe auf den ersten Blick sprechen, berichten im selben Atemzug oft von einer starken körperlichen Anziehung, die sie gespürt haben. Und welche Gefühle empfinden diese Personen? Meisthin, so die Vermutung der Forschergruppe, sollten diese Personen Leidenschaft empfinden.

Was also ist Liebe auf den ersten Blick? Ein kreierter Gedanke, eine körperliche Reaktion, eine gefühlsbezogene Regung oder alles zusammen? Um diese Fragen zu beantworten, untersuchten ForscherInnen der Universität Groningen Studienteilnehmende im Datingprozess und in bereits etablierten Beziehung in drei Kontexten: Online, im Labor, und bei Dating Events, wie etwa bei einem Speed-Dating. Die Forscher*innen zeigten den insgesamt 396 ProbandInnen Bilder von möglichen Partner*innen, welche Profilbildern auf Partnerbörsen glichen. Zudem fragten sie die Proband*innen, ob sie beim Anblick des Gegenübers Liebe auf den ersten Blick erleben würden. Ferner füllten die Proband*innen Fragebögen zur eingeschätzten Attraktivität des Gegenübers und zu unterschiedlichen Aspekten der Liebe aus.  

Die Ergebnisse zeigten, dass 32 Proband*innen Liebe auf den ersten Blick erlebt hatten - manche von ihnen sogar mehrfach. Mit diesem Ergebnis schliessen die Forscher*innen, dass Liebe auf den ersten Blick durchaus vorkommt, ganz unabhängig davon, wie sich die Beziehungsgeschichte weiterentwickelt und somit keine illusorischen Gedanken am Werk sind. Zudem fühlten sich Personen, die Liebe auf den ersten Blick angaben, gleichzeitig auch körperlich zu ihrem Gegenüber hingezogen. Hinsichtlich der Gefühlsebene zeigten sich Personen, die Liebe auf den ersten Blick angegeben haben, relativ indifferent. Die Forscher vermuteten, dass stattdessen andere Gefühlsregungen, wie Aufregungen oder "das paradoxe Gefühl eine Person nicht zu kennen und sie zugleich doch sofort zu kennen" eine Rolle spielen könnten.

Was ist sie nun, die Liebe auf den ersten Blick? Die Forscher*innen schliessen aus ihrer Untersuchung, dass manche Personen diese Regung tatsächlich empfinden und dies nicht im Nachhinein konstruieren. Zudem scheint die körperliche Anziehung eine Rolle zu spielen; tiefergehende emotionale Empfindungen kommen jedoch erst im späteren Verlauf der Beziehungsgeschichte dazu. Was genau Liebe auf den ersten Blick ist, bleibt aber auch nach dieser Studie noch ungeklärt. Vielleicht ist aber auch gut, dass manche Phänomene der Liebe auch der Forschung noch unbekannt bleiben.
 

Mit freundlicher Genehmigung  von Dr. Janina Larissa Bühler (Bern) und Dr. Rebekka Weidmann (Basel)